Wilderei
Warum inzwischen auch im Vorzeigeland Botswana auf Elefanten Jagd gemacht wird
Botswana galt lange als Vorzeigebeispiel, was den Schutz der Dickhäuter angeht. Lange vertrat die Regierung eine rigorose Naturschutzpolitik. Das könnte sich nun ändern – Wilderer sind auf dem Vormarsch.
Fr, 8. Mär 2019, 20:30 Uhr
Panorama
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen
Die Elefanten kamen aus der ganzen Region in das Okavango-Delta, den Moremi- oder den Chobe-Park gezogen, weil sie sich hier sicher fühlen konnten. Denn weil es Jagdfrevler mit drakonischen Strafen belegte, blieb Botswana von der explodierenden Wilderei in anderen Teilen Afrikas verschont – in Tansania zum Beispiel sank die Population hingegen von 148 000 Elefanten im Jahr 2009 auf 44 000 im Jahr 2015. Und seit auch die Großwildjagd vor fünf Jahren auf den Index gesetzt wurde, hatten die Jumbos gar nichts mehr zu befürchten.
Die Schutzorganisation "Elephants without Borders" (Elefanten ohne Grenzen) fand jedoch kürzlich heraus, dass die Wilderei nun auch in Botswana in die Höhe schnellt: Bei ihrer jüngsten Untersuchung, für die die Nichtregierungsorganisation ein Gebiet von mehr als 100 000 Quadratkilometern überflog, stießen die Tierschützer auf 128 frische Elefanten-Kadaver, von denen 104 bei näherer Untersuchung eindeutig der Wilderei zum Opfer gefallen waren.
Zu erkennen sei das sowohl an den abgeschlagenen Stoßzähnen, erklärt Mike Chase, Gründer von "Elefanten ohne Grenzen". Und dass sich die Massaker auf vier geografische Schwerpunkte konzentrierten. Womöglich seien im vergangenen Jahr bis zu 400 Elefanten wegen ihrer elfenbeinernen Stoßzähne getötet worden, schätzt Chase.
Präsident Mokgweetsi Masisi griff Chase daraufhin mit schwerstem Geschütz an: Der in Botswana geborene und in den USA ausgebildete Ökologe verbreite "Fake News", lüge "das Blaue vom Himmel" und wolle den guten Ruf des afrikanischen Musterstaats ruinieren. Zu keiner Zeit seien in Botswana über hundert Elefanten gewildert worden, versicherte er.
Zunächst versuchten die Verantwortlichen in Botswanas Hauptstadt Gaborone, Chases Untersuchungsmethode infrage zu stellen. Doch dieser hatte zahlreiche Wissenschaftlern hinter sich, die seiner Studie die Erfüllung wissenschaftlicher Ansprüche attestierte. Erst kürzlich wurde klar, warum Staatspräsident Masisi so neuralgisch reagierte: Gaborone möchte eine grundsätzliche Richtungsänderung seiner Naturschutzpolitik in die Wege leiten. Ein Fachausschuss des Kabinetts beschloss Anfang dieses Monats, auf die Aufhebung des Verbots der Großwildjagd hinzuwirken. Außerdem sollen die Wildgebiete besser mit Zäunen abgesperrt, der internationale Handelsbann für Elfenbein eingeschränkt und eine nicht genannte Zahl von Elefanten wegen deren Überpopulation gekeult werden. Das Fleisch der geschossenen Dickhäuter könne man zu Hundefutter verarbeiten, schlugen die Initiatoren des Politikwechsels vor.
Der Hintergrund des Vorstoßes: Für Herbst sind in Botswana Wahlen angesagt, und die seit 53 Jahren regierende Botswanische Demokratische Partei meint, dringend etwas zur Stärkung ihrer schwindenden Unterstützung bei der Bevölkerung tun zu müssen. Denn sowohl bei Kleinfarmern als auch bei großen Viehherdenbesitzern stehen Elefanten nicht hoch im Kurs: Sie zertrampeln Felder, zuweilen sogar Menschen, und ihre Wildgebiete stehen der Ausbreitung großer Ranches im Weg.
So hatte sich der vorige Präsident Ian Khama mit seiner rigorosen Naturschutzpolitik durchaus unbeliebt gemacht: Er ließ Rangers in den Wildtierreservaten mit scharfer Munition auf Wilderer schießen, trat für die Beibehaltung des Elfenbeinbanns ein und setzte das Verbot der Großwildjagd durch.
Der in Großbritannien zum Offizier ausgebildete Khama habe das Geschäft ausländischer Tourismusunternehmer betrieben, heißt es in Gaborone, für Botswanas Einwohner sei viel zu wenig abgefallen. Khama verfolge die Umtriebe seiner Partei mit Entsetzen. "Zu sehen, wie schnell etwas zerstört wird, was wir mühevoll aufgebaut haben, tut weh. Die Großwildjagd und das Keulen von Elefanten würden zur internationalen Isolierung Botswanas führen. Mit Töten löst man keine Probleme."
Noch hält sich Masisi seine Optionen offen. Er werde erst eine Entscheidung treffen, wenn er alle Stimmen erwogen habe, sagte der Staatschef. Nur eine Stimme will er nicht hören: Elefantenschützer Case sollte verboten werden, die Ergebnisse seiner Studie öffentlich zu machen.
Kommentare
Liebe Leserinnen und Leser,
leider können Artikel, die älter als sechs Monate sind, nicht mehr kommentiert werden.
Die Kommentarfunktion dieses Artikels ist geschlossen.
Viele Grüße von Ihrer BZ