Unterm Strich

Berliner Start-up "Frisch und Luft": Wie sich Großstädter etwas Landflair in den Altbau holen können

Bettwäsche mit Muh-und-Mäh-Duft / Von Martina Philipp  

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Der überzeugte Städter tut ja letztlich nur so überzeugt. Klar sitzt er gern in neuen Straßencafés, geht ständig auf Vernissagen und lästert über Schulfreunde, die auf dem Land gebaut haben und mit denen man sich abends nicht mehr zum Bier verabreden kann, weil ihr letzter Bus um 21.30 Uhr fährt. Aber bei dem Gedanken, dass er wohl nie einen Kirschbaum im eigenen Garten pflanzen wird, kriegt der überzeugte Städter an schwülen Abenden, wenn der Feinstaub durchs Wohnzimmer weht, sehr wohl gerötete Augen.

Für solche Menschen gibt es seit einiger Zeit einen speziellen Waschservice. Wer in Berlin wohnt und einmal zu viel über den Wäscheständer im Flur stolpert, kann "Frisch und Luft" anrufen. Die holen schmutzige Wäsche ab und bringen sie sauber wieder. Der Clou dabei ist: Die Wäsche wird nicht schnöde im Trockner getrocknet – sondern inmitten von Kieferwäldern an bester brandenburgischer Landluft. Frei nach dem Motto: Wenn du nicht aufs Land willst, hol dir das Land halt in die Stadt. Da riecht’s dann im Kreuzberger Altbau plötzlich nach Muh und Mäh. Für 15 Euro pro Wäschekorb.

Komisch, dass in dem Marktsegment nicht mehr passiert. Es wäre schließlich ein Leichtes, der Familie in Neukölln die triste Betonaussicht vom Balkon zu ersetzen– durch einen Livestream vom Kirschbaum in der Pampa. Kostenpunkt fünf Euro pro lauer Sommernacht, Grillengezirpe und Uhurufe gibt’s garantiert. Reihenhausbesitzer aus dem Vorort könnten ihre Trampoline stundenweise an Stadtkinder vermieten. Und sich gleich noch japanisches Sushi oder koreanisches Kimchi mitbringen lassen.

Das Ding ist aber: Wenn nur noch Kinder, Kimchi und Kühe (der "24-Stunden-Melk-selbst-Service für Städter" kommt sicher) hin und her gekarrt werden, ist der interkulturelle Spaß im Sinne der Umwelt nicht mehr zu verantworten. Da bleibt besser jeder, wo er ist und reibt sich die roten Augen. Es ist ja auch so: Wäre das Gras nicht gelegentlich woanders grüner, wäre die Welt um einiges grauer.
Schlagworte: Martina Philipp, Unterm Strich
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