Wintersport

Russlands umstrittene Rückkehr im Wintersport

Russische Sportlerinnen und Sportler sind seit Kriegsbeginn in der Ukraine auch aus dem Geschehen im Winter verbannt. Erste Verbände ändern das nun. Ist das der erste Schritt, sie auch bei Olympia zu sehen?  

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Die olympische Flagge und die russisch...ieder unter neutraler Flagge antreten.  | Foto: Hannibal Hanschke (dpa)
Die olympische Flagge und die russische Flagge wehen bei den Winterspielen im russischen Sotschi nebeneinander. Es scheint möglich, dass russische Sportlerinnen und Sportler 2026 bei den Winterspielen wieder unter neutraler Flagge antreten. Foto: Hannibal Hanschke (dpa)

Schon der Gedanke an die Rückkehr eines russischen Teams löst bei den besten Biathleten der Welt großes Unbehagen aus. "In der jetzigen Situation ist es wichtiger, Unterstützung für das ukrainische Volk zu zeigen anstatt für die russischen Sportler", sagte Weltmeister Sturla Holm Laegreid aus Norwegen. Staffel-Olympiasieger Sebastian Samuelsson aus Schweden findet es "irritierend", solche Pläne überhaupt schon ins Spiel zu bringen, wenn Russland weiterhin einen Krieg führt. Solange der Angriffskrieg in der Ukraine weitergeht, ist es in den meisten Sportarten ausgeschlossen, dass Athletinnen oder Athleten aus Russland und Belarus unter eigener Flagge wieder an Wettbewerben teilnehmen. Die Weltverbände haben die nationalen Verbände suspendiert.

Die Internationale Eislauf-Union lässt Russinnen und Russen für die Olympia-Quali im Eiskunstlauf, Eisschnelllauf und Shorttrack allerdings unter Auflagen schon wieder zu. Eine Teilnahme ist den Angaben zufolge an Auflagen geknüpft. So sollen öffentliche Äußerungen und Auftritte mit Blick auf den Krieg geprüft werden.

2026 ein Team unter neutraler Flagge?

Andere Verbände könnten folgen. So scheint es möglich, dass bei den Olympischen Winterspielen 2026 in Mailand und Cortina d'Ampezzo wieder eine Mannschaft dabei ist, die nach einem besonderen Auswahlprozess unter neutraler Flagge antreten darf.

Beim Biathlon-Weltverband (IBU) ist noch kein Prozess in Gang gesetzt worden, neutrale Athleten zuzulassen. Das sei bislang kein Thema gewesen, ist von mehreren Funktionären zu hören. Gerade unter den Wintersportarten hat Biathlon in Russland eine lange Tradition, aufgrund des Mitführens einer Waffe ist aber auch die Außenwirkung besonders heikel. Während es unter den aktiven Skijägern keine Fürsprecher für Russland gibt, ist die Hilfe für die Ukraine umso größer. "Wir sammeln Geld für Luftschutzbunker für Kinder", sagte Laegreid. Bei der WM in der Schweiz im Februar werden unter Führung des Ukrainers Dmytro Pidrutschnji die Startnummern-Leibchen versteigert, der Erlös geht direkt in die Ukraine. Der 27-jährige Laegreid initiierte zuletzt beim Weltcup in Oberhof eine viel beachtete Aktion, als er sich gemeinsam mit seinem Team und Pidrutschnji mit dessen Landesflagge zu einem Foto aufstellte.

"Wir sind eine Familie im Biathlon und wir wollen unsere Unterstützung für Pidrutschnji und die Ukrainer zeigen. Wie stehen an ihrer Seite", sagte Laegreid. Der 33-jährige Pidrutschnji war zu Beginn der russischen Invasion selbst im Kriegsdienst und half bei der Verteidigung des Landes. Mittlerweile kann er sich wieder ganz auf seinen Sport konzentrieren. Eine Rückkehr von Russinnen oder Russen in die Loipe und an den Schießstand lehnt er natürlich kategorisch ab.

Bach: Neutrale Athleten haben in Paris funktioniert

Bei den vergangenen Sommerspielen in Paris waren 15 russische sowie 16 belarussische Sportlerinnen und Sportler unter neutraler Flagge dabei. "Man hat dort gesehen, dass dieses Konzept der unabhängigen, neutralen Athleten funktioniert hat. Es ist akzeptiert worden von der gesamten Welt", sagte Präsident Thomas Bach vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC): "Alle Athleten haben friedlich zusammengelebt im olympischen Dorf. Selbst wenn ihre Länder sich im Krieg befinden. Und ich hoffe, dass sich die Wintersportverbände dieses eben auch genau anschauen."

Wie schon in Paris sind die Weltverbände mit ihren Gremien dafür verantwortlich, ob neutrale Athletinnen und Athleten zugelassen werden. Aus mehreren Wintersport-Organisationen ist gut ein Jahr vor den Spielen zu vernehmen, dass man zunehmend Druck vom IOC verspüre, den Weg freizumachen. Offiziell bestätigt das bei der Ringe-Organisation natürlich niemand, Bach sagte aber: "Ich denke, dass Paris gezeigt hat, dass dieses System der Mission der Olympischen Spiele gerecht wird, nämlich die Welt zusammenzubringen."

Russland missbraucht Sport zur Propaganda

Biathlet Laegreid sieht da aber ein Problem. "Manche Nationen missbrauchen den Sport zur Propaganda, um sich selbst in ein gutes Licht zu stellen. Russland hat eine Tradition, seine Sportler auf diese Weise zu missbrauchen", sagte der Staffel-Olympiasieger. Gerade bei den Skijägern sind die Verbindungen zum Militär vorhanden. Überhaupt einen Biathleten aus Russland zu finden, der leistungsfähig und unabhängig ist, dürfte fast unmöglich werden.

Die Verbände, die Russland wegen des Krieges ausgeschlossen haben, müssten "eben auch genau überlegen, was die Konsequenzen sind", sagte Bach derweil: "Eben auch im Hinblick auf die vielen anderen bewaffneten Auseinandersetzungen in dieser Welt." Die IOC-Argumentation ist also, dass man den Ukraine-Krieg nicht anders als andere eskalierte Konflikte werten sollte.

In manchen Sportarten wäre es zunächst sicher nur ein symbolischer Akt, wenn Sportlerinnen und Sportler aus Russland und Belarus dabei wären, in anderen hätten sie auch bei Olympia sofort wieder Medaillenchancen. Zum Beispiel im Eishockey. Luc Tardif, Präsident des Weltverbandes IIHF, möchte die russischen Nationalmannschaften "so schnell wie möglich" wieder bei internationalen Eishockey-Turnieren sehen, sagte er. Superstars wie Alexander Owetschkin sind mit ihrem Team seit 2022 vom internationalen Wettbewerb ausgeschlossen.

