Account/Login

UNTERM STRICH: Ausgebimmelt

Wie ein Pfarrer aus Florenz seine Umwelt drangsalierte / Von Michael Saurer.  

Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen

Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.

Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.

Akzeptieren
Mehr Informationen
Es ist spannend zu sehen, was manche Menschen für ihren Glauben leisten. Die Derwische des Mevlevi-Ordens etwa wirbeln sich so lange um ihre eigene Achse, dass man von außen betrachtet das Gefühl hat, sie würden sich nun langsam in den Boden hineinbohren. Andere Menschen verbringen Monate in Einsamkeit und Askese, um auf diese Art und Weise zu Gott zu finden. Pilger wandern manchmal tausende Kilometer, um mit ausgelatschten Schuhen und schmerzenden Knöcheln irgendwann einmal den Ort ihrer Sehnsucht zu erreichen.

Ähnlich viel Aufwand – zumindest über die Jahre gerechnet – betrieb ein Pfarrer aus Florenz. Doch während eine Pilgerreise im allgemein geräuschlos abläuft, malträtierte der Geistliche damit ein ganzes Stadtviertel. Der offenbar besonders gottgefällig leben wollende Don Leonardo Guerri läutete nämlich mehr als 200 mal am Tag die Glocken seiner Kirche. Tag für Tag, Woche für Woche, Jahr für Jahr.

Während er wohl hoffte, damit sein Ansehen bei seinem Chef im Himmel kräftig zu steigern, sank gleichzeitig sein Ansehen in den Niederungen der Erdkugel, vor allem in der Nachbarschaft. Die hatte es nämlich irgendwann satt mit dem ständigen Geläut und zog – ganz profan – vor Gericht. Das gab ihnen nun recht. Der Pfarrer mit dem Glocken-Fetisch muss sich zurückhalten. Künftig, so das Gericht, dürfe er nur noch zur Messe und zum Abendgebet um 18 Uhr läuten. Außerdem muss er noch 2000 Euro Strafe zahlen. Bereits 2014 hatte der Erzbischof von Florenz, Giuseppe Betori, ihn darum gebeten, die Bedeutung christlicher Hingabe nicht überzustrapazieren.

Warum der Pfarrer so gerne bimmelte, ist derweil nicht klar. Vielleicht hat er einfach Schiller falsch interpretiert und gedacht, dass ein schweißtreibender Einsatz sich bezahlt mache. Im Lied von der Glocke heißt es bekanntlich: "Von der Stirne heiß, rinnen muss der Schweiß, soll das Werk den Meister loben; doch der Segen kommt von oben."

Ressort: Unterm Strich

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Di, 08. Februar 2022: PDF-Version herunterladen

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel