"Schach mit Marie-Luise Kaschnitz"

ZISCHUP-INTERVIEW mit Manfred Schmelzer über seine Kindheit im Schloss Bollschweil und die spätere Gründung seiner Firma.  

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Manfred Schmelzer (zweiter von rechts) mit seinen Geschwistern vor dem Schloss von Bollschweil Foto: privat

Manfred Schmelzer ist als Sohn eines Gärtners im Schloss von Bollschweil aufgewachsen. Er hat sogar schon Schach mit der Schriftstellerin Marie-Luise Kaschnitz gespielt, die eine geborene Freiin von Holzing-Berstett ist. Der Familie Holzing-Berstett gehört auch das Schloss. Manfred Schmelzer ist der Großvater von Zischup-Reporter Lukas Fritz, der in die Klasse NWA 8 der Freien Christlichen Schule Freiburg geht.

Zischup: Opa, wann und wo wurdest du geboren, und wie bist du aufgewachsen?
Schmelzer: Ich bin am 26. Mai 1940 im Loretto-Krankenhaus in Freiburg geboren. Aufgewachsen bin ich in einem Schloss in Bollschweil. Ich war das jüngste von fünf Geschwistern und mein Vater, Heinrich Schmelzer, war der Gärtner und Gutsverwalter bei der Familie Holzig von Berstett. Meine Mutter, Luise Schmelzer, geborene Leimenstoll aus Nimburg, arbeitete als Köchin im Schloss.
Zischup: Der Zweite Weltkrieg war ja von 1939 bis 1945, was hast du als Kind eigentlich davon miterlebt?
Schmelzer: Als Kind habe ich miterlebt, dass im Schloss damals Soldaten mit einer Wetterstation waren. Im Frühjahr 1945 kamen die Flieger, und sie haben das Schloss beschossen. Im Parkettboden des Schlosses steckten die Geschosse. Auch habe ich den Angriff auf Freiburg miterlebt. Wir mussten in den Schutzkeller, und als wir aus dem Schutzkeller kamen, sahen wir den roten Feuerhimmel hinter dem Schlossberg. Die Alliierten, genauer gesagt die Franzosen, kamen zum Kriegsende von Ehrenstetten zu uns. Und wir haben alle gerufen: Die Franzosen kommen! Sie sind mit Panzern nach Bollschweil gefahren. Marie-Luise Kaschnitz hat damals mit einem französischen Offizier verhandelt und sich geeinigt, dass das Schloss nicht betreten und nicht ausgeraubt werden darf. Deshalb ging es uns im Vergleich zu vielen anderen relativ gut. Das Schloss war nämlich mit seiner Gärtnerei auch ein Versorgerbetrieb für die Mensa und die Uni-Klinik Freiburg.
Zischup: Musste jemand aus deiner Familie auch in den Krieg ziehen?
Schmelzer:
Mein Vater war ein halbes Jahr im Krieg im Sudetenland in Tschechien. Er wurde dann aber wegen der Gärtnerei als unabkömmlich eingestuft. 1945 wurde mein ältester Bruder Heinrich mit 16 Jahren kurzfristig eingezogen, aber da war der Krieg ja vorbei und er durfte wieder gehen.
Zischup: Hatte der Krieg Auswirkungen auf dich und deine Familie?
Schmelzer: Ja, wir mussten einen Zaun um die Gärtnerei bauen, weil jeder nach dem Krieg Jungpflanzen kaufen wollte. Hunderte von Leuten standen Schlange, weil sie Essen brauchten. Mit dem Zaun musste sich die Gärtnerei gegen Diebstahl schützen. Im Schloss selbst waren außerdem auch viele Offiziersfamilien anwesend, die versorgt werden mussten. Marie-Luise Kaschnitz und ihr Mann Guido Kaschnitz haben als Kind auch auf mich aufgepasst.
Zischup: Opa, wann hast du als Kind angefangen, Fußball zu spielen, und wie lange hast du Fußball gespielt?
Schmelzer: Ich habe erst mit 15 Jahren angefangen, Fußball zu spielen, und habe bis 22 in Freiburg und in Bollschweil aktiv gespielt. Als weiteres Hobby habe ich auch im Schloss Tischtennis gespielt. Meinem Vater und Marie-Luise Kaschnitz habe ich immer beim Schach zugeschaut, und die beiden haben es mir erklärt, bis ich es auch konnte. Ein paar Wochen später war ich so gut, dass ich meinen Vater und auch Marie-Luise Kaschnitz besiegen konnte. Später bekam ich das teure Schachbrett, das ich mir nie hätte leisten können.
Zischup: Wie war deine Schulzeit und wo bist du in die Schule gegangen?
Schmelzer: In der Grundschule war ich in Bollschweil, dort hat es mir nicht so viel Spaß gemacht, weil meine Eltern leider nicht so viel Zeit für mich hatten und ich alles selber lernen musste. Außerdem habe ich in der Grundschule noch mit dem Stock Schläge auf die Finger bekommen. Nach der Grundschule kam ich nach Freiburg in die fünfte Klasse der Waldorfschule, in der ich bis zur neunten Klasse blieb. Das hat mir mehr Spaß gemacht. Freiburg war damals aber ziemlich zerstört vom Krieg.
Zischup: Wie ging es nach der Schulzeit für dich weiter?
Schmelzer: Nach der Schule wollte mein Vater, dass ich zum Wasserwirtschaftsamt gehe, aber das wollte ich nicht. Dann habe ich ein halbes Jahr lang in der Gärtnerei gearbeitet, und dann kam ein Fußballfreund und sagte, es sei eine Stelle frei als Feinmechaniker an der Universität in Freiburg. Mit 16 Jahren habe ich mich dann alleine, ohne Hilfe von den Eltern, beworben und auf Anhieb die Lehrstelle bekommen. Mein Vater unterstütze es allerdings zunächst überhaupt nicht und wollte meinen Lehrvertrag nicht unterschreiben.
Zischup: Opa, erzähl mal, wie es dann dazu kam, dass du später eine eigene Firma gegründet hast.
Schmelzer: Mein Ziel war es, dass ich gedacht habe, ich mache mich jetzt auch selbstständig in meinem Berufszweig, weil meine Großeltern und mein ältester Bruder es auch waren. Ich dachte mir einfach, das mache ich jetzt auch, und so fing ich neben meiner beruflichen Tätigkeit an, die ersten feinmechanischen und elektrotechnischen Produkte herzustellen. Dies machte ich neben meiner Meisterprüfung vier Jahre so, bis ich meine ersten Kunden hatte. Ich stellte meine Produkte in einer umgebauten Werkstatt in der Garage zu Hause her. Ich hatte dann schon die ersten fünf Kunden und konnte mir mit den ersten Aufträgen weitere Betriebsmaschinen leisten und so entwickelte sich mit den Jahren alles weiter – mit Fleiß, Ehrgeiz und natürlich auch etwas Glück. Und so wurde meine Firma über die Jahre immer größer. Bis letztes Jahr habe ich die Firma mit 350 Mitarbeitern auf verschiedenen Kontinenten geführt und bin jetzt noch als Berater tätig.
Zischup: Was wünscht du dir noch, oder was sind jetzt noch deine Ziele, nachdem du deine Firma verkauft hast?
Schmelzer: Jetzt, wo ich mehr Freizeit habe, möchte ich mich mehr kulturellen Dingen widmen und mehr Reisen unternehmen.
Schlagworte: Manfred Schmelzer, Marie-Luise Kaschnitz, Guido Kaschnitz
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