Naturphänomen

Warum der Himmel in Südbaden plötzlich saharafarben wurde

Saharastaub hat den Himmel am Dienstag über Süddeutschland orangegelb verfärbt, auch in Südbaden. Wie es zu dem Phänomen kommt, erklärt der Chef der Außenstelle des Wetterdienstes in Freiburg.  

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Blick auf das in gelbes Licht getauchte Freiburg mit dem Schwabentor im Vordergrund. Fast sieht das Bild aus wie eine alte Postkarte. Foto: Rita Eggstein
Karl-Heinz Fesenmeier sprach mit Stefan Gilge, Leiter der Außenstelle des Wetterdienstes in Freiburg, über die Ursachen dieses Phänomens.

BZ: Herr Gilge, wie ist es zu erklären, wenn der Himmel über uns plötzlich saharafarben wird?
Gilge: Saharafarben stimmt genau. Wir haben ein Saharastaub-Event. Das heißt, dass eine große Anzahl von Partikeln, Fein- und Grobstaub, von der Sahara aus über den Süden Deutschlands verfrachtet wird.

BZ: Wie hat man sich das vorzustellen?
Gilge: Das hängt mit den überregionalen und globalen Windsystemen zusammen. Um den Staub in der Sahara mobilisieren zu können, braucht es dort sehr hohe Windgeschwindigkeiten und Turbulenzen. Damit können die Staubkörnchen aufgewirbelt werden bis in relativ hohe Luftschichten, zwar noch in der Troposphäre, aber schon einige Kilometer hoch. Und dann können sie schon einige tausend Kilometer weitertransportiert werden.

"Es kann aber auch sein, dass der Staub erst über den Atlantik geht"
BZ: Wohin werden die Staubkörnchen letztlich hingetragen?
Gilge: Die Wege sind unterschiedlich. Manchmal geht es direkt von der Sahara südlich des Atlasgebirges nach Europa. Es kann aber auch sein, dass der Staub erst über den Atlantik geht, dann in eine Westwindzone gerät und von dort nach Europa gelangt.

BZ: Wie weit wird der Saharastaub maximal getragen? Wo kommt er überall hin?
Gilge: Es kann bis in den Norden Europas gehen, wobei das natürlich weniger häufig auftritt. Wenn der Staub über dem Atlantik in die Passatzone kommt, kann er bis Südamerika transportiert werden, wo er im Regenwald auch als Nährstoffgrundlage dient.

BZ: Als Nährstoffgrundlage?
Gilge: Ja. Der Saharastaub bringt in der Tat Nährstoffe. Im Regenwald zum Beispiel ist der Boden eher nährstoffarm. Dort nehmen die sogenannten Schmarotzerpflanzen, die an den großen Bäumen wachsen, die Nährstoffe auf. Diese Pflanzen haben die Eigenschaft, Mineralien aus der Luft filtern zu können. Das nützt auch den Bäumen, die mit diesen Pflanzen in Symbiose leben.

BZ: Profitiert auch unsere Vegetation vom Saharastaub?
Gilge: Wir haben hier jetzt nicht so große Saharastaubniederschläge. Aber es werden auch hier durchaus Mineralien zugeführt, etwa Calzium und Magnesium. Es sind also auch hier tatsächlich Nährstoffe, die die Pflanzenwelt brauchen kann.

"Tatsächlich kommt es fast jeden Monat vor, allerdings nicht in dieser Intensität"
BZ: Nicht immer sieht man den Saharastaub so deutlich wie am Dienstag. Wie oft im Jahr erreicht uns der Staub?
Gilge: Tatsächlich kommt es fast jeden Monat vor, allerdings nicht in dieser Intensität, wie wir es gerade beobachten. Meist ist es nicht sichtbar. Man sieht es jedoch an chemischen und physikalischen Analysen.

BZ: Wenn Saharastaub in der Luft liegt und es regnet, spricht man vom Blutregen. Was passiert da?
Gilge: Wenn der Saharastaub ausgewaschen wird, nimmt er eine rot-bräunliche Farbe an. Wenn wir Staubfilterproben nehmen, sieht man auch da sehr deutlich die Verfärbung.

"Jährlich werden etwa 1,8 Milliarden Tonnen Staub von der Sahara aus durch die Luft in andere Regionen transportiert"
BZ: Weiß man, wie viel Tonnen Saharastaub durch die Luft getragen werden?
Gilge: Wie viel im Moment in der Luft ist, kann ich nicht sagen. Das müsste man großflächig mit dem Satelliten vermessen. Aber man weiß, dass jährlich etwa 1,8 Milliarden Tonnen Staub von der Sahara aus durch die Luft in andere Regionen transportiert werden. Etwa 35 Prozent der Partikelmasse stammt aus Mineralstaub.

BZ: In der Schweiz konnte man einen großen weißen Rand um den Mond erkennen, einen sogenannten Halo-Mond. Liegt das auch am Saharastaub?
Gilge: Das kann sehr gut damit zusammenhängen. Die Lichtbrechungseigenschaften der Atmosphäre ändern sich durch die Partikeldichte sowie durch die optischen Eigenschaften der Sandkörnchen. Auch die chemische Zusammensetzung spielt eine Rolle. Sand ist nicht gleich Sand. Es kommt also auch darauf an, aus welchem Teil der Sahara die Sandkörnchen hochgewirbelt worden sind.
Zur Person

Stefan Gilge (60) ist promovierter Chemiker und Leiter des Referats Lufthygiene beim Deutschen Wetterdienst in Freiburg
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