Abschied
Tschüss, Telefonzelle!
In den 1970er Jahren gab es noch rund 160.000 Häuschen, heute nur noch ein Zehntel. Dass die öffentlichen Fernsprecher verschwinden, kritisieren unter anderem Seniorenverbände.
dpa & Jannik Jürgens
So, 3. Feb 2019, 20:16 Uhr
Panorama
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Die Telekom hat den Auftrag zur Grundversorgung. Doch sie darf Telefonzellen abbauen, wenn der Monatsumsatz weniger als 50 Euro beträgt, die betroffene Kommune zustimmt und die Bundesnetzagentur informiert wird. In St. Blasien baute die Telekom im Jahr 2017 zwei Telefonzellen ab, in Menzenschwand kündigte sie den Abbau ebenfalls an, doch das Häuschen steht momentan noch.
Etliche Gemeinden nehmen den drohenden Verlust ihrer Telefonzelle keineswegs widerspruchslos hin. Schließlich gehört der magentafarbene Kasten schon lange dazu. Die Telekom bietet dann oft "Basistelefone" an: einfache Telefonstelen, die mit Kreditkarte oder einer Calling-Card bedient werden. Münzen funktionieren dann allerdings nicht mehr. Und: Auch die Basistelefone können abgebaut werden. Das versucht die Gemeinde Münstertal aktuell zu vermeiden. In einem Funkloch am Spielweg steht dort ein Basistelefon – trotzdem sei der Umsatz laut Hauptamtsleiter Christoph Blattmann meist bei Null. Sobald die neue Funkantenne steht, will die Gemeinde der Telekom aber erlauben, abzubauen.
Einer, der sich nicht mit dem "Telefonhäuschen-Kahlschlag" der Telekom abfinden will, ist der 79-jährige Klaus-Dieter Meyer. Seit 19 Jahren kämpft der frühere Vorsitzende des Seniorenbeirats der Region Hannover für den Erhalt des guten alten Telefonhäuschens – speziell in seiner Heimat Laatzen. "Ich bin der Auffassung, dass Telefonzellen weiterhin in angemessener Form vorgehalten werden müssen." Vor allem ältere Menschen seien auf Telefonzellen angewiesen. Mit Handys seien viele überfordert.
Die Ausdünnung des Netzes ist auch für das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) ein "zentrales Thema", betont ihr geschäftsführender Vorsitzender Helmut Kneppe. Die Organisation, wisse, wie wichtig das Telefon für Ältere sei. Zwar sei auch ihm klar, dass man "nicht mehr flächendeckend Telefonzellen wird vorhalten" können. "Der komplette Abbau wäre aber nicht zielführend."
Zu altersgerechten städtischen Lebensräumen gehörten nun mal Anlaufpunkte für Ältere, wo sie in Notfällen um Hilfe bitten könnten. Wo die Telefonzelle künftig aus dem Stadtraum verschwinde, müsse es andere Anlaufpunkt für Senioren geben, wo sie telefonieren könnten. "Das könnten beispielsweise Cafés, Sparkassenfilialen oder Treffpunkte mit öffentlichen Telefonen sein", schlägt er vor.
Die Kulturhistorikerin Lioba Nägele vom Museum für Kommunikation in Frankfurt beobachtet aber auch eine Verklärung der Telefonzelle. Vor allem für heute 50- und 60-Jährige steckten die gelben Häuschen voller Erinnerungen – an die heimlichen Telefonate mit der Angebeteten aus Schülertagen. Doch Nägele gibt zu bedenken, dass an den gelben Zellen früher nicht alles Gold war: "Man vergisst leicht, wie viel über die Telefonzellen früher gemeckert wurde. Oft roch es ausgesprochen unangenehm. Und im Telefonbuch war immer die Seite herausgerissen, die man dringend brauchte." Wer gar nicht loslassen kann: Die magentafarbenen Häuschen kann man bei der Telekom kaufen. Preis: 600 Euro.