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Weihnachten

Strategien, damit’s unterm Weihnachtsbaum nicht knallt

Weihnachten ist nicht immer das Fest der Liebe, denn viel Zeit mit der Familie führt auch zu Stress und Streit. fudder hat Expertinnen und Experten um Tipps für fünf mögliche Konflikte gebeten.  

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Die ganze Familie traut um den Tisch versammelt – aber was, wenn nicht für den Vegetarier oder die Veganerin dabei ist? Foto: Deagreez (Adobe Stock)
Es ist fast Weihnachten. Für Studierende heißt das meistens: raus aus der Studentenbude, rein ins kuschelige Wohnzimmer der Eltern. Ganz und gar nicht kuschelig kann es aber sein, wenn alte oder neue Konflikte wieder hochkochen: Wie erklärst du deiner Mutter, dass du den Festbraten dieses Jahr leider verschmähen wirst? Wie kannst du Onkel Otto sagen, dass manche seiner Sprüche rassistisch sind?


Das erste Mal Weihnachten mit dem neuen Partner oder der neuen Partnerin. Nur ist die Familie nicht so begeistert von deiner neuen Liebe, wie du.

Matthias Haug-Bodenmüller ist Familientherapeut in Freiburg:
"Weihnachten basiert auf Ritualen. Die sind verknüpft mit manchmal unterschiedlichen Erwartungen. Wenn ein neuer Partner oder eine neue Partnerin in die Familie kommt, dann müssen alte Weihnachtsrituale in ihrem strengen Ablauf vielleicht in Frage gestellt werden, um dem "Neuen" Raum zu geben. Wenn zwischen den Menschen keine Sympathie entsteht, ist Beweglichkeit gefragt. Hier ist es sicher hilfreich, die Erwartungen des neuen Partners und der Familie abzugleichen: Wie erlebte ich Weihnachten früher? Was ist mir wichtig? Welche Teile der Weihnachtstage will ich zusammen verbringen? Wo gibt es Rückzugsmöglichkeiten oder Zeit zu zweit? Wie kann ein Kompromiss aussehen? Die Rituale um Weihnachten herum müssen neu gebastelt werden, neue Absprachen müssen her.

Für alle gilt es (nicht nur an Weihnachten), die anderen zu respektieren und sich auf sie einzulassen, auch wenn es Kraft kostet. Auch Weihnachten kann nicht immer harmonisch und ohne Konflikte verlaufen. Nächstes Jahr folgt ein neues Weihnachtsfest! Dann vielleicht mit einem neuen, für alle passenden Rahmen."


Du ernährst dich vegetarisch oder vegan – nur leider hat deine Familie das nicht bedacht. Es gibt für dich beim Festmahl nur Beilagen.

Ernst Walter Henrich ist Arzt und gründete die Stiftung ProVegan. Er lebt seit 1996 vegan und ernährt auch seinen Hund so.

"In den meisten Fällen ist es ja eine ethische Entscheidung, sich vegetarisch oder vegan zu ernähren, oder gesundheitliche Gründe spielen eine Rolle. In beiden Fällen stellt sich die Frage: Warum soll ich ausgerechnet über die besinnlichen Feiertage meine ethischen Grundsätze oder meine Gesundheit über Bord werfen? Weihnachten ist ein Fest der Liebe. Gerade unter dem Aspekt erscheint es mir geradezu absurd, ausgerechnet an diesen Feiertagen Grundsätze zu ignorieren, die man an anderen Tagen des Jahres hochhält. Ich würde das freundliche Gespräch und nach Kompromissen suchen. Es gibt für beinah jedes Gericht eine Möglichkeit, das vegan oder vegetarisch umzubauen. Und es gibt auch so viele andere köstliche vegane Speisen! Wenn aber mein Gegenüber so verstockt ist, dass rationale Argumente nicht mehr zugänglich sind, würde ich die Situation so nehmen, wie sie ist. Wenn eine Diskussion nicht möglich ist, würde ich mich wohl mit der Situation abfinden. Im Restaurant ist es ja auch manchmal so, dass es nur wenige Gerichte gibt, die vegan sind. Da macht man dann ja auch kein Drama draus."


Beim festlichen Essen in der Familie fallen rassistische Stammtischsprüche – und du willst am liebsten ausrasten.

Die Amadeu Antonio Stiftung will eine demokratische Zivilgesellschaft stärken, die sich konsequent gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus wendet. Simone Rafael leitet dort die Redaktion von Belltower News.

