LKA Baden-Württemberg
Virtuell auf Streife: Verbrecherjagd im Internet
Sie bekämpfen das Verbrechen mit Computer und Waffe: Seit April arbeiten sieben Cyberkriminalisten in Baden-Württemberg – einer von ihnen ist IT-Spezialist Jens Maier.
dpa
Mo, 18. Mai 2015, 0:00 Uhr
Südwest
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Der junge Mann ist einer von sieben Cyberkriminalisten im Südwesten. Innenminister Reinhold Gall (SPD) war 2014 dem Vorbild Bayerns gefolgt und hatte die Sonderlaufbahn für IT-Spezialisten bei der Polizei eingeführt. Ziel ist, die Kriminalität im Netz schärfer zu bekämpfen. Die jüngste Cyber-Attacke auf den Bundestag belegt die Brisanz. "Wir werden nicht zulassen, dass sich das Internet zu einem weitgehend rechtsfreien Raum entwickelt", sagte Gall damals.
Die Zahl der Straftaten im Internet ist im Südwesten zwar in den vergangenen fünf Jahren deutlich rückläufig gewesen. Dies liegt laut LKA aber vor allem daran, dass die Täter zunehmend aus dem Ausland kommen – und diese Taten im Südwesten nicht erfasst werden. 2014 wurden 7941 Fälle von Computerkriminalität gezählt, 2010 noch 9755 Fälle. Sicherheitsexperten gehen aber davon aus, dass vor allem die Zahl der unerkannten Angriffe auf Firmen stetig steigt.
Maier kam bereits 2011 als Informatiker zum LKA. Damals suchte die Behörde dringend IT-Spezialisten. Nach dem Amoklauf von Winnenden im Jahr 2009 gab es immer mehr Amokdrohungen in sozialen Netzwerken. "Ich habe gedacht, das ist die Chance beides zu verbinden: Polizei und Informatik", sagt Maier über seine Bewerbung. Der Sohn eines Polizisten hatte zuvor sein Studium der Kommunikations- und Softwaretechnik an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen mit dem Bachelor abgeschlossen.
Die Abteilung Cybercrime beim LKA befasst sich vor allem mit Kriminalität im Internet. Dazu gehören zum Beispiel Hacker, die mit Software Daten ausspähen oder Firmenrechner lahmlegen, aber auch Kinderpornografie im Netz. Bezahlt dagegen eine Person ihren Kauf bei Ebay nicht, ist das regionale Polizeipräsidium zuständig.
Die 2012 eingerichtete Abteilung Cybercrime und Digitale Spuren umfasst derzeit 105 Mitarbeiter. In den zwölf Polizeipräsidien gibt es jeweils eine Kriminalinspektion Cybercrime. Dort sitzen mehr als 60 Ermittler, 30 Datenauswerter und mehr als 100 Beamte.
Als angestellter Informatiker durfte Maier beim LKA jedoch nur im Netz auf Spurensuche gehen. Nach seiner Ausbildung zum Cyberkriminalisten kann er als Kriminalkommissar Straftäter auch vernehmen und festnehmen. "Für mich war das ein entscheidender Punkt", sagt der Leiter der Abteilung Cybercrime, Reinhard Tencz, über das neue Angebot. "Vorher konnte ich die Informatiker nur zusammen mit Polizeibeamten einsetzen."
Zwölf Monate dauert die Ausbildung am Institut für Ausbildung und Training der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg in Lahr und Böblingen: Dazu gehören vier Monate Grundausbildung.
Aktuell entwickelt Maier ein Programm weiter, das sich automatisch durch spezielle Seiten mit Kinderpornografie klickt und diese auflistet. So kann das LKA schnell die Provider informieren, die wiederum die Seiten sperren können. "Die professionalisierten Cyberkriminalisten bieten Lösungen, wie man relativ schnell bei Cybercrime-Ermittlungen zu Ergebnissen kommen kann", sagt Tencz – einer der entscheidenden Punkte für die Arbeit der Abteilung. "Wir müssen unsere Werkzeuge weiterentwickeln, wir müssen in der Lage sein, mit einem digitalen Seziermesser in digitalen Datenbeständen beweiserhebliche Daten herausfiltern", sagt der 59-Jährige. So seien etwa in einem Verfahren 70 Terabyte an Daten angefallen. Das entspricht der Datenmenge von 153 Millionen Romanen.
Aber nicht nur die Datenmenge erschwert die Arbeit von Maier und seinen Kollegen: In einem Fall kaperten Kriminelle mit einer Software fremde Computer und griffen mit diesen in Massen auf Internetseiten von mehreren Firmen zu – zahlreiche Systeme brachen aufgrund des Ansturms zusammen. Die Täter forderten via Mail Geld und drohten mit einem erneuten Angriff. Die Ermittler konnten die Täter letztlich nicht aufstöbern, auch weil die Spuren ins Ausland führten. "Grenzen gibt es im Internet nicht", sagt Maier. "Ein Klick, und man ist im Ausland."
Dass das LKA bislang erst die Hälfte der Ausbildungsplätze belegen konnte, hängt vermutlich auch mit der nicht gerade üppigen Bezahlung – zum Einstieg knapp 2400 Euro pro Monat plus Zulagen – zusammen. Laut IG-Metall die Hälfte dessen, was manche Unternehmen zahlen.
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