USA
New Yorker Musiker spielt für Obdachlose Gitarre
Der New Yorker Chris Leamy spielt in seiner Freizeit für Obdachlose Gitarre. Das hat ihm nicht nur eine Menge Respekt eingebracht, sondern auch einen Plattenvertrag.
Stephanie Ott
Mo, 7. Nov 2016, 0:00 Uhr
Panorama
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Hassan Ali, 50, lebt seit zwei Jahren auf der Straße. Musiker Chris Leamy ist jedoch keinesfalls obdachlos, wie man auf den ersten Blick denken könnte. Der 29-Jährige arbeitet tagsüber als Börsenhändler in New York und hat es sich zu seiner Lebensaufgabe gemacht, den Ruf von Obdachlosen zu verbessern.
Ali, Vater zweier Kinder, hat Hepatitis C. Sein neunjähriger Sohn lebt in New Jersey mit seiner Mutter. Einmal pro Woche kratzt Ali genug Geld zusammen, um ihn zu besuchen. Sein zweiter Sohn ist erwachsen und lebt nördlich von New York. Vor zwei Jahren verlor Ali seinen Bruder, ein herber Schlag für ihn. Durch einen Unfall wurde er arbeitsunfähig und konnte selbst kleine Gelegenheitsjobs nicht mehr ausführen. "Ich bin hier fern von meiner Familie und keiner beachtet mich", sagt er. "Doch Chris ist anders."
"Menschen, die auf der Straße leben, fühlen sich vergessen", sagt Musiker Leamy. "Die Leute laufen einfach an ihnen vorbei, ohne sie zu beachten. Vor zwei Jahren habe auch ich nicht zweimal über Obdachlose nachgedacht." Doch eine Nacht im März 2015 veränderte sein Leben. Leamy war auf dem Heimweg von einer Musik-Session in Brooklyn, als eine obdachlose Frau auf seine Gitarre deutete und sagte: "Es wäre einfacher, wenn ich ein Talent wie Musikspielen hätte, um etwas mehr Geld bekommen zu können."
Leamy begann, obdachlose New Yorker anzusprechen, ob er neben ihnen ein paar Lieder spielen kann. Die Menschen, die er dabei trifft, stellt er auf Instagram vor und erzählt dort ihre Lebensgeschichten. Das sorgte rasch für Aufmerksamkeit, sogar ein Musiklabel wurde auf ihn aufmerksam und nahm ihn unter Vertrag. "American Man" heißt Leamys erstes Album. Im vergangenen Jahr startete Leamy, der schon seit seinem 13. Lebensjahr Musik macht, eine Online-Spendenkampagne für Obdachlose und sammelte innerhalb von einem Monat mehr als 4000 Dollar (etwa 3600 Euro).
Obdachlose gehören zum alltäglichen Stadtbild New Yorks. Sie schlafen in U-Bahn-Zügen, Parks, auf Gehwegen und in Bahnhöfen. Derzeit gibt es so viele Obdachlose in New York wie seit der Wirtschaftskrise der 1930er Jahre nicht mehr. Auf mehr als 60 000 schätzt der Verband "Coalition for the Homeless" die Zahl, davon fast 24 000 Kinder. Die Dunkelziffer könnte noch weit darüber liegen.
Leamy hat bislang rund 100 Obdachlose in New York kennengelernt. Einer davon, Miguel Correa, hat es geschafft – er hat nun einen Job und eine kleine Wohnung. "New Yorker sind taffe Menschen, alle haben so viel zu tun", sagt Leamy. "Wenn ich es schaffe, dass sie stehen bleiben und meiner Musik zuhören, ist das ein Erfolg für mich. Ein noch größerer Erfolg ist es aber, wenn ich durch meine Musik Klischees über Obdachlose abschaffen kann und damit bewirke, dass Passanten einen Schritt auf Obdachlose zugehen." Bis heute spielt Leamy mindestens einmal die Woche auf der Straße. Seine Spenden gibt er immer den Obdachlosen.
"Ich denke nicht über die Politik rund um Obdachlosigkeit nach", sagt der Musiker. "Mir geht es um kleine zwischenmenschliche Gesten. Ein Gruß von einem Passanten kann den Tag eines Obdachlosen aufhellen. Ich versuche nicht, Berge zu versetzen, sondern möchte zeigen, was für eindrucksvolle Menschen das sind."
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