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"Wichtig ist, den Leuten ohne Vorurteile zu begegnen"

ZISCHUP-INTERVIEW mit Francesca Travaglini, die in Italien, Japan und Deutschland gelebt hat, über kulturelle Unterschiede.  

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Francesca Travaglini  | Foto: privat
Francesca Travaglini Foto: privat

Francesca Travaglini (52) ist eine Italienerin, die in Rom geboren und aufgewachsen ist. Von dort hat sie über Japan ihren Weg nach Deutschland gefunden. Heute arbeitet sie im italienischen Konsulat in Freiburg. Cecilia Lochmann aus der Klasse 9a des Deutsch-Französischen Gymnasiums in Freiburg hat sie interviewt.

Zischup: Warum sind Sie von Rom nach Tokio gezogen?

Travaglini: Sprachen haben mich schon immer interessiert. Deswegen habe ich an der Universität in Rom drei Fremdsprachen studiert. Vor allem Japanisch, weil ich mir vorstellen konnte, dass mir das gute Arbeitsmöglichkeiten bieten könnte. Um mein Japanisch zu verbessern, habe ich nach dem Diplom mit Hilfe eines Stipendiums zwei Jahre an einer Universität in Tokio studiert. Nebenher habe ich Italienisch unterrichtet und als Dolmetscherin bei Kulturveranstaltungen gearbeitet. Insgesamt war ich drei Jahre in Japan.

Zischup: Wie sind Sie dann nach Deutschland gekommen?

Travaglini: Als ich in Japan fast fertig mit dem Studium war, habe ich meinen Mann kennengelernt. Er ist Deutscher und war wegen seiner Arbeit vorübergehend in Tokio. Zusammen haben wir erst in Italien gelebt, sind dann aber nach Berlin gezogen. Seit elf Jahren leben wir mit unseren drei Kindern bei Freiburg.

Zischup: Sie haben sehr verschiedene Kulturen und Mentalitäten erlebt. Was hat Sie beeindruckt oder war seltsam?

Travaglini: Japan war für mich eine ganz andere Welt, als die, die ich kannte. Obwohl es dort westliche Einflüsse gibt, ist der Lebensstil ganz anders. Die japanische Kultur war vor 25 Jahren in Europa noch nicht so bekannt wie heute. Deshalb war für mich alles fremd. Für mich war am Anfang beispielsweise seltsam, dass man sich an vielen Orten die Schuhe auszieht, wenn man bei Freunden zu Besuch ist, am Arbeitsplatz und sogar in manchen Museen. Das ist ein großer Unterschied zu Italien, wo man sich normalerweise nicht einmal zu Hause die Schuhe auszieht. Außerdem schläft man in Japan traditionell auf dem Boden, gegessen wird an einem sehr niedrigen Tisch, auf dem Boden sitzend. Die Japaner haben eine sehr ausgeprägte Essenskultur, ähnlich wie es die Italiener haben. In Deutschland war es für mich ungewohnt, keine festen Essenszeiten zu haben. Restaurants sind immer bereit, etwas zu servieren. In Italien kann man nur zu bestimmten Zeiten essen gehen. Auch zu Hause werden diese Zeiten meistens eingehalten. In Deutschland fand ich es im Gegenteil beeindruckend, dass man sich nicht vom Wetter einschränken lässt. "Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung!"

Zischup: Wie war es, sich an so verschiedene Kulturen zu gewöhnen?

Travaglini: Mir fiel es nicht schwer, da ich sehr neugierig bin und dadurch auch offen für Neues war. Ich bin dankbar, in diesen Kulturen gelebt zu haben. Es war eine einmalige Gelegenheit für mich. Außerdem habe ich es immer als eine Herausforderung gesehen, mit einer Fremdsprache im Alltag klarzukommen.

Zischup: Gibt es Dinge, die Sie aus diesen Kulturen weitergeben möchten?

Travaglini: Die Japaner schenken ihren Mitmenschen sehr viel Aufmerksamkeit. Sie kümmern sich mit Sorgfalt um jedes Detail, damit man sich wohl fühlt. Sie haben außerdem einen beeindruckenden Sinn für Schönheit und Ästhetik. Bei den Deutschen finde ich erstaunlich, wie sie es schaffen, ihrer Emotionen unter Kontrolle zu behalten. Sie können entschlossen sein und trotzdem ruhig und respektvoll bleiben. Und in Italien fällt mir die freudige Spontaneität und die wundervolle Warmherzigkeit der Leute sehr auf. Das freut mich immer wieder. Jede Kultur hat ihre positiven und negativen Seiten. Wichtig ist, den Menschen mit offenem Herzen und ohne Vorurteile zu begegnen.

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 29. April 2022: PDF-Version herunterladen

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