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Bauernregel

Welche Bedeutung die Kalte Sophie für uns noch hat

An diesem Dienstag gehen die Eisheiligen zu Ende. Die Bauernregel, wonach Mitte Mai die Temperaturen einbrechen, hält sich hartnäckig – zu Recht?  

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Gefrorene Apfelblüten gibt es hierzulande kaum noch.   | Foto: bellakadife (Adobe.stock.com)
Gefrorene Apfelblüten gibt es hierzulande kaum noch. Foto: bellakadife (Adobe.stock.com)

Letzte Woche war es noch sommerlich in Südbaden, nun der Absturz mit Regen, Gewittern und kühleren Temperaturen. Kein Wunder, mag man denken, schließlich sind wir in den Eisheiligen. Tatsächlich ist aber wenig dran an der alten Bauernregel, nach der Mitte Mai immer ein Kälteeinbruch ins Haus stehe. Und die heutige Kalte Sophie ist längst Vergangenheit.

Würde es die Eisheiligen tatsächlich geben, dürften Geranien und Tomaten erst ab dem morgigen Mittwoch ins Freie, denn erst dann endet der vermeintliche Kältespuk mit möglichen Nachtfrösten. Die Frage ist nur: Stimmt die Regel auch? In diesem Jahr sind die Eisheiligen jedenfalls ausgeblieben. Zwar ist es zum Sonntag deutlich kälter geworden, von frostigen Temperaturen ist Südbaden aber weit entfernt.

In der Rheinebene sinkt das Thermometer nachts nicht unter zehn Grad, und selbst im Schwarzwald ist Frost in diesem Mai bislang ein Fremdwort. Landesweit schnitt der Mai bislang sogar um rund zwei Grad zu warm ab.

Haben die Eisheiligen also ausgedient? Meteorologisch ist die Antwort eindeutig. Seit Beginn der achtziger Jahre ist das Wetter an den fraglichen Terminen in Freiburg weitaus häufiger warm als kalt, mitunter sogar sommerlich. Frost hat es seither überhaupt nicht gegeben. Eine spezielle Phase im Mai mit gehäuftem Auftreten von Bodenfrost ist einfach nicht feststellbar. Lediglich im Schwarzwald und in anderen ungünstigen Lagen auf der Baar hat es in den vergangenen Jahrzehnten vereinzelt zu Minustemperaturen gereicht.



Für die Jahrzehnte davor konnten Klimatologen allerdings ebenfalls keine signifikante Häufigkeit frostiger Tage zu den Eisheiligen nachweisen. Und selbst zu Beginn des 20. Jahrhunderts findet sich kein Beleg für die Richtigkeit jener Regel. Dass es also zu Mamertus, Pankratius, Servatius, Bonifatius und Sophie in Deutschland noch einmal frostig würde, ist reiner Volksglaube.

Volksglaube, der sich hartnäckig hält. Denn einzig für das 18. und frühe 19. Jahrhunderte finden sich Ansatzpunkte für heftige Kälteeinbrüche zu diesem Zeitraum.

Die Eisheiligen haben ihren Schrecken verloren

So sei Spätfrost Mitte Mai während der Kleinen Eiszeit mit erstaunlicher Pünktlichkeit erwartet und registriert worden – übrigens tatsächlich in den Tagen um den 11. bis 15. Mai, was bedeutet, dass die fünf Heiligen erst nach der Kalenderreform Papst Gregors XIII. von 1582 an zu ihrem eisigen Ruf kamen, denn im zuvor gebräuchlichen julianischen Kalender standen sie zehn Tage später an. In den Jahrzehnten nach 1845 jedenfalls sind die Kälteeinbrüche dann unpünktlicher geworden oder überhaupt weggeblieben.

Die Eisheiligen haben also ihren Schrecken verloren, auch wenn die Zahl der Kaltlufteinbrüche insgesamt nicht abgenommen hat. Dreht der Wind auf Nord, wird es nicht mehr so eisig wie früher. Dass es allerdings im Frühjahr von Zeit zu Zeit auch kalt werden kann, ist völlig normal – die Menschen sind es wegen des Klimawandels nur nicht mehr gewohnt, wie man es in diesem Jahr gut beobachten kann.

Kaum ist der ungewöhnlich warme Frühling für ein paar Tage unterbrochen, fragen sich viele Menschen, was denn mit dem Wetter los sei. Das zeigt: Das zu Warme ist das neue Normal. Und das eigentlich Normale wird wie ein Defekt der Atmosphäre betrachtet.

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Di, 15. Mai 2018: PDF-Version herunterladen

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