Bürgerschaftswahl

SPD gewinnt Hamburg-Wahl – CDU lässt Grüne hinter sich

Die SPD kann doch Wahlen für sich entscheiden, wie sich an der Elbe zeigt. Sie hat bei der Wahl des Koalitionspartners eine Präferenz, ohne eine zweite Option auszuschließen.  

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Tschentscher will mit beiden reden. Foto: Christian Charisius/dpa

Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Die BZ-Redaktion hat diese Meldung nicht redaktionell bearbeitet.

Hamburg (dpa) - Die SPD ist der klare Gewinner der Bürgerschaftswahl in Hamburg. Eine Woche nach ihrer Schlappe bei der Bundestagswahl konnten sich die Sozialdemokraten im Stadtstaat als stärkste Kraft behaupten, wie die Landeswahlleitung nach vereinfachter Auszählung der für die Parteien auf den Landeslisten abgegebenen Stimmen mitteilte. Die CDU verdrängte die Grünen von Platz zwei. Die Linke wurde erstmals zweistellig. Leicht verbessern konnte sich auch die AfD. FDP und BSW verfehlten die Fünf-Prozent-Hürde dagegen deutlich. Die Wahlbeteiligung stieg deutlich auf 67,7 Prozent nach 63,0 Prozent vor fünf Jahren. 

Wie genau ist die Bürgerschaftswahl ausgegangen? 

Allerdings büßten die bisherigen Regierungspartner SPD und Grüne jeweils mehr als fünf Prozentpunkte ein. Die Sozialdemokraten des Ersten Bürgermeisters Peter Tschentscher kamen auf 33,5 Prozent (2020: 39,2). Die Grünen der Zweiten Bürgermeisterin Katharina Fegebank verloren ebenfalls auf 18,5 Prozent nach ihrem Rekordwert von 24,2 Prozent vor fünf Jahren. Die CDU mit Spitzenkandidat Dennis Thering erholte sich dagegen von einer historischen Schlappe, sie steigerte sich auf 19,8 Prozent (11,2). Die Linke erhöhte ihren Stimmenanteil auf 11,2 Prozent (2020: 9,1 Prozent). Die AfD verbesserte sich auf 7,5 Prozent (2020: 5,3 Prozent). Ein vorläufiges amtliches Endergebnis wird erst für Montagabend erwartet.

Wer hat es nicht in die Bürgerschaft geschafft? 

Die FDP scheiterte mit 2,3 Prozent (4,97) wie 2020 klar an der Fünf-Prozent-Hürde. Das ist ein Negativ-Rekord für die Liberalen bei einer Bürgerschaftswahl. Das Bündnis Sahra Wagenknecht war erstmals bei der Bürgerschaftswahl angetreten und schaffte es mit 1,8 Prozent nicht ins Hamburger Rathaus. Beide Parteien hatten eine Woche zuvor auch den Einzug in den Bundestag verpasst. Einen Achtungserfolg erzielte die Europapartei Volt. Sie zog an FDP und BSW vorbei und kam auf 3,3 Prozent. 

Was bedeutet der Wahlausgang für die Regierungsbildung? 

Eine Fortsetzung von Rot-Grün an der Elbe ist die wahrscheinlichste Variante. Tschentscher will zuerst mit den Grünen, dann aber auch mit der CDU sprechen. Er sagte im ZDF-"heute journal": "Ich bin sehr froh, dass wir in Hamburg eben diesen Kurs halten können, dass wir mit einer starken rot-grünen Regierung weiterarbeiten können." Eine große Mehrheit der Hamburgerinnen und Hamburger sei mit der Arbeit von Rot-Grün zufrieden. "Deshalb ist es meine erste Option, diesen Kurs auch fortzuführen." SPD und Grüne hätten zusammen 70 der 121 Sitze. 

Es gebe aber auch schwierige Themen mit den Grünen zu bereden. Tschentscher nannte Verkehrsfragen sowie die Rolle von Sicherheit und Migration in der Stadt. Wenn es nicht gelinge, hier zusammenzukommen, sei eine zweite demokratische Option "nicht so schlecht"

Die Grünen gehen von einer Fortsetzung ihres Bündnisses mit der SPD aus. Fegebank (48) sagte in der ARD zu den von Tschentscher angekündigten Gesprächen, sie nehme den Bürgermeister beim Wort. 

CDU hofft auf Rot-Schwarz 

Aber auch die CDU macht sich Hoffnungen. CDU-Spitzenkandidat Thering (40) erklärte, seine Partei stehe für eine stabile Regierung zur Verfügung. In der ARD fügte er hinzu, er freue sich auf Sondierungsgespräche mit der SPD. Es helfe Hamburg, wenn dort dieselben Partner wie im Bund regieren würden. SPD und CDU kämen voraussichtlich auf 71 der 121 Sitze. 

Mehrheit lehnt Rot-Schwarz ab

Bei den Hamburgerinnen und Hamburgern käme ein solches Bündnis nicht gut an. Laut einer Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen lehnen 52 Prozent der Wahlberechtigten Rot-Schwarz ab. 58 Prozent der Befragten halten eine Koalition aus SPD und Grünen für eine gute Lösung. Die Meinungsforscher stellten ihre Fragen in der Woche vor der Wahl. 

Wahlforscher: Bundespolitik hatte wenig Relevanz

Nach Untersuchungen der Forschungsgruppe Wahlen war für 72 Prozent der Hamburgerinnen und Hamburger trotz der zeitlichen Nähe zur Bundestagswahl die Landespolitik wichtiger für Wahlentscheidung als die Bundespolitik. Die SPD von Tschentscher hätten dort mit "Sachkompetenz, hohem Ansehen und einem überragenden Spitzenkandidaten" gepunktet. Union und AfD hätten im großstädtischen Umfeld "große strukturelle Defizite". Etwa 83 Prozent der Befragten seien zudem der Ansicht, dass die AfD "nicht zu einer weltoffenen Großstadt wie Hamburg" passe. Die Linke konnte hingegen überdurchschnittlich bei jungen Wählern punkten. 

Was bedeutet die Hamburg-Wahl für die Bundespolitik? 

Eine Woche nach der Bundestagswahl ist die Aussagekraft über Hamburg hinaus begrenzt. Im Bundesrat – Hamburg hat hier 3 der 69 Stimmen – ändert sich nichts, sollte es bei Rot-Grün bleiben. Neben Hamburg wird nur noch Niedersachsen von SPD und Grünen regiert. 

Die Hamburger SPD konnte sich vom Bundestrend ein Stück weit abkoppeln und ist im Stadtstaat doppelt so stark wie im neuen Bundestag. SPD-Chef Lars Klingbeil hob das geräuschlose Regieren von SPD und Grünen ohne Streit hervor. In den ARD-"Tagesthemen" sagte er: "Das honorieren die Wählerinnen und Wähler." Bundeskanzler Olaf Scholz – Tschentschers Vorgänger im Hamburger Rathaus – gratulierte via X dem Wahlgewinner. 

Tweet: https://x.com/olafscholz/status/1896268076154573127?s=46

CDU, Linke und AfD freuen sich über Stimmenzuwachs auch auf Landesebene. "Das Comeback geht weiter", sagte Linken-Bundeschef Jan van Aken. AfD-Chef Tino Chrupalla sprach einerseits von einem "Riesenerfolg". Er räumte in der ARD zugleich schwierige Verhältnisse für seine Partei in Hamburg ein. 

Sollten Union und SPD im Bund zu einer Koalition zusammenkommen, müssen sie bis weit ins kommende Jahr keine Rücksicht mehr auf Landtagswahlen nehmen. 2026 folgen Landtagswahlen in fünf Bundesländern mit zusammen rund 23 Millionen Einwohnern, und zwar in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt gewählt, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern. Am Montag sollen die Sondierungen zwischen Union und SPD auf Bundesebene weitergehen.

© dpa‍-infocom, dpa:250302‍-930‍-390981/12

Schlagworte: Peter Tschentscher, Dennis Thering, Katharina Fegebank
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