Beatles-Nostalgie

Warum ich, 24 Jahre alt, ein Paul McCartney-Konzert in Paris besucht habe

Paul McCartney war schon eine Legende, da war unser Autor noch gar nicht geboren. Trotzdem liebt er die Beatles – und ist für ein McCartney-Konzert nach Paris gefahren. Kann die Show des Rock-Opas mit Taylor-Swift-Konzerten mithalten?  

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Paul McCartney auf der Bühne der La Défense Arena in Paris  | Foto: IMAGO/Jack Tribeca / Bestimage
Paul McCartney auf der Bühne der La Défense Arena in Paris Foto: IMAGO/Jack Tribeca / Bestimage

2024 war das Jahr der ganz großen Stadion-Konzerte: Adele ließ sich eine eigene Arena in München bauen, Taylor Swift brach mit ihrer "Eras Tour” alle Rekorde. In Hamburg war ich selbst Teil des Spektakels, obwohl mein Herz eigentlich für die Musik der 60er- und 70er-Jahre schlägt. Entsprechend begeistert war ich, als ich hörte, dass Paul McCartney im Rahmen seiner "Got Back”-Tour einige wenige Konzerte in Europa spielen wird. Das wollte ich mir nicht entgehen lassen – und habe mir ein Ticket für die erste Show in Paris gesichert. Am einem Mittwoch Anfang Dezember stehe ich in der Menge vor der Bühne und warte auf den Mann, der schon eine Legende wurde, lange bevor ich überhaupt auf der Welt war.

1964 trägt die Beatlemania-Euphorie die FabFour nach Paris. Sie geben im Rahmen ihrer Welttournee Konzerte in der französischen Hauptstadt. Auf dem Hotelzimmer schreibt Paul McCartney "Can’t buy me love”. Das Lied wird wenig später zum globalen Hit. Und heute, 60 (!) Jahre später, startet Sir Paul McCartney mit eben jenem Lied in sein erstes Europa-Konzert nach mehr als zweieinhalb Jahren. Es ist der Anfang eines Abends voller Beatles-Nostalgie.

Der unverkennbaren McCarteny-Stimme hört die Arena ehrfürchtig zu

Im Laufe des Konzerts würdigt McCartney seine verstorbenen Bandkollegen. Auf einer Ukulele spielt er eine wunderschöne Coverversion von George Harrisons "Something”. Für John Lennon singt er seinen Tribut-Song "Here Today” – mit hörbaren Schwierigkeiten in den oberen Tonlagen. Aber bevor stimmliche Feinheiten zum Kritikpunkt werden: Der Mann ist inzwischen 82 Jahre alt. Und bei Liedern wie "Blackbird” ist die unverkennbare McCartney-Stimme voll da. Sir Paul steht dann alleine mit seiner Gitarre auf der Bühne – die 40.000 Fans in der ausverkauften La Défense Arena werden still und hören ehrfürchtig zu.

Paul McCartney, mittlerweile 82,  singt noch immer mit unverkennbarer Stimme.  | Foto: IMAGO/Jack Tribeca / Bestimage
Paul McCartney, mittlerweile 82, singt noch immer mit unverkennbarer Stimme. Foto: IMAGO/Jack Tribeca / Bestimage

Es ist einerseits diese zeitlose Schönheit in McCartneys Balladen, für die ich nach Paris gefahren bin. Andererseits sind für mich Konzerte der altgedienten Rock-Veteranen von Grund auf anders als die Shows der Pop-Größen meiner Generation. Mit Taylor Swifts zweifelsfrei großartiger "Eras Tour” in Hamburg hatte ich ein Problem: Die jungen Fans kannten das Konzert bereits vorab in- und auswendig. Durch millionenfach geteilte TikToks und einen Kinofilm zum Konzert wussten sie genau, was für Show sie geboten bekommen. Der Überraschungsfaktor ist – bis auf die vier akustischen Surprise Songs – fast gleich null. Jeder Background-Tanz, jede Bühnenshow und jedes Feuerwerk wurden mitgefilmt.

