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Bankenbranche

Unicredit steigt bei Commerzbank ein - steht Übernahme an?

  • Bernd Zeberl, dpa-AFX und Alexander Sturm (dpa)

  • Mi, 11. September 2024, 15:03 Uhr
    Wirtschaft

     

Commerzbank im Umbruch: Die italienische Großbank Unicredit steigt im großen Stil bei den Frankfurtern ein - die Börse spekuliert schon auf eine Übernahme. Und der Chef kündigt seinen Rückzug an.

Die italienische Großbank Unicredit steigt bei der Commerzbank an (Archivfoto). Foto: Frank Rumpenhorst/dpa
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Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Die BZ-Redaktion hat diese Meldung nicht redaktionell bearbeitet.

Frankfurt/Mailand (dpa) - Die italienische Großbank Unicredit steigt im großen Stil bei der Commerzbank ein und schürt damit Spekulationen über eine Übernahme des Frankfurter Geldhauses. Die Italiener schlugen bei dem angekündigten Verkauf von Aktien durch den Bund zu und kauften zudem Anteile am Markt, wie die Unicredit in Mailand mitteilte. In Summe halten die Italiener bereits rund neun Prozent der Commerzbank-Aktien. 

Die Gewerkschaft Verdi kündigte Widerstand gegen eine mögliche Übernahme der zweitgrößten privaten Bank in Deutschland an. Sie verlangt Unterstützung vom Bund, der gerade erst mit seinem schrittweisen Ausstieg aus der Commerzbank begonnen hat.

Unicredit ließ offen, ob sie bei der Commerzbank weiter aufstocken will. Um flexibel entscheiden zu können, will sie sich aber bei den Aufsehern die Genehmigung holen, den Anteil auch auf mehr als 9,9 Prozent aufstocken zu können. Commerzbank-Aktien schossen um knapp 19 Prozent hoch. "Mit der heutigen Meldung ist die Commerzbank unseres Erachtens wieder ein potenzielles Übernahmeziel", schrieb Philipp Häßler, Analyst bei der DZ Bank.

Obendrein steht auch in der Chefetage der Commerzbank ein Umbruch bevor: Konzernchef Manfred Knof wird seinen Ende 2025 auslaufenden Vertrag nicht verlängern, teilte der Dax-Konzern überraschend am Dienstagabend mit. Der Auswahlprozess für die Nachfolge soll umgehend beginnen.

Unicredit sichert sich Anteile vom Bund

Die Commerzbank betonte angesichts der Nachricht aus Mailand, Vorstand und Aufsichtsrat würden weiter im "besten Interesse" aller Anteilseigner sowie von Mitarbeitern und Kunden handeln. Die Beteiligung der Unicredit bezeichnete das Institut mit rund 42.000 Beschäftigten als "Beleg für den Stellenwert der Commerzbank". Bei dem Geldhaus sollte der Aufsichtsrat am Mittwoch um 17 Uhr zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen kommen. Öffentliche Statements waren nicht geplant. 

Der Einstieg der Unicredit alarmiert die Arbeitnehmervertreter. Verdi-Gewerkschaftssekretär und Commerzbank-Aufsichtsrat Stefan Wittmann sagte dem "Handelsblatt", man werde sich mit "mit allen Mitteln" gegen eine mögliche Übernahme wehren. Er verwies auf die Übernahme der Münchener Hypo-Vereinsbank 2005 durch die Unicredit. Dort seien Tausende Arbeitsplätze gestrichen und viele Kompetenzen nach Mailand gegangen.

Von der Bundesregierung verlangte Wittmann Hilfe. "Der Bund muss jetzt klare Kante zeigen und seine verbliebene Beteiligung von zwölf Prozent nutzen, um eine schädliche Übernahme der Commerzbank zu verhindern." Verdi-Chef Frank Werneke forderte: "Der Bund darf keine weiteren Anteile an der Commerzbank abgeben."

Das Bundesfinanzministerium gab sich zunächst zurückhaltend. Der Bund werde die "neue Situation erst einmal grundsätzlich analysieren", sagte eine Sprecherin. Der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Schrodi, betonte gegenüber dem "Handelsblatt", die Ampelkoalition werde bei möglichen weiteren Aktien-Veräußerungen Rücksicht auf die Interessen der Beschäftigten nehmen.

Unicredit überbietet andere Angebote

Unicredit erwarb rund die Hälfte des 9-prozentigen Pakets vom Bund. Der Staat verkaufte im Rahmen seines jüngst angekündigten Ausstiegs aus der Commerzbank knapp 4,5 Prozent im Paket an die Italiener. Die waren bereit, mehr zu zahlen, als die Papiere am Dienstagabend an der Börse wert waren, erklärte die Finanzagentur des Bundes. Alle vom Bund offerierten Aktien seien "infolge einer deutlichen Überbietung aller übrigen Angebote" an die Unicredit zugeteilt worden.

Der Bund nahm durch den Verkauf der gut 53 Millionen Aktien etwas mehr als 700 Millionen Euro ein. Der Anteil des deutschen Staats sinkt damit auf 12 Prozent, trotzdem bleibt er vorerst der größte Anteilseigner der seit der Finanzkrise teilverstaatlichten Commerzbank.

Italiener stark im deutschen Privatkundengeschäft engagiert

Mit einem Anteil von neun Prozent ist die Unicredit nun der zweitgrößte Aktionär. Die Unicredit hatte schon vor knapp 20 Jahren im deutschen Bankenmarkt zugeschlagen. 2005 kaufte sie die deutsche Hypovereinsbank für rund 15 Milliarden Euro und ist seitdem stark im deutschen Privatkundenmarkt vertreten.

Die Unicredit und die Commerzbank gehörten in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 und in der EU-Schuldenkrise zu den größten Verlierern am Aktienmarkt. Inzwischen hat sich die Lage für beide Banken unter anderem wegen der gestiegenen Zinsen stark verbessert.

Die Unicredit ist an der Börse fast 60 Milliarden Euro wert und könnte sich eine Übernahme der Commerzbank leisten. Der Börsenwert der Frankfurter liegt mit rund 15 Milliarden Euro lediglich bei rund einem Viertel davon. Schon in den vergangenen Jahren gab es Spekulationen über eine Übernahme durch die Italiener.

Commerzbank auf der Suche nach neuem Chef

Noch dazu muss sich die Commerzbank mit der Nachfolge von Konzernchef Knof befassen, der überraschend Ende 2025 aufhören wird. Der Manager, der private Gründe für den Schritt andeutete, führt die Bank seit 2021 und hatte den Sparkurs des Geldhauses verschärft: Tausende Stellen fielen weg, das Filialnetz schrumpfte deutlich. Mit dem Umbau und dank gestiegener Zinsen schaffte die Commerzbank die Trendwende.

Als aussichtsreichste Kandidatin für die Nachfolge gilt die Commerzbank-Finanzchefin und Vize-Vorstandsvorsitzende Bettina Orlopp (54). Ihr werden schon länger Ambitionen auf den Chefposten nachgesagt. Die Frage, wer die Frankfurter Bank künftig führt, hatte zuletzt Unruhe bei dem Institut erzeugt. Die Rede war auch von einem Machtkampf.

© dpa‍-infocom, dpa:240911‍-930‍-229360/4

Ressort: Wirtschaft

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