Unterm Blech die reine Seele

SCIENCE-FICTION: "Chappie" von Neill Blomkamp mischt Action und philosophischen Diskurs.  

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Gefühle und moralisches Handeln sind m...#8222;Vater“   Deon (Dev Patel)   | Foto: Sony
Gefühle und moralisches Handeln sind möglich: Roboter Chappie und sein „Vater“ Deon (Dev Patel) Foto: Sony
Der südafrikanische Regisseur Neill Blomkamp, der 1979 in Johannesburg geboren wurde und heute im kanadischen Vancouver lebt, begann seine Karriere mit 17 Jahren als Trickfilmzeichner und tastet sich als Filmemacher immer wieder zu neuen Grenzen vor. Bereits sein Debütfilm "District 9" (2009) erregte mit seinem quasi-dokumentarischen Stil sowie seiner Stilmischung internationales Aufsehen und brachte ihm eine Oscar-Nominierung für das beste adaptierte Drehbuch. Das Mitgefühl der Geschichte gehörte in "District 9" krabbenartigen Aliens, die sich auf die Erde verirrt hatten und von den Menschen gettoisiert und schikaniert wurden.

Der Umgang mit den Außerirdischen wurde zur Metapher, die weit über die südafrikanische Gesellschaft hinaus auf rassistische Ausgrenzungsmechanismen verwies. In dem düsteren Zukunftsszenario seines zweiten Films "Elysium" reflektierte er auf radikalisierte Weise die zunehmende Armutskluft und erforschte gleichzeitig die Grenzen zwischen menschlichem Körper und futuristischer Hochtechnologie.

Mit seinem neuen Werk "Chappie" denkt Blomkamp diesen Weg weiter und reist ins Johannisburg des Jahres 2016, wo die Polizei mit einer eigenen Roboterarmee gegen die rasant ansteigende Kriminalität vorgeht. Die Robocops sind unkaputtbare Befehlsempfänger des Polizeiapparates, die die menschlichen Personalverluste bei der Verbrechensbekämpfung erfolgreich minimiert haben. Aber dem jungen Ingenieur Deon Wilson (Dev Patel), der in einer Roboterfirma arbeitet, schwebt eine ganz andere Art von Maschinenmensch vor: einer, der in der Lage ist, Emotionen und moralische Urteilskraft zu entwickeln. Sein Gegenspieler Vincent Moore (Hugh Jackman) hingegen sieht in der Weiterentwicklung künstlicher Intelligenz eine Gefahr für die menschliche Vorherrschaft.

Wir kann das Kind auf seine Seite bringen?

Deon gelingt es tatsächlich, einen Prototyp des neuen Typs zu entwickeln – doch dann wird er mitsamt seinem Roboter von einer Verbrechertrio entführt, das die intelligente Maschine für seine kriminellen Zwecke in Gebrauch nehmen will. Als der Roboter zum ersten Mal mit der neuen Software hochgefahren wird, erleben alle eine Überraschung: Chappie benimmt sich wie ein kleines Kind. Er ist nicht vorprogrammiert, sondern muss menschliches Verhalten, Gefühle und Moral erst erlernen. Der gutmütige Deon als sein Schöpfer auf der einen Seite und das Gangstertriumvirat auf der anderen versuchen nun den Roboter Chappie auf ihre jeweils eigene Weise zu erziehen.

In Form eines actiongeladenen Science-Fiction-Spektakels denkt "Chappie" über den Prozess der menschlichen Sozialisation nach. Der Roboter mit der nicht programmierten Festplatte wird zur Analogie für die reine, kindliche Seele, die rivalisierenden Einflüssen ausgesetzt ist und moralische Urteilskraft erst erlernen muss.

Das gipfelt in dem Bild einer digitalen Speicherkarte, auf die das individuelle Bewusstsein eines Menschen geladen wird. Dadurch wird der Roboter schließlich zum humanoiden Wesen, das ähnlich wie die Aliens in "District 9" zur Identifikationsfigur des Filmes aufgebaut wird. Das Drehbuch schrieb Neill Blomkamp wieder gemeinsam mit Terri Tatchell, und es ist eine wilde Mischung zwischen sozialpsychologischer Reflexion, philosophischen Diskursen, Science-Fiction und Actiongetöse, die hier zusammenschüttelt wird.

Auch wenn er sich gegen Ende des Filmes ein wenig verballert und "Chappie" nicht in der Perfektion eines Christopher-Nolan-Films erstrahlt, überzeugt Blomkamp erneut als einer der interessantesten Regisseure des kommerziellen Gegenwartskinos, der künstlerisch-intellektuellen Freigeist mit Genremustern und Blockbuster-Potenzial verbindet.

– "Chappie" von Neill Blomkamp läuft flächendeckend, siehe "Ticket" (Ab zwölf Jahren)

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