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Photovoltaikanlage

Was die Menschen in der Debatte um den Solarpark im Jostal eint, ist ihre Sorge um die Zukunft

Tanja Bury
  • Sa, 29. Juni 2024, 11:30 Uhr
    Breitnau

     

Der geplante Solarpark in Einsiedel ist weiterhin ein großes Thema. Jetzt soll es darum gehen, miteinander statt übereinander zu sprechen.

Auf dieser Grünfläche soll der Solarpa...versehener Hof liegt direkt gegenüber.  | Foto: tanja Bury
Auf dieser Grünfläche soll der Solarpark entstehen. Hubert Kleisers mit Solarmodulen versehener Hof liegt direkt gegenüber. Foto: tanja Bury
Ein schönes Fleckchen Erde ist der Klausbubenhof von Hubert Kleiser im Jostal. Gemähter Rasen, Blumenschmuck, Sitzgelegenheiten, eine Katze sonnt sich auf der Treppe. Diese Landidylle genießen das ganze Jahr über Gäste in vier Ferienwohnungen. "Sie stellen 70 Prozent meiner Hofeinnahmen dar", sagt Kleiser. Er fürchtet, dass damit aufgrund der von der Ökostromgruppe Freiburg geplanten Freiflächen-Photovoltaikanlage bald Schluss sein könnten. Sie soll direkt gegenüber von Kleisers Hof entstehen.

Sorge um die Zukunft des Hofes

Und diese Aussicht gefalle seinen Gästen nicht, davon ist er überzeugt. "Sie kommen, um die schöne Landschaft zu sehen." Ganz abgesehen davon, welche Auswirkungen eine mögliche Abspiegelung der Module für seine Ferienwohnungen habe. "Das wäre das Ende des Klausbubenhofs als Gastbetrieb", so Kleiser. Und deshalb wehre er sich jetzt, "denn wenn die Anlage steht, dann steht sie".

Zu seinen Sorgen kommt eine doppelte Enttäuschung: Zum einen, dass sein Nachbar im Vorfeld nicht mit ihm über die Pläne gesprochen habe, zum anderen, dass er als unmittelbar Betroffener in die von Jostälern initiierte Unterschriftenaktion gegen die Anlage nicht einbezogen wurde (die BZ berichtete). "Von beidem habe ich aus der Zeitung erfahren."

Wütend macht ihn, wie einfach man es sich seiner Meinung nach in Breitnau mit der Entscheidung über den Solarpark gemacht habe. "Er kommt an den äußersten Zipfel, wo ihn kein Breitnauer sieht. Da kann man gut mit dem Kopf nicken", ärgert sich Kleiser. Und über die Idee, Schafe unter der Anlage weiden zu lassen, kann er nur den Kopf schütteln: "Schwachsinn."

"Es geht mir um die Sache – und um meine Existenz." Hubert Kleiser
Kleiser holt Luft, sagt dann: "Ich habe nichts gegen Photovoltaik. Im Gegenteil." Das Dach des großen Hofgebäudes ist seit 20 Jahren mit Solarmodulen bestückt. Erst vor fünf Wochen hat er eine weitere Anlage auf seinem Schopf in Betrieb genommen. Kleiser will keinen Streit, die Nachbarschaft aufs Spiel setzen, das mache man nicht. "Es geht mir um die Sache – und um meine Existenz." Er habe vorgeschlagen, zu Anschauungszwecken einige Module im geplanten Aufstellewinkel auf der Fläche aufzubauen. Und zu reden.

Kampf gegen den Klimawandel als Motiv

Der Nachbar, auf dessen Fläche diese stehen sollen, ist Herbert Schuler. Ein ruhiger, nachdenklicher Mann. Auch sein Rainhof im Einsiedel ist ein schönes Fleckchen Erde. Und auch Schuler macht sich Sorgen um die Landidylle. "Die Wälder sterben ab, die Wiesen sind entweder zu trocken oder zu nass – die Klimaveränderung ist deutlich sichtbar. Und sie wird noch schlimmer." Die ernstgemeinte Energiewende brauche es jetzt. "Damit unsere Nachfahren auch eine lebenswerte Zukunft haben." Mit dem Solarpark will Schuler dazu beitragen.

Er zerstöre damit, so die Gegner der Anlage, das Jostal landschaftlich. "Daran, dass an einer Stelle blaue Solarmodule statt grüner Wiesen zu sehen sind, geht kein Tal kaputt", entgegnet er. Dafür sorge vielmehr der Klimawandel. Die Anlage liefere wichtige Energie, außerdem werde dadurch die CO2-Bilanz verbessert. Und gebe es in 20, 25 Jahren andere, landschaftsfreundlichere Energiequellen, könne man den Park zurückbauen.

Sehr wenige Gegner des Vorhabens hätten ihn persönlich angesprochen und den Dialog gesucht. "Das ist schade." Vielmehr sieht sich Schuler dem Vorwurf ausgesetzt, durch den Solarpark jede Menge Profit auf Kosten anderer machen zu wollen. Er generiere durch die Anlage Zusatzeinnahmen für seine Nebenerwerbslandwirtschaft. Das aber sei nicht sein Antrieb, er wolle einer größeren Sache dienen. Denn Energiewende ja, aber nicht vor der eigenen Haustür – das funktioniere nicht. "Wir alle profitieren doch von einer intakten Natur."

Rathauschef will auf den Dialog setzen

Breitnaus Bürgermeister Markus Kleiser kann ihm da nur zustimmen. Er stehe voll hinter der Energiewende – und um sie zu verwirklichen brauche es Vorhaben wie den Solarpark Einsiedel. Der Rathauschef setzt deshalb auf Dialog: Mit Hubert Kleiser hat er sich ebenso getroffen wie mit den Initiatoren der Unterschriftenaktion. Mit ihrem Argument der Landschaftszerstörung hat Kleiser sich auseinandergesetzt, ist mit den erlaubten 70 Stundenkilometern durch Jostal gefahren und hat die Strecke aufgezeichnet. "Von vier Minuten Fahrt sieht man die Fläche nicht mal eine Minute", sagt er.

Wiederholt habe die Ökostromgruppe als Investor versichert, dass es keine Abspiegelungen gebe. "Und ich habe keinen Anlass, daran zu zweifeln. Die Gruppe hat einen Ruf zu verlieren", so Kleiser. Was sie nicht wolle, sei, die Bevölkerung zu entzweien. Aber ja, auch sie müsse wirtschaftlich arbeiten. Und da biete sich die Fläche in Einsiedel wegen ihrer natürlichen Ausrichtung, der vorhandenen Zuwegung und nahen Anschlussleitung an.

Die Ökostromgruppe werde Hubert Kleiser besuchen, berichtet der Bürgermeister, und für ihn eine digitale Vor-Ort-Simulation der Anlage erstellen. "Wir bleiben im Gespräch, aber wir bleiben auch an den Plänen dran. Dafür ist die Sache zu wichtig", macht der Rathauschef klar. Und er ergänzt: Auch in Breitnau selbst würden derzeit Untersuchungen laufen, um geeignete Flächen für Solaranlagen zu finden.

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Ressort: Breitnau

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