An diesem Abend in Paris gibt es das alles nicht. Vorne auf der Bühne spielt McCartney und das Publikum singt mit oder hört einfach nur zu. Die Handys bleiben meist in der Hosentasche. Dafür war die geballte Energie der Fans und die Euphorie, bei jedem Lied mitzuschreien, bei Swift um einiges intensiver – McCartney schafft das nur mit "Ob-La-Di, Ob-La-Da” oder im Minutenlangen NaNaNaNa von "Hey Jude”. Wenn man an das Gekreische und die Ekstase der Beatles Fangirls in den 60ern denkt, liegt das aber vielleicht nur auch am deutlich höheren Altersdurchschnitt im Publikum.

Das ikonischste Duo der Rockgeschichte wiedervereint - ein bisschen

Trotzdem bin ich bei weitem nicht der einzige Anfang 20-Jährige an diesem Abend. Ob McCartney wirklich noch meine Generation anspricht, oder ich hier einer von vielen Rentnern im Geiste bin? Mir ist es egal. Ich habe schon als Kind in der CD-Sammlung meiner Eltern die Beatles für mich entdeckt und freue mich über jeden Hit, der gespielt wird. Die Lieder von McCartneys späterer Band "Wings” ergänzen das Programm. "Jet” oder "Band on the Run” feiert das Publikum mit ähnlich viel Begeisterung.

Sieht fast aus wie ein Rave, ist aber Paul McCartney.  | Foto: Matias Kamp
Sieht fast aus wie ein Rave, ist aber Paul McCartney. Foto: Matias Kamp

Das Konzert ist aber keinesfalls eine reine Nostalgie-Show. Zwei Lieder funktionieren nur durch neueste Technik: Mit "Now and Then” singt er den jüngsten Beatles-Song, der erst im vergangenen Jahr mit Hilfe von künstlicher Intelligenz fertiggestellt wurde. Besonders emotional wird es bei "I’ve Got a Feeling". John Lennon erscheint auf den übergroßen Bildschirmen, ein Ausschnitt aus dem legendären Rooftop-Konzert wird eingeblendet. Plötzlich singen John und Paul wieder im Duett. Und ich bin da und erlebe das ikonischste Duo der Rockgeschichte irgendwie doch noch, 54 Jahre nach der Auflösung der Band.

Und natürlich gibt es auch noch zeitgenössische Elemente neuester Mega-Konzerte à la Swift. Der James-Bond Song "Live and Let Die” wird von einem fulminanten Flammen-Spektakel begleitet, der Metal-Ursong "Helter Skelter" von einer eindrucksvollen Laser-Show.

Mit dem Medley aus Abbey Road verabschiedet sich Sir Paul nach über zweieinhalb Stunden vom Pariser Publikum. "Boy, you’re got to carry that weight, carry that weight a long time”, heißt es darin. Für ihn scheint das allerdings nicht zu gelten. Er streckt abschließend die Gitarre in die Luft – mit Leichtigkeit.

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Kommentare

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Martin Nägele

498 seit 17. Mai 2021

Bevor ich mein Tageskontingent an Psychos verschwende, muß ich das loswerden.
Mal so von Boomer zu GenZ.
Das ist ein richtig guter Konzertbericht. Zu meiner Zeit war ja die Frage üblich; "bist Du Beatles oder Rolling Stones" und ich antwortete mit letzterem.
Aber derartige Konzertberichte würde ich gerne künftig öfters lesen. Man spürt die Begeisterung des Autors und diejenigen werden eines Besseren belehrt, die meinen Gen Z hätte keinen Bezug mehr zu den guten alten Sachen.
Und es gibt sie doch noch, die guten Schreiber. Bitte weiter so Herr Kamp.


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