Kino
Seine erste Hauptrolle im Film: "Draußen in meinem Kopf" mit Samuel Koch
Samuel Koch aus Efringen-Kirchen kommt in die Kinos: Der jungen Mann, der 2010 bei "Wetten, dass..." schwer verunglückte, spielt in "Draußen in meinem Kopf" seine erste Filmhauptrolle.
Mo, 23. Apr 2018, 19:17 Uhr
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Wer ihn am Staatstheater Darmstadt als Prinz Friedrich von Homburg oder Faust sah, in Kafkas "Bericht für eine Akademie" oder Molières "Menschenfeind", weiß es längst, jetzt kommt er mit seiner ersten Hauptrolle ins Kino. "Draußen in meinem Kopf", das beim Filmfestival Max Ophüls mit dem Preis der Jugendjury ausgezeichnete Spielfilmdebüt der Hamburgerin Eibe Maleen Krebs, ist ein subtiles Drama über Leben im Angesicht des Todes und Schmerz im Angesicht des Lebens, aufwühlend und beglückend.
Sven ist Ende 20, hat seit seiner Kindheit Muskeldystrophie, kann nur noch den Kopf bewegen und muss mit einer Sauerstoffmaske schlafen (Koch bekam die Rolle nach Auskunft der Regisseurin übrigens nach einem offenen Casting und nicht etwa, weil er selbst gelähmt ist). Sein Zimmer auf einer Pflegestation ist sein Kosmos und der Computer, den er mit dem Mund bedient, sein Tor zur Welt. Die Musik von Bach aber öffnet sein Herz. Und die hübsche junge Pflegerin Louisa (Eva Nürnberg), die ihm ihr Lächeln schenkt, aber leider nicht ihre Liebe.
Dafür verguckt sie sich in Neuzugang Christian (Nils Hohenhövel), der auf der Station sein freiwilliges soziales Jahr ableistet und von Sven erst einmal schwer irritiert ist. Zu eigenwillig dieser Patient, zu abgründig sein Wunsch, nackt unter einer Mülltüte aus Plastik zu liegen, zu morbid die Musik, die er in voller Lautstärke hört. "Komm süßer Tod" aus der Matthäus-Passion ist Svens Seelenklang, ein Mantra freilich ohne die Sehnsucht nach der Heimkehr zu Gott, die Bach bewegte.
Wie der kindliche FSJ-ler und der bei aller Jugend vergleichsweise uralte Kranke zaghaft miteinander vertraut werden, das ist großes Schauspielerkino. Hohenhövels Christian lässt die Augen leuchten im Bemühen, Svens Leben heller zu machen – und verdunkeln in Enttäuschung, Kränkung und Trauer. Etwa wenn er mit seinen liebevollen Anstrengungen auf Granit beißt. Oder als er Sven von glücklosen Erfahrungen mit Mädchen erzählt und der nichts besseres zu tun hat, als ihn vor Louisa als Schlappschwanz zu verhöhnen. Und schließlich, als er erfährt, dass Sven nicht mehr lange zu leben hat.
Koch aber gestaltet seine Figur ohnehin ganz aus dem Gesicht heraus, eine fein gestimmte Klaviatur, auf der er kleinste Gefühlsregungen in wunderbarer Klarheit anspielen kann, ohne jeden Misston, ohne jede Übersteuerung. Wenn Sven in ernster Offenheit Bachs Geistliches Lied BWV 439 – "und wenn ich zu Staube werde, so zerstäubt mein Weh und Ach" – zitiert, dann scheint da natürlich auch der Mann des Wortes auf, der Samuel Koch mit seinem Faible für klassisches Theater ist. Und der obendrein die Lebensmüdigkeit aus der eigenen Biografie kennt – was den Sätzen umso berührendere Wucht verleiht. Auch Svens Ironie und sein sarkastischer Humor sind Koch selbst, wie Fernsehzuschauer aus etlichen Interviews wissen, nicht fremd…
Ein Todgeweihter und sein Pfleger werden nach anfänglichen Schwierigkeiten vorsichtig Freunde: Das ist ja nicht neu im Kino. Wo ansonsten aber in einem munteren Roadmovie Leben, Lieben und Lachen gefeiert werden und der Patient es noch mal so richtig krachen lässt, ehe der Vorhang sich für immer schließt, zeigt Krebs ein Kammerspiel am Krankenbett. Wobei das enge Pflegezimmer von Kamerafrau Judith Kaufmann ("Vier Minuten", "Freistatt", "Elser") so inszeniert und ausgeleuchtet wird, dass der Zuschauer die Wände beinahe weichen sieht und das weite "Draußen" in Svens Kopf ahnt.
Auch Christian begreift langsam diese Welt. Dass Svens Lust, Plastik zu spüren auf der Haut, nicht pervers ist. Seine Todessehnsucht nicht dekadent. Und sein Verhalten nicht herablassend. Sondern Neid und Leid angesichts des Lebens, das ihm verwehrt ist.
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