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Sein Kickschuh ist der Controller

Amin Ben Said aus Rheinfelden-Herten will Fußball-Weltmeister werden – nicht auf dem Rasen, sondern am PC.  

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Der geht rein, Schweini! Szene aus der WM-Auflage des Fußball-Spiels FIFA 10. Foto: Electronic Arts

Amin Ben Said ist 22 Jahre und Fußballprofi. Sein Training absolviert er von zu Hause aus. Mit seinem Team kommuniziert er meist nur über ein Headset. Sein wichtigstes Sportgerät ist nicht der Ball, sondern sein Controller. Und seine bevorstehende Fußball-WM wird weder in Südafrika, noch auf Rasen ausgetragen.

Der 22-jährige Student aus Rheinfelden-Herten ist E-Sportler. Seine Fußballspiele trägt er am Computer aus. Amins liebste Spiele sind die aus der FIFA-Football-Reihe, seit 1995 erscheint jedes Jahr eine neue Auflage. "Angefangen habe ich mit FIFA 98 auf meinem Nintendo 64. Aber schon bald habe ich alle meine Kumpels weggehauen und daher nach einer neuen Herausforderung gesucht. Über einen Bekannten bin ich schließlich 2004 zur Electronic Sports League (ESL) gekommen. Dort habe ich anfangs als Einzelspieler online gegen andere gespielt und auch gleich gewonnen", erzählt Amin.

Die Electronic Sports League wurde 2000 ins Leben gerufen. Mit ihr wurde für den E-Sport in Deutschland eine professionelle Basis geschaffen. Ein Fußballspiel dauert auf dem virtuellen Rasen lediglich zwei Mal sechs Minuten. Dabei werden die zehn Mannschaftsfiguren, ausgenommen ist der Torwart, von einer Person über den Controller gesteuert.

Wenn die reale Fußball-WM zu Ende geht, startet Amin bei der virtuellen WM durch.

2004 wurde er Schweizer Meister, 2005 gewann er die Europameisterschaft bei der CeBIT in Hannover – und bekam 5000 Euro Preisgeld. "Da ändert sich dein Leben natürlich schlagartig. Wenn du vorher gerade einmal zehn Euro Taschengeld im Monat bekommen hast und plötzlich, mit 17 Jahren, so viel Geld gewinnst." Nach seinem EM-Erfolg wurde Amin vom Team mTw.Mindfactory in der ESL gefragt, ob er nicht für sie spielen wolle. Wie im richtigen Profi-Fußballerleben musste sich Amin Ben Said in virtuellen Testspielen beweisen, bis er schließlich einen Vertrag erhielt.

"Das erste Jahr in der ESL war mein bestes und erfolgreichstes", sagt der virtuelle Profifußballer stolz. "Heute bin ich schon im Rentenalter der E-Sportler. Es kommen jüngere, motivierte Spieler nach, die vor allem viel mehr Zeit zum Trainieren haben." Tatsächlich liegt das Durchschnittsalter in der ESL bei 19 Jahren. Als Schüler übte Amin täglich bis zu drei Stunden an seinem PC. Er trainierte Koordination, Taktik und Fingerfertigkeit. "Seit ich aber studiere, habe ich nicht mehr so viel Zeit. Ich komme nicht mehr dazu, regelmäßig zu spielen."

Auch im richtigen Leben bleibt Amin kaum mehr Zeit zum Kicken. Lange war er beim SV Herten. Doch seit seinem Umzug nach Stuttgart und dem zeitraubenden Bachelor-Studium hat er seine Kickschuhe weggepackt. "Wenn ich etwas mache, dann richtig. Und das war mir leider nicht mehr möglich." Sein Controller, mit dem er die Fußballmännchen bewegt, liegt dagegen immer griffbereit.

Amin ist ein Wettbewerbstyp. In der ESL spielte er sich in Rekordzeit an die Spitze. "Wer ein Hobby sucht, kann in den unteren Ligen einfach nur Spaß haben", sagt Christian Brand, PR-Manager von Turtle Entertainment, deren Hauptprodukt die ESL darstellt. "Wenn man jedoch den Wettbewerbsgedanken verfolgt und in die höheren Ligen aufsteigt, wird die Struktur wesentlich professioneller." Die so genannte ESL Pro Series ist die höchste von insgesamt drei Ligen. Das Konzept ist hier vergleichbar mit dem der Fußball-Bundesliga. Gespielt wird in 16 Teams um den Meistertitel. "Von den insgesamt 2 500 000 registrierten E-Sportlern kommen jedoch gerade einmal ein Prozent in diese Profiliga", sagt Brand.

Amin zählt zu diesem Prozent. Bereits drei Mal wurde er mit seinem Team deutscher Meister. Die ESL gibt dabei während einer Saison (sechs Monate) die festen Spieltage (insgesamt 15) bekannt. "Wenn man bei einem Spiel mal keine Zeit haben sollte, hat man insgesamt drei Wildcards, um das Spiel eventuell zu verschieben. Aber für solch einen Fall gibt es auch immer fünf Spieler in einem Team, obwohl letztlich nur drei gegen drei gespielt wird. Da kann also notfalls auch immer jemand einspringen."

Neben den Online-Spielen gibt es in der ESL Pro Series auch die Intel Friday Night Games. "Sie sind ein Kernstück der ESL. Hier werden die Topspiele immer an einem Freitag in ausgesuchten Locations bundesweit präsentiert. Wie bei einem richtigen Fußballspiel kommen hier bis zu 2000 Fans, um den Profis live beim Spielen zuzuschauen", erklärt Christian Brand. "Das Finale dieser Liga dauert schließlich zwei Tage und auf den Gewinner warten 130 000 Euro Preisgeld."

Das Finale haben Amin und sein Team dieses Mal leider nicht erreicht. "Die Saison ist für uns ziemlich schlecht gelaufen. Wir sind aktuell auf dem 14. Platz und müssen am 19. Juni zum Relegationsspiel nach Köln." Auch wenn dieser Anlass kein schöner ist, normalerweise liebt Amin die Offline-Spiele. "Hier sind die Bedingungen für jeden Spieler gleich. Beim Online-Spielen hat eventuell einer eine bessere Internetverbindung oder einfach die bessere Hardware." Sein bisher spannendstes Offline-Spiel war das EM-Finale vor fünf Jahren. "Als ich auf der Bühne saß und die vielen Menschen um mich herum gesehen habe, da haben mir doch sehr die Hände gezittert."

Heute tun sie das nicht mehr. Amin weiß, was er kann. Und auch, wenn er mit seinem Team auf eine schlechte Saison zurückblickt, steht ihm als Einzelspieler noch das wichtigste Ereignis bevor. Wenn die Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika endet, kann Amin Ben Said bei der virtuellen WM starten. "Bei den World Cyber Games kämpfe ich vom 9. bis zum 11. Juli unter den besten 16 Spielern um eines von insgesamt drei Tickets zur WM in Los Angeles."

Ressort: Neues für Schüler

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