Urin in Backsteine verwandelt

Südafrikanische Forscher haben einen Weg gefunden, aus Harnstoff Steine herzustellen.  

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Dyllon Randall mit einem der Backsteine   | Foto: AFP
Dyllon Randall mit einem der Backsteine Foto: AFP
JOHANNESBURG. Faustus wäre gewiss beeindruckt gewesen. Zwar ist es Studenten aus dem südafrikanischen Kapstadt (noch) nicht gelungen, aus menschlichen Exkrementen Gold zu machen. Doch immerhin haben sie es schon geschafft, aus Sand und Urin knallharte Backsteine zu formen – und das ohne die sonst zur Herstellung der Bauklötze nötige Hitze von 1400 Grad Celsius, deren Erzeugung unsere Atmosphäre mit großen Mengen an Kohlendioxid verpestet.

Dyllon Randall, der als Ingenieurswissenschaftler an der Universität von Kapstadt das Projekt seiner Studentin Suzanne Lambert betreut, spricht von einem "Paradigmenwechsel": Ein Beispiel für die Verwendung angeblichen "Abfalls" in einem ausgefeilten Recyclingprozess, bei dem außer Backsteinen sogar noch ein zweites Produkt, nämlich Dünger, anfällt. "Wir scheiden das täglich aus und spülen es durch die Kanalisation ins Meer. Warum sollten wir daraus nicht etwas Sinnvolles machen?"

Das Prinzip hört sich einfach an. Dem Urin, den Studentin Lambert bereits seit mehr als einem Jahr aus den Männer-Pissoirs ihrer Universität ableitet, wird zunächst der Harnstoff entnommen – ein klebriger Feststoff, der in der chemischen Industrie bereits vielfältige Anwendung findet. Werden einem Gemisch aus Harnstoff und Sand Bakterien beigegeben, die das Enzym Urease herstellen, wird das Gemisch in vier bis sechs Tagen zu Kalkstein gehärtet – und zwar bei Zimmertemperatur. Die Backsteine werden härter, je länger man sie den Bakterien aussetzt, wohingegen der starke Ammoniak-Geruch, der den Steinen anfangs noch eigen ist, nach 48 Stunden verschwindet.

Der Prozess, erklärt Randall, sei mit der Entstehung von Korallenbänken im Meer verwandt. Dem von der Backstein-Produktion übrig gebliebenen Urin wird schließlich noch Stickstoff, Phosphat und Kalium entnommen: Elemente, die für die Herstellung von Düngern nötig sind. Da vor allem Phosphate in der Natur immer knapper werden, wird auch diese Verwendung der menschlichen Ausscheidungen begeisterte Freunde finden. Urin sei "chemisches Gold", schwärmt Randall. Obwohl es lediglich ein Prozent allen Abwassers ausmache, seien in ihm 80 Prozent des Nitrats, 63 Prozent des Kaliums und 56 Prozent des Phosphors der ins Meer kanalisierten Ströme enthalten.

Und wenn der Urin den Produktionskreislauf Lamberts durchlaufen hat, bleibt fast reines Wasser übrig. "Wir sind der festen Überzeugung, dass unsere Erfindung in ein oder zwei Jahrzehnten auch kommerziell ausgereift sein wird", meint Lamberti zuversichtlich. Die größte Hürde stellt derzeit noch die Logistik dar. Zu Herstellung eines einzigen Pipibacksteins sind mehr als 20 Liter Urin nötig – soviel, wie ein erwachsener Mensch in mehreren Wochen von sich gibt.
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