"Wenn man im Familienumfeld zusammenkommt, heißt das ja meistens, dass man sich mag oder zumindest schätzt. Das bedeutet: Die Chance, bei meinem Gegenüber eine Einstellungsänderung zu erreichen, ist sehr hoch! Ich persönlich muss sagen, dass ich an Heiligabend kein Streitgespräch führen wollen würde, ich würde eine Konfrontation eher auf die Tage danach verlegen. Dann würde ich eine dialogorientierte Strategie einschlagen: Das hier ist immerhin das Fest der Liebe. Also unbedingt sagen: Das geht für mich nicht klar. Gleichzeitig aber deutlich machen, dass es hier um die Einstellung geht und nicht um die Person – ich habe dich lieb, aber es gibt einfach ein paar Punkte, bei denen kann ich nicht mitgehen. Es geht ums Verhandeln, nicht ums Positionieren. Das klappt am besten, wenn man am emotionalen Zustand der Person anschließt. Ein Beispiel: Opa Otto ist Christ. Da kann man fragen: "Wie geht das mit der Nächstenliebe zusammen?" Manchmal ist ein individueller Dreh aber die bessere Idee. Auf die Empathie-Ebene zu gehen, etwa, um Verständnis für die Situation von anderen Gruppen von Menschen zu wecken. "Oma, wie ging es dir, als Krieg herrschte? Tante Frieda, was würdest du machen, wenn deine Kinder von Bomben und Gewalt bedroht würden?" Mein Haupttipp: Freundlich im Ton, strikt in der Sache."


Deine Familie ist nicht damit zufrieden, wie dein Studium läuft.

Wilfried Schumann ist Diplom-Psychologe und Fachmann für Studierendengesundheit.

"Zunächst mal ganz pragmatisch: man kann mit den Eltern besprechen, dass man einen Weihnachtsfrieden schließt: um für die Zeit der Feiertage, wenn man sehr viel intensive Zeit miteinander verbringt, friedlich miteinander umzugehen. Erwachsensein bedeutet Autonomie – das heißt auch, ob meine Eltern eine Entscheidung von mir bejubeln oder schrecklich finden, es darf mir egal sein. Es geht darum, was ich für mich als richtig herausgefunden habe, und dann muss ich es auch aushalten, dass meine Eltern andere Sichtweisen haben. Zwei Argumente können bei einer Auseinandersetzung helfen: Erstens, den Eltern deutlich zu machen, dass eine akademische Ausbildung bedeutet, auf dem Weg in die Selbstständigkeit zu sein und man also auch die Konsequenzen eigener Entscheidungen aushalten muss. Eltern sollten verstehen, dass das Studium ein Training dafür ist, selbstständig zu sein, und dass sie ihren Kindern keinen Gefallen tun, wenn sie ihnen ständig reinpfuschen und ihnen den Weg zum selbstbestimmten Handeln erschweren. Das zweite Argument hat am meisten Charme: die eigenen Eltern mal zu fragen: "Wenn ihr immer das getan hättet, was Opa und Oma wollten – wo würdet ihr dann heute stehen?"


Du machst das Geschenk auf – und es gefällt dir nicht.

Elisabeth Bonneau ist Kommunikationstrainerin und Knigge-Expertin in Freiburg.

"’Wie kommst du auf so eine blöde Idee?’ ’Ich hatte doch genau beschrieben, was ich mir wünsche.’ ’Du leidest wohl an Geschmacksverirrung.’ Nein! Solche Vorwürfe jetzt besser nicht äußern. Besser noch: Erst gar nicht so denken. Denk lieber daran, dass niemand Geld und Zeit investiert, um dich unter dem Weihnachtsbaum mal tüchtig zu ärgern. Im Gegenteil: Dein Liebster, deine Eltern, deine Freunde wollen dir eine Freude machen. Du brauchst ihnen jetzt nicht ins Gesicht zu schleudern, dass sie bei diesem Versuch gescheitert sind. Vielleicht sprecht ihr im Lauf des Jahres mal darüber, wie unterschiedlich doch Geschmäcker sind. Üb dich in Selbstkontrolle. Bedanke dich. Umarmung. Küsschen. Wenn du die Mühe der Wahl wertschätzen kannst, bringst du vielleicht sogar freundliche Worte über die Lippen und sagst ohne ironischen Unterton so etwas wie: ’Wo hast du denn das gefunden?’ oder ’Erklärst du mir bitte noch, wie man das benutzt?’ Tu aber nicht so, als seist du restlos begeistert. Die Gefahr, nächstes Jahr etwas Ähnliches zu bekommen, wäre zu groß."

Mehr zum Thema:

Ressort: Small Talk (fudder) Small Talk

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