Pflanzenfasern statt Wassermelone
Wie Futterpläne für Zootiere umgekrempelt werden
Eisbär Knut war bekannt für seine Vorliebe für Croissants. Gorilla-Dame Fatou verspeiste auch mal eine Quarkcreme-Torte. Solche Kalorienbomben sind heute tabu. Zoos achten nun auf gesunde Ernährung.
Anja Sokolow (dpa)
Fr, 19. Mai 2023, 21:31 Uhr
Panorama
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In Zoos und Tierparks wird zunehmend auf gesunde Ernährung geachtet. Buttrige Croissants, wie sie einst Eisbär Knut bekam, sind passé. Oder auch die Reistorte mit Quarkcreme, die Gorilla-Dame Fatou zum 58. Geburtstag verspeiste – inzwischen unvorstellbar. "Low Carb und High Fibre", wenig Kohlenhydrate und viele Pflanzenfasern, so laute das Ernährungsprinzip heute, erklärt Andreas Pauly, Leiter der Abteilung Tiergesundheit, Tierschutz und Forschung.
Seit einigen Jahren würden die Futterpläne nach und nach umgestellt. Ziel sei es, die Ernährung der Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum zu kopieren. "Es ist eine Frage der artgerechten Haltung und des Tierschutzes", so der Tierarzt. Im Laufe der Jahre sei deutlich geworden, dass es sich lohne, genauer auf die Ernährung zu schauen. "Die Fütterung ist in der Tiermedizin in Zoo und Tierpark ein zentraler Faktor geworden, sie gehört zur Prophylaxe. Wir wollen ja, dass die Tiere gar nicht erst krank werden", erklärt Pauly.
Deutschlandweit gehe der Trend in diese Richtung, bestätigt auch der Verband der Zoologischen Gärten, der 71 Einrichtungen vertritt. "Auch wenn es klingt wie der neueste Trend in einer Publikumszeitschrift, so spielt gesunde Ernährung bei unseren Zootieren tatsächlich eine wichtige Rolle, schließlich steht das Tierwohl an erster Stelle", sagt Geschäftsführer Volker Homes.
Eine falsche Ernährung könne Krankheiten verursachen, erklärt Andreas Pauly. Bei Primaten zum Beispiel führe eine zuckerreiche Ernährung zu typischen Zivilisationskrankheiten: "Wir bekommen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfälle, die Zähne werden schlecht. Auch Diabetes Mellitus ist ein großes Problem. Und es kann auch zu Durchfall und eher zu Parasitenbefall kommen."
Statt Obst bekommen die Affen nun Salat und Gemüse. "Es gibt Primaten, die ernähren sich in freier Wildbahn vorwiegend von Früchten. Aber diese Früchte haben normalerweise einen geringeren Kohlenhydratanteil als unser Zuchtobst", so Pauly.
Die zuckerarme Kost zahle sich aus. "Bei Mantelpavianen hatten wir zum Beispiel einen starken Befall von Peitschenwürmern, durch die Umstellung des Futterplans konnten wir ihn auf ein erträgliches Maß reduzieren", erläutert der Arzt. "Und ich hatte noch nie einen Primaten mit Diabetes", so Pauly. In anderen Zoos gebe es Tiere, die mit Insulin behandelt werden müssten. Wie bei Menschen auch sei eine radikale Umstellung der Ernährung aber schwer. Auch bei Tierpflegern müsse Überzeugungsarbeit geleistet werden, denn die wollten ihre Schützlinge gern mal verwöhnen.
Bei der Frage, welche Tiere wie am besten ernährt werden sollten, helfen laut Pauly Experten des Europäischen Zooverbands mit Beispielen aus der Praxis. Auch aus den USA komme viel Wissen. Dort sei man in Sachen weiter als hierzulande.
Ganz auf Überraschungen verzichten müssen die Tiere aber nicht. Zum 65. Tierparkgeburtstag hätten die Azubis den Kamelen einen Heuballen mit Äpfeln, Paprika und Möhren verziert, erklärt Sprecherin Philine Hachmeister. Auch Eistorten seien nach wie vor möglich. "Man kann das Wasser ja mit Spinat- oder Rote-Bete-Saft färben", so Pauly.
Paul Dierkes, Leiter der Abteilung Didaktik der Biowissenschaften und Zootierbiologie der Universität Frankfurt, sieht in Zootier-Geburtstagen und Überraschungstorten auch einen Sinn: "Bei Reptilien ist es wohl relativ egal, ob man ihnen eine Torte hinstellt. Aber wenn es um Arten wie Gorillas geht, hat das eine Bedeutung." Für Gorilladame Fatou – die laut ihrem Zoo in Berlin der älteste Gorilla der Welt ist – gab es dieses Jahr zum 66. Geburtstag einen Geschenkkorb mit Paprika, Löwenzahn und als große Ausnahme Wassermelone.
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