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Samba-Rhythmen mit Verzögerung

Nach dem pandemiebedingten Ausfall im Vorjahr beginnt in dieser Woche der Karneval in Rio wieder – wenn auch etwas zeitversetzt.  

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Fantasievolle Kostüme, wie hier 2017, ...ein Kennzeichen des Karnevals in Rio.   | Foto: YASUYOSHI CHIBA
Fantasievolle Kostüme, wie hier 2017, sind ein Kennzeichen des Karnevals in Rio. Foto: YASUYOSHI CHIBA

. Für die Sambaschulen in Brasiliens Metropole Rio war es eine Katastrophe, als der legendäre Karneval im Vorjahr pandemiebedingt abgesagt werden musste. In diesem Jahr aber soll er wieder stattfinden – wenn auch mit einigen Wochen Verspätung.

"Wir werden den glücklichsten Karneval der letzten Jahre haben. Gerade durch die Pandemie und die Isolation hat vieles eine neue Bedeutung, neue Werte bekommen", sagt Savia David (34), Königin der Samba-Schule Unidos de Vila Maria, im Gespräch mit der Badischen Zeitung. "In einer Gemeinschaft zu sein und das Sambodromo endlich wieder betreten zu dürfen, hat für uns alle in der Sambawelt eine neue Bedeutung bekommen."

Die vier Tage, die ein ganzes Land in seinen Bann ziehen, beginnen am morgigen Mittwoch: Dann bedeuten die frisch gestrichenen Straßen des Sambodromo in Rio de Janeiro oder Sao Paulo wieder alles in Brasilien. Das wohl karnevalsverrückteste Land der Welt holt nach zwei Jahren Pandemiepause nach Ostern die vielleicht berühmteste Party der Welt nach.

Es geht dann allerdings nicht nur um Freude: Die vier Tage sind ein knallharter Wettbewerb unterteilt in erste und zweite Liga. Es geht um die Meisterschaft, um Ansehen, Ruhm und Fördermittel. "Nachdem was wir alle durchgemacht haben, ist die Dankbarkeit groß, dass wir nach diesen zwei Jahren Pandemie wieder zurück zu sein werden. Ich glaube es wird eine Explosion der Freude geben", sagt David. Fast 700 000 Covid-Tote hat das Land zu beklagen, zudem sind die Armutsrate und der Hunger wie in allen lateinamerikanischen Ländern nach der Pandemie spürbar gestiegen.

Das Comeback des Karnevals ist für viele Menschen in Brasilien ein Signal der Hoffnung. Rio de Janeiro rappelt sich ganz langsam wieder auf. Karneval in Rio de Janeiro oder Sao Paulo ist auch eine Jobmaschine für den informellen Sektor. Für tausende Straßenverkäufer ist die Verpflegung der über 150 000 Zuschauer, die sich allein in Rio an den vier Tagen in die Arenen strömen ein gutes Geschäft. Und eines, das ihnen im letzten Jahr fehlte. Wohl auch deshalb hat sich Rios Bürgermeister Eduardo Paes entschieden, nach Aufkommen der Omikron-Variante zu Beginn des Jahres das Festival nur zu verschieben und nicht wieder abzusagen.

Tausende Menschen haben an den Kostümen genäht, Wagen gebaut, Musik und Choreographien erarbeitet. Rund um die Karnevalstage gibt es Partys, was bedeutet: Es gibt auch wieder Arbeit. Wie fast überall in der Welt sind der Karneval und seine Umzüge eigentlich mit dem christlichen Kalender verbunden, am Aschermittwoch ist alles vorbei. Danach beginnt die Fastenzeit und schließlich das Osterfest. Mit der Verschiebung wurde diese Jahrhunderte alte Tradition nun gebrochen. "Ich bin sehr religiös, das sind Bräuche und Werte, die ich habe", sagt Königin Savia David. "Es ist schon ein Unterschied spürbar, dass der Karneval nun im April stattfindet." Kritik kam vor allem von den Kirchen, die die zeitliche Nähe zum Osterfest problematisch finden.

Die Gastronomie und die Hotellerie sind aber erleichtert, dass wieder gefeiert wird. Sie brauchen vor allem den innerbrasilianischen Tourismus zu Karneval, wenn die Menschen aus dem ganzen Land an die Copacabana strömen. "Jeder ist heiß darauf endlich wieder zu springen, zu singen, zu tanzen. Ich nehme eine andere Energie wahr. Die Menschen sind nach der Pandemie sensibler, aufgeregter, enthusiastischer und genießen jeden Moment, jede Probe, jedes Aufwärmen und jedes Gemeinschaftstreffen. Dieses Jahr ist Karneval ein Mix der Gefühle, ich freue mich riesig. Dieses Jahr wird in die Geschichte eingehen", sagt Savia David.

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Di, 19. April 2022: PDF-Version herunterladen

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