BZ-Ombudsmann
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Die Gründe für die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns sind so mannigfaltig, dass man damit Bücher füllen könnte. Da sind vor allem die Flut der Informationen und der Zwang, diese in immer kürzerer Zeit zu verarbeiten und zu publizieren. Eine Zeitung ist ja heute nicht nur ein Printprodukt, sondern auch als Online-Portal oder in sozialen Netzwerken präsent. Dort ist permanent Redaktionsschluss.
Fehleranfällig ist auch die Arbeit am Bildschirm, nicht nur deshalb, weil das Auge mit der Zeit ermüdet und man am Abend Fehler übersieht, die einem am nächsten Morgen beim Lesen der Zeitung sofort ins Gesicht springen. Nachrichten entwickeln sich, das heißt, Nachrichtentexte entstehen selten aus einem Guss. Im Lauf der Produktion werden Sätze oder Satzteile hinzugefügt oder gestrichen. Da können Anschlüsse verlorengehen oder Satztorsos stehen bleiben. Beim schnellen Tippen gehen Buchstaben verloren, und obschon jeder Text in der Regel von mehreren gelesen wird, werden nicht alle Fehler gefunden und korrigiert. Dass oder das, die Regel ist zwar simpel, aber das Gehirn überliest den Unterschied gern.
Professionelle Korrektoren haben in den knappen Etats heute kaum mehr Platz und in den engen Produktionsprozessen geraten selbst sie an ihre Grenzen. Auch Korrekturprogramme sind nicht fehlerfrei. Die zum Teil absurden Trennfehler zeigen, dass die digitale sprachliche Intelligenz erst am Anfang steht – was wiederum tröstet. Selbst Duden und Wahrig sorgen manchmal eher für Verwirrung. Oft genug flüchten sie in die Beliebigkeit. Beim Wort "deretwegen" zum Beispiel schlägt mein Korrekturprogramm (Duden) Alarm, derentwegen akzeptiert es. Der gedruckte Duden winkt beides durch, rät aber zu Letzterem. Sprache wandelt sich eben permanent. "Klagen über Sprachverfall gibt es seit dem alten Ägyptern und den alten Römern, vor allem von der älteren Generation", konstatiert der Vorsitzende der Gesellschaft der deutschen Sprache, Rudolf Hoberg. Jugendsprache, die Migration von Wörtern aus anderen Sprachen, zurzeit bevorzugt aus dem Englischen, aber auch der elende Hang zur Substantivierung in der Behördensprache, das alles landet täglich ungefiltert auf den Bildschirmen von Redakteurinnen und Redakteuren. Das heißt, ihre Aufgabe ist es nicht nur, Informationen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, sondern auch in eine sprachliche Form zu bringen, die aus Sicht der Experten die Fakten nicht verfälscht und dennoch von durchschnittlichen Leserinnen und Lesern verstanden werden kann. Jeder und Jede aber bringt dabei ein eigenes Sprachgefühl mit ein, geprägt durch die eigene Sozialisation, das Milieu und die Sprachfärbung der Region. Die badische Akkusativlegasthenie ist da nur ein Beispiel.
Das ist nur ein kleiner Teil der ungezählten Fallen des Fehlerteufels. Zum Beispiel sind heute viele mehr bildorientiert und weniger sprachorientiert als früher. Und ein Medienhaus wie die Badische Zeitung muss heute zwischen immer mehr Formaten pendeln, produziert täglich Texte im Umfang eines Taschenbuchs, aber auch Grafiken und Filmbeiträge auf verschiedenen Onlineplattformen und in sozialen Netzwerken. Die von Leserinnen und Leser zu recht selbstverständlichen Anforderungen an die Redaktion wachsen immer weiter, die Ressourcen aber nicht. Die sachlichen Fehler sind noch gar nicht angesprochen. Sie müssen separat diskutiert werden.
Das alles aber sind Erklärungen, Entschuldigungen dürfen es nicht sein. Vielleicht tröstet es manchen Leser und manche Leserin, dass Fehler nicht nur sie nerven, sondern auch alle, die diesen Beruf Journalist engagiert ausüben. Wer Fehler mit Achselzucken abtut, ist kein Redakteur, sondern macht nur irgendwas mit Medien. Kämpfen wir also weiter.
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