Telefonieren gegen die Angst auf dem Nachhauseweg
FUDDER-INTERVIEW mit Frances Berger, die gemeinsam mit einer Freundin das Heimwegtelefon gegründet hat.
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Egal ob man bis spätäbends in der UB gelernt oder bis nach Mitternacht in der Bar gesessen hat: Viele Frauen fühlen sich nachts alleine auf dem Heimweg unwohl. In diesen Situationen will das "Heimwegtelefon" helfen. Gegründet haben es Frances Berger und Anabell Schuchhardt aus Berlin. Wie der Telefonservice funktioniert erklärt die 31-jährige Frances Berger im Gespräch mit fudder-Mitarbeiterin Michaela Konz.
Berger: Nein, überhaupt nicht. Und das sage ich als jemand, der eigentlich gar nicht so gerne telefoniert. Wir schaffen es immer, ein richtig nettes Gespräch zu führen.
Fudder: Wie läuft das ab, wenn bei Ihnen das Heimwegtelefon klingelt?
Berger: Dann gehe ich ran und melde mich mit "Hallo, hier ist das Heimwegtelefon. Mein Name ist Frances." Mein Gegenüber meldet sich dann meist auch mit dem Vornamen, so wird das Gespräch gleich persönlicher, das mindert die Distanz und schafft Vertrauen. Dann frage ich den Anrufer oder die Anruferin, wo er oder sie sich gerade befindet und wo’s hingehen soll – zu seiner oder ihrer Sicherheit. Damit ein gutes Gespräch entsteht, versuche ich der Anruferin oder dem Anrufer offene Fragen zu stellen, damit sie oder er möglichst viel erzählen kann. Das nimmt die Angst und lenkt ab. Wenn der Anrufer von einem Restaurantbesuch nach Hause läuft, frage ich zum Beispiel, was man dort so essen kann oder wie’s geschmeckt hat. So kommen dann wieder neue Fragen und Themen auf, und wir unterhalten uns, bis die Person an ihrem Zielort angekommen ist.
Fudder: Wie seid ihr auf die Idee für das Heimwegtelefon gekommen?
Berger: Das kam uns während einem Gespräch, bei dem Anabells Handy klingelte, weil sie versehentlich auf eine Taste kam, die einen Anruf simuliert – die Funktion nutzt sie, wenn sie mal nachts alleine nach Hause laufen muss. Ich habe meistens meine Mutter oder meinen Freund angerufen, um das mulmige Gefühl loszuwerden, das ich auf dem Heimweg im Dunkeln immer habe.
Fudder: Dieses mulmige Gefühl kennen vermutlich viele, die nachts allein unterwegs sind.
Berger: Genau das haben wir uns auch gedacht. Anabell erzählte mir dann von einem Projekt der Polizei in Schweden, die haben eine Nummer, bei der man anrufen kann und dann am Telefon nach Hause begleitet wird. Die Idee fanden wir beide toll und haben angefangen zu recherchieren, ob’s so was auch in Deutschland gibt. Leider haben wir nichts gefunden. Deshalb haben wir uns selbst an die Umsetzung gemacht. Das war anfangs echt schwer. Wir mussten überlegen, wie wir das Problem mit der Hotline lösen, da wir uns keine für den Anrufer kostenfreie Hotline leisten können. Dann kamen wir auf die Idee, eine kostenlose Call-Center-Software zu nutzen, die über das Internet läuft. Das haben wir dann ausprobiert – und es funktioniert super.
Fudder: Wovor genau soll das Heimwegtelefon schützen?
Berger: Es kann ja wirklich alles passieren: ein Raubüberfall oder sexuelle Übergriffe. Oft reicht es auch, dumm angemacht zu werden, um bei einer Person ein Gefühl von Angst auszulösen. Das alles wollen wir vermeiden – als eine Begleitung am Telefon, die eventuelle Täter abschreckt.
Fudder: Aktuell kann man das Heimwegtelefon freitags und samstags von 22 bis 2 Uhr nutzen. Wie managt ihr das zeitlich?
Berger: Bisher nehmen hauptsächlich Anabell und ich die Anrufe entgegen. Natürlich haben wir aber auch mal was vor - dann bekommen wir Hilfe von meiner Schwester oder von vier Freundinnen, die auch mal übernehmen.
Fudder: Wird das Heimwegtelefon ausschließlich von Frauen genutzt?
Berger: Tatsächlich rufen uns hauptsächlich Mädchen und Frauen an. Es kam aber auch schon ab und an vor, dass sich Jungs und Männer gemeldet haben. Einige Männer haben auch angerufen, um das Heimwegtelefon für ihre Freundinnen zu testen und zu prüfen, ob die Nummer seriös ist.
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