UNTERM STRICH: Das Auto für die Kleinen
Ein nun endgültig verblasster Mythos: Das Kettcar / Von Niklas Arnegger.
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Zehn Jahre später verdienten immer mehr Papas 1000 Mark. (Mamas aber hatten nach wie vor daheimzubleiben, um mittags Falscher Hase, abends Toast Hawaii und für die Party einen Käseigel zubereiten zu können.) Jetzt konnten sich viele Familien einen DKW leisten oder mindestens ein Goggo. Auch wurde es Zeit für ein modernes Kinderauto: So kam 1962 das Kettcar von Kettler.
15 Millionen Mal wurde diese Seifenkiste mit Fahrradantrieb verkauft. Mit dem Kettcar wurden Jungen und dann auch Mädchen für das richtige Leben mit einem richtigen Auto abgerichtet. Auf die freie Fahrt also des freien Bürgers, wie der ADAC es befahl. Es gab das Kettcar als Zweisitzer, mit Anhänger und sogar für Menschen, die zumindest nach Alter und Gewicht ("bis zu 100 kg belastbar") als Erwachsene durchgingen. Und jetzt? Schon länger ist seine Zeit vorbei. Nun stellt die ruhmreiche Firma Kettler die Produktion ein; sie wird abgewickelt.
Ach, die jungen Menschen heute träumen nicht mehr von einem Ford Granada Fließheck oder vom pfeilschnellen Opel GT. Nein, lieber belästigen sie ihre Mitmenschen mit albernen E-Rollern. Die ganz Kleinen aber steigen aufs Laufrad, mit dem sie schon mit zweieinhalb Jahren flotter flitzen als ihre Väter einst mit dem Kettcar. Und pädagogisch wertvoll werden sie damit auf ein Leben mit dem Fahrrad vorbereitet. Ihm gehört ja die Zukunft, auch wenn es kein Rad von Kettler sein wird. Dem Auto droht das Schicksal des Kettcars. Bedröppelt betrugsdieselt und feinstaubt es vor sich hin.
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