Tschüs Freiburg, hallo München
Auszug aus dem Elternhaus: Seltsam, traurig und schön.
JuZ-Mitarbeiterin Klara Wehrle
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Früher oder später kommt er bei jedem - der Tag, an dem man das elterliche Nest verlässt und in die eigenen vier Zimmerwände zieht, die manchmal ganz schön weit weg liegen können. Ein Erfahrungsbericht:
Ich beschließe mit dem Einfachsten anzufangen: Ich befördere 13 Jahre Schulbildung in die Papiertonne, und schon ist das halbe Regal leer. Das war ja einfach, denk ich noch. Zu diesem Zeitpunkt liegen die schrecklichen Untiefen des Sammelsuriums meiner Kisten und Kästchen allerdings noch vor mir. Und genau dort lauern all die kleinen Ungeheuer, die mich schon eine Viertelstunde später dazu bringen werden - in alten Briefen versunken, deren Inhalte ich kaum noch entschlüsseln kann - auf meinem Bett zu sitzen und die Stunden verstreichen zu lassen.
Als es am ersten Tag meiner Packaktion dunkel wird, herrscht in den Kartons gähnende Leere, während meine Schränke, Schubladen und Kästchen immer noch voll gestopft sind, wie am Anfang des Tages. Egal, morgen ist ja auch noch einer, und mittlerweile war es an der Zeit, Freunde zu treffen, um sich zu verabschieden und die Versprechen einzuholen, dass sie mich alle in der Ferne besuchen kommen.
Es fällt schwer die Freunde zurückzulassen, besonders wenn man Freiburg gewöhnt ist - die wohl einzige Großstadt, in der man nie weggeht, ohne ein bekanntes Gesicht zu sehen. Wie einfach wäre es doch zu bleiben. Ich müsste keine Kisten packen, die Freunde nicht verlassen, müsste mich nicht an ein fremdes Zimmer in einer fremden Stadt gewöhnen. Ich müsste meinen Freund nicht allein zurücklassen und mich auf die Wochenenden freuen, an denen er mich besuchen kann. Warum bleibe ich dann nicht einfach hier? Nein, ich freu mich ja auch endlich von zu Hause wegzukommen, tun und lassen zu können, was ich will. Eine fremde Stadt zu erforschen und neue Leute kennen zu lernen.
Doch zurück zu meinen Kartons: Ich frage mich, was ich am besten mit dem ganzen Krimskrams und Schnickschnack machen soll, der mir zwar ans Herz gewachsen ist, aber in meinem neuen, kleineren Zimmer auf keinen Fall Platz finden wird. Nach einigen Überlegungen komme ich zu dem Schluss, zehn Kisten mit besagtem Krimskrams-Schnickschnack auf dem Speicher, im Keller und in diversen Ecken des Elternhauses einzumotten, ahnend, dass ich sie in einigen Jahren vermutlich doch dem Mülleimer opfern werde, weil sich bis dahin wieder neue Berge bei mir angesammelt haben werden.
Aber was muss mit ins neue Zuhause? Was qualifiziert sich dafür, in den Kisten mit der Aufschrift "Klara/München" zu landen und nicht in die Kisten mit dem Schriftzug "Klara/Zuhause" gepackt zu werden? Unerlässlich ist natürlich der Karton mit meinen CDs, nur der Fehlgriff "Tic Tac Toe - Klappe die 2te" hat es nicht in den Münchenkarton geschafft und wurde zusammen mit meiner Kuscheltier- und Barbiesammlung auf den Speicher verbannt. Ansonsten nehme ich, da ich in meiner neuen Heimat keine Glotze habe, meine Bücher mit - und meine Staffelei samt allen Mal-Utensilien. Dazu kommen noch ein paar unnötig notwendige Einrichtungsgegenständen: Meine Designerduftlampe inklusive Lebkuchenaroma, mehrere Kerzenständer und mein kitschiger, roter Herztisch.
So, jetzt sitze ich in meinem Zimmer. Besser gesagt ist es mein Nicht-Mehr-Zimmer. Der Stapel gefüllter Kartons wartet auf seinen Abtransport. Die Wände sind kahl, in den Schränken, Schubladen und Regalen herrscht gähnende Leere. Meine Freunde haben sich verabschiedet und versprochen, zu schreiben und mich zu besuchen. Mein Freund hat mich zum Abschied geküsst. Meine Vermieterin erwartet mich schon, genauso wie mein neues Zimmer."
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