"Und dann hat es gerappelt"

Bis in den August 1945 hinein zogen sich die Bergungsarbeiten nach dem Fliegerangriff auf die Ramie. Und auch Blindgänger beschäftigten die Stadt noch viele Jahre.  

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Das große Shedgebäude der Ramie nach dem Fliegerangriff   | Foto: Stadtarchiv Emmendingen
Das große Shedgebäude der Ramie nach dem Fliegerangriff Foto: Stadtarchiv Emmendingen
"Und dann hat es gerappelt." Baptist Hinn war 1945 Werkmeister bei der Ramie, berichtete 1978 für ein Themenheft der Hachberg-Bibliothek über den Tag des Angriffs sowie die Wochen danach. Dass sich ein Angriff anbahnte, sei absehbar, berichtet Hinn: "Die haben vorher ja Aufnahmen gemacht. Das wusste man. Da kamen immer einzelne und flogen über das Werk."

Und die Bomber kamen tatsächlich und zerstörten rund 90 Prozent des Werksgeländes. Hin beschreibt die Szenerie am Angriffstag: "Als von der Stadt dann Fliegeralarm gegeben wurde, schaute ich zum Fenster raus und sagte …: ‚Es sieht ganz gefährlich aus. Die Flugzeuge sind ganz eng aufgeschlossen und kommen aus Richtung Heimbach.‘" Wenige Momente später fielen die Bomben, wer konnte, floh in den Luftschutzbunker oder ins Freie. Und während versucht wurde, Menschen in den Fabrikhallen zu bergen, kam die zweite Bombenwelle. Getroffen wurden der große Shedbaukomplex, Färberei und Spinnerei sowie das Kessel- und Maschinenhaus. Auch der Kindergarten wurde vollständig zerstört, glücklicherweise war er bereits geschlossen. Die bis zu zwölf Meter tiefen Bombentrichter füllten sich mit Wasser aus dem höher liegenden Kanaldamm. Nicht getroffen wurde das Verwaltungsgebäude.

Die Suche nach den Toten sowie Verletzten setzte unmittelbar nach den Angriffen ein. Und sie hielt an bis in den August hinein, als Hinn, der zu einer Bergungstruppe gehörte, die letzte Leiche in der Spinnerei gefunden hatte. Viele der getöteten Beschäftigten waren durch die Trümmer verdeckt, lagen in den Bombentrichtern. Je länger der Angriff vorbei war, desto schwieriger sei es gewesen, Vermisste zu finden. Aber Hinn sei immer wieder auch von Angehörigen angesprochen und um die Weitersuche gebeten worden. Denn es hatte sich herumgesprochen, dass Hinn bei der Suche erfolgreich war, teilweise dachten die Leute wohl, "ich hätte es mit dem Teufel zu tun". Denn Hinn hatte sich an einen Ratschlag erinnert, der ihm im Ersten Weltkrieg von einem Sanitätsfeldwebel gegeben wurde. Der Bergungstrupp ging früh morgens auf das Gelände und suchte die Stellen ab, an denen sich Schmeißfliegen versammelt hatte. Denn diese Fliegen gehen nicht an lebendiges Fleisch. Im August wurde die Bergung eingestellt, mindestens ein Opfer sei nicht gefunden worden.

Der Angriff auf die Ramie beschäftigte die Menschen und die Stadt noch bis 2013. Immer wieder wurden in den Nachkriegsjahren Bomben gefunden, die nicht detoniert waren. So erhielt die Stadt am 8. Februar 1946 einen Brief der Ersten Deutschen Ramie Gesellschaft, in dem aufgeführt wurde, dass im sogenannten Fasanenwäldchen drei Blindgänger gefunden wurden. Ob alle Bomben gefunden wurden, ist nach einem BZ-Bericht vom 25. Mai 2013 nicht gesichert. Vier Wochen zuvor war eine Fliegerbombe auf dem Areal gefunden und entschärft worden. Vorsorge jedenfalls wurde getroffen. Jede Firma, die auf dort bauen wollte, war verpflichtet, die Tiefbauarbeiten durch Spezialisten einer Kampfmittelbeseitigungsfirma begleiten zu lassen – deren Anwesenheit war Bestandteil der Baugenehmigung.

Quellen: Band 2 Emmendingen – Geschichte der Stadt, Seiten 566-572; BZ-Artikel vom 25. Mai 2013: "Gefährliche Blindgänger" von Patrik Müller.
Schlagworte: Baptist Hinn, Patrik Müller
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