Trinkwasser ist Luxus

Die Jugendbuchautorinnen Kirsten Boie und Linda Sue Park erzählen vom Alltag in Afrika.  

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Da leben, wo andere Ferien machen? Das macht Thabo. Der afrikanische Junge wohnt bei seinem Onkel, einem Ranger, am "Lion Park" in Hlatikulu. Das liegt in einem Königreich irgendwo im Süden Afrikas. Und während er jeden Tag den dreckigen Jeep nach den Safari-Ausfahrten mit den Touristen wäscht und poliert, träumt Thabo davon, ein wohlhabender Gentleman oder ein scharfsinniger Privatdetektiv zu werden. Denn mit der vornehmen alten Dame Agatha von der Lodge schaut er immer Miss-Marple-Krimis an. Da wird im Park ein schrecklicher Fund gemacht: ein verblutetes Nashorn ohne Hörner. Thabo, sein Freund Sifiso und Emma, die Tochter der Lodge-Besitzerin, stürzen sich auf den Fall und lösen ihn nach spannungsreichem Auf und Ab – gemeinsam.

43 Prozent aller Kinder in Swasiland sind aufgrund von Aids Waisen, so die Möwenweg-Stiftung der Autorin Kirsten Boie. Ihre Geschichte "Thabo – Detektiv & Gentleman" ist ganz schön spannend – und doch kommt auch die Situation der Kinder auf den Tisch: Thabo ist Waisenkind und auch Sifiso, der mit seinen Geschwistern in einer armseligen Hütte lebt. Tagsüber hängen die Kinder an der Lodge herum und betteln; in die Schule gehen sie nur, wenn Mais verteilt wird. Völlig seltsam wirkt da Emmas Leben, die jetzt Internatsferien hat und französische Vokabeln lernen soll! So kommt es, dass sie manch spannende Episode in der Aufklärung des Falles verpasst. Manchmal ist es vorteilhaft, Waisenkind zu sein, lässt Thabo durchblicken: "Natürlich möchte man Eltern haben, meine Damen und Herren, eine Mutter und einen Vater. Wir reden nicht viel darüber. Aber in der letzten Nacht war eine Mutter wie Ms Wendy Chapman für Emma vielleicht nicht so günstig gewesen." Thabo ist ein großartiger Ich-Erzähler. Locker und humorvoll analysiert und kombiniert er die Fakten. Mit seiner Lebenswirklichkeit hadert er weniger als mit dem Fall. Gerade als die Kinder entdecken, dass sie den Falschen verdächtigt haben, gehen sie dem richtigen Täter in die Falle.

"Der lange Weg zum Wasser" von Linda Sue Parker ist "eine wahre Geschichte", so der Untertitel. Eigentlich sind es zwei Geschichten, beide spielen im Südsudan. Nya ist ein elfjähriges Mädchen, das wir auf dem Weg zur Wasserstelle treffen: "Sie würde den halben Vormittag brauchen, wenn sie auf dem Weg keine Pause machte. Hitze. Zeit. Und Dornen." Als Nya endlich am schlammigen, braunen Wasser ankommt, trinkt sie gleich. Puh! Da muss man beim Lesen richtig schlucken. Der elfjährige Salva hingegen sitzt gerade in der Schule, als Rebellen sein Dorf überfallen. Ab jetzt ist er auf der Flucht – zehn Jahre lang. Trinkwasser ist Luxus, Krieg und Gewalt sind alltäglich.

Ist das der richtige Lesestoff für Jugendliche? Unbedingt. Der Autorin ist es gelungen, eine mitreißende Geschichte zu erzählen, die zeigt, wozu Kinder fähig sind. Salva gehört zu den "Lost Boys", rund 20 000 minderjährigen Jungen, die im sudanesischen Bürgerkrieg der 1980er-Jahre in Gruppen durchs Land irrten und sich zu Flüchtlingscamps durchschlugen. Manche fanden in den USA ein Zuhause. Salva kehrte zurück – um Brunnen zu bauen.

Kirsten Boie: Thabo, Detektiv & Gentleman. Der Nashorn-Fall. Roman. Oetinger-Verlag, Hamburg 2016. 304 Seiten, 12,99 Euro. Ab 10.
Linda Sue Park: Der lange Weg zum Wasser. Roman. Aus dem Amerikanischen von André Mumot. Bloomoon-Verlag, München 2016. 128 Seiten, 9,99 Euro. Ab 12.

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