Kommunalwahlen
Schluchsee schafft unechte Teilortswahl ab
Die unechte Teilortswahl wird in Schluchsee abgeschafft. Noch in der vergangenen Woche hatte sich der Ortschaftsrat Blasiwald vehement für eine Beibehaltung ausgesprochen.
Mi, 26. Mär 2025, 18:30 Uhr
Schluchsee
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen

Die Verwaltung wird jetzt die Hauptsatzung entsprechend ändern. Dann dürfen sich die beiden Ortschaftsräte in Blasiwald und Schönenbach dazu äußern. Danach beschließt der Gemeinderat die geänderte Hauptsatzung ohne unechte Teilortswahl, die bisher den Ortsteilen Sitze im Gemeinderat garantierte.
Groß war die Zuhörerschar bei der Abstimmung: 50, vorwiegend aus Blasiwald und Schönenbach, aber auch einige Schluchseer waren gekommen. Auch Marisa Kern-Schlatter, die aufgrund der unechten Teilortswahl bei der Kommunalwahl 2024 trotz stattlicher Stimmenzahl nicht in den Rat kam. Die Zuhörer kommentierten Aussagen und Argumente für die Beibehaltung der garantierten Sitze mit kräftigem Applaus. Je mehr es Richtung Abstimmung rückte, es also klar wurde, die Mehrzahl der Räte hat sich dagegen positioniert, umso unruhiger wurde es bei den Zuhörern. Bei der Abstimmung herrschte Stille, viele Gesichter waren versteinert.
Bürgermeister Jürgen Kaiser hatte zu Beginn der Aussprache gesagt, für ihn spiele es keine Rolle, ob es eine unechte Teilortswahl gebe oder nicht. Er habe so oder so zwölf Räte. Hauptamtsleiter Stefan Roth zeigte den Räten und Zuhörern verschiedene mögliche Wahlausgänge auf und erläuterte dazu das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim: Demnach ist eine Über- oder Unterrepräsentation im Verhältnis zur Bevölkerung bis zu 20 Prozent tragbar. Aufgrund dieses Urteils sei das Wahlergebnis mit der unechten Teilortswahl auf dem Klageweg angreifbar – dieses Urteil schwebe über jedem Ergebnis, so Stefan Roth.
Roth ging auch auf das Auszählverfahren nach Sainte-Laguë/Schepers ein, wer mit unechter Teilortswahl oder im Mehrheitswahlverfahren mit den 2024er-Wählerstimmen im Gemeinderat gekommen wäre, und informierte über Überhang- und Ausgleichsmandate. Da bei der Auszählung ein Computer die komplexen Berechnungen tätige, gebe es keinen Zeitvorteil – einerlei, welcher Wahlmodus zur Anwendung komme, erklärte Roth. Fehlerquellen beim Wähler seien im Kumulieren und Panaschieren begründet.
Sigurd Kohls (SPD) fand: "Jeder Gemeinderat vertritt die Interessen der Gesamtgemeinde, ist Ansprechpartner für alle Ortsteile. Ich bin für die Aufhebung." Er schlug eine Patenschaft für Ortsteile vor, dass die Ortsteileinwohner einen festen Ansprechpartner haben. Rainer Lebtig (CDU) sagte: "Es ist richtig und wichtig, dass die Ortsteile im Gemeinderat vertreten sind. Doch ich sehe auch, was die unechte Teilortswahl für Stilblüten bringt, Kandidaten trotz hoher Wählerstimmenzahl nicht in den Rat gekommen sind. Das ist ein Dilemma des Systems." Uwe Frommherz (SPD) griff die schwierige Kandidatensuche in den Ortsteilen auf, wo interessierte Kandidaten aufgrund des Gegenkandidaten absagten – da habe er sich gefragt, wer wählt da, wenn es keine Auswahl gibt. "Das ist nicht mein demokratisches Verständnis, das hat mich nachdenklich gemacht. Auch ist jeder Rat der Gesamtgemeinde verpflichtet", sagte er. "Es ist auch meine Aufgabe als Gemeinderat, die Gemeinde freizuhalten von Klagen, dass sie nicht angreifbar ist. Daher bin ich für die Abschaffung." Franziska Dörflinger (SPD) meinte, für sie sei ein ausschlaggebend, dass das Wahlergebnis juristisch angreifbar sei. Sie mache keine Grenze um ihren Teilort Aha, sie könne eine junge Mutter aus Aeule vertreten ebenso wie einen Landwirt aus Faulenfürst.
Daniel Gampp (CDU) wollte die Nähe zu den Ortsteilen mit einem garantierten Sitz nicht verlieren. "Die Ortsteile gehören vertreten durch einen eigenen Gemeinderat", sagte Jörg Isele (CDU). Ohne garantierten Sitz, befürchte er, dass die Ortsteile mangels Bekanntheitsgrad ihrer Kandidaten in der Gesamtgemeinde, nicht ausreichend Stimmen erhalten. Dem schloss sich Florian Fechtig (CDU) an. Udo Booz (CDU) war für die Abschaffung, damit der Wähler eine Wahl habe und der demokratische Wille sich im Gemeinderat wiederfinde, die Ortsvorsteher brächten doch die Belange der Ortsteile als beratende Mitglieder ins Gremium ein. Eine Abschaffung, so Stefan Zumkeller, sehe er für die Ortsteile nicht negativ, sie hätten gute Chancen mit einer eigenen Liste. Rudolf Isele (CDU) schlug die Abschaffung als einen neuen Weg vor mit weniger Bürokratisierung und weg von fragwürdiger Demokratie. Er sei für Rechtssicherheit, sagte Erwin Modispacher (Freie Wähler), auch wünsche er sich mehr Listen.
Die beiden Ortsvorsteher Henrik Schuler (Bürgerliste Schönenbach) und Christoph Kaiser (Bürgerliste Blasiwald) plädierten für die garantierten Ortsteilgemeinderatssitze mit den Argumenten, dass beide Ortsteile weit weg vom Hauptort lägen und es Ansprechpartner für die Einwohner vor Ort brauche – dass das erhalten bleibe, sei Demokratie. Auch die Ortschaftsräte argumentierten dafür. Am Ende vergeblich.