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Arrivederci Arschgeweih!

So funktioniert Tattoo-Entfernung mit dem Laser

Wenn ein Tattoo nicht mehr gefällt, kann man es übertätowieren lassen – oder mit dem Laser entfernen. Wie das funktioniert erklärt Hans Bayer von der Hautklinik der Uniklinik Freiburg im BZ-Interview.  

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Der Laser erkennt die Tattoofarbe und die im Laserstrahl gebündelte Energie sprengt die in der Haut liegenden Farbkapseln auf. Foto: Thomas Kunz

Ein Freitagmorgen, kurz nach zehn Uhr. Xhuljeta Penelli ist nach Herdern in die Hautklinik der Freiburger Uniklinik gekommen. Der Buchstabe K, den sie sich auf Oberarm und Ringfinger hat tätowieren lassen, soll weg. Es steht für den Namen ihres ehemaligen Mannes. "Um die Erinnerung an ihn zu löschen, nehme ich die Schmerzen in Kauf", sagt die 56-Jährige. Oberarzt Hans Bayer lächelt. Er weiß: Frauen sind bei der Tattoo-Entfernung tapferer. Bayer verteilt Schutzbrillen, dann startet er mit der Laser-Behandlung. Michael Gilg hat sich mit ihm unterhalten.

BZ: Herr Bayer, das Entfernen von Tätowierungen ist schmerzhaft und kostspielig. Die beiden Tattoos von Frau Penelli sind in etwa fingernagelgroß. Wie viel wird die Entfernung kosten?
Bayer: Ich rechne mit maximal fünf Sitzungen, da die Tattoos nicht professionell gestochen wurden. Eine Sitzung kostet zwischen 80 und 200 Euro, je nach Größe des Tattoos und dem damit einhergehenden Zeitaufwand. Billig, das ist klar, ist eine Entfernung also nicht. Die dabei entstehenden Schmerzen vergleichen die Patienten mit denen des Stechens.

BZ: Wie lange dauert eine Sitzung?
Bayer: Mit dem Laser kann ich eine halbe Stunde am Stück arbeiten, dann braucht er eine Pause – sonst läuft er heiß. Die Dauer der Behandlung richtet sich aber nach der individuellen Schmerztoleranz eines Patienten. Frauen sind da deutlich härter im Nehmen als Männer. Beim Laser kann die Energie eingestellt werden, mit der man gewissermaßen auf das Tattoo feuert. Und bei Männern, die etwa die Hälfte meiner Patienten ausmachen, muss ich mit der Energie niedriger bleiben, weil sie die Schmerzen sonst nicht aushalten.

BZ: Wie funktioniert die Tattoo-Entfernung per Laser?
Bayer: Der Laser arbeitet nach dem Prinzip der selektiven Photothermolyse. Er ist "blind" für die Haut, schädigt also nicht das normale Gewebe. Der Laser erkennt die Tattoofarbe und die im Laserstrahl gebündelte Energie sprengt die in der Haut liegenden Farbkapseln auf. Ein schwarzes Tattoo ist daher am einfachsten zu entfernen, da diese Farbe die meiste Energie absorbiert. Farben sind prinzipiell schwieriger zu entfernen. Und so richtig schwierig wird es bei Gelb- und Grüntönen.

BZ: Welche Nebenwirkungen hat eine Tattoo-Entfernung?
Bayer: Es kann zu Krusten- und, im Extremfall, Narbenbildung kommen. Aber prinzipiell können Tattoos ohne sichtbare Rückstände entfernt werden.

BZ: Raten Sie mitunter auch von einer Entfernung ab?
Bayer: Ja, gerade bei Tattoos, bei denen eine vollständige Entfernung nicht möglich ist. Etwa bei einem Tattoo, das nur aus einer großen schwarzen Fläche besteht. Da mache ich meinen Patienten keine falsche Hoffnung und rate wegen der hohen Kosten von einer Laserbehandlung ab.

BZ: Interessieren Sie sich für die Geschichte hinter den Tattoos, die Sie entfernen?
Bayer: Klar, darüber spreche ich natürlich mit meinen Patienten. Die Gründe für eine Tattoo-Entfernung ähneln einander: der Name des Ex-Partners soll verschwinden oder der modische Geschmack ändert sich und ein Tattoo ist "out", weswegen das verhasste "Steißgeweih" auch ein Klassiker bei der Tattoo-Entfernung ist.

BZ: Was war das krasseste Tattoo, das Sie entfernt haben?
Bayer: Politisch motivierte Tattoomotive, insbesondere Hakenkreuze und ähnliches aus der rechtsradikalen Szene, zählen zu den heftigsten Eingriffen.

BZ: Reagieren Sie auf Patienten mit solchen Tätowierungen anders?
Bayer: Ich versuche, professionell damit umzugehen. Aber klar, ein mulmiges Gefühl ist am Anfang immer dabei. Aber wenn jemand aus der rechtsradikalen Szene aussteigt und deswegen auch keine äußerlich sichtbaren Zeichen mehr tragen möchte, dann finde ich das sehr unterstützenswert.

BZ: Gibt es Qualitätsstandards für Tätowierfarben?
Bayer: Es existiert sowohl eine Meldepflicht für Tattoofarben beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit und eine EU-Richtlinie für Tattoofarben. Es gibt aber leider immer wieder Hersteller, die sich über diese Richtlinien hinwegsetzen. Gerade die Farbe Rot ist oft in der Diskussion, toxische Inhaltsstoffe zu enthalten. Allergische Reaktionen des Körpers auf Tattoofarben kommen vor allem bei der Farbe Rot vor. Das ist allerdings eine sehr schwerwiegende Nebenwirkung: Denn die Farbe ist im Körper, der Hautarzt kann aber nur von außen entzündungshemmend wirken. Im Extremfall muss ein solches Tattoo dann operativ entfernt und Haut verpflanzt werden.

BZ: Gibt es neben dem Laser und dem Herausschneiden noch andere Entfernungsmöglichkeiten?
Bayer: Heute wird eigentlich jedes Tattoo per Laser entfernt. Man kann ein Tattoo auch mittels einer Diamantfräse abschleifen. Das führt allerdings nur zu einem Abblassen der Tätowierung, und die Gefahr der Narbenbildung ist groß. Das Herausschneiden ist sehr drastisch, das macht man eigentlich nur noch bei einer extremen allergischen Reaktion.

BZ: Was halten Sie von einer Entfernung in einem Tattoo-Studio?
Bayer: Davon würde ich eher abraten. Den Laser zu bedienen, ist einfach. Aber wenn etwas Unvorhergesehenes passiert, wenn es etwa zu einer Blasenbildung kommt, dann sollte ein Arzt dabei sein. Ich sehe bei uns in der Klinik häufiger Patienten, die sich beispielsweise in einem Kosmetikstudio Haare haben entfernen lassen und dann mit Verbrennungen zu uns kommen.

BZ: Früher waren Tattoos eher etwas für Seefahrer, Knastinsassen oder Gangs. Mittlerweile ist in Deutschland etwa jeder Zehnte tätowiert, Männer häufiger als Frauen. Geht dieser Trend weiter?
Bayer: An ein Abflauen von Tätowierungen glaube ich jedenfalls nicht. Ich denke eher, dass sich die Zahlen auf diesem hohen Wert einpendeln. In der westlichen Gesellschaft sind zwischen zehn und 20 Prozent der Menschen tätowiert. Ein Tattoo ist heute zu einem Lifestyle-Accessoire geworden, das man gerne zur Schau trägt.

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Ressort: fudder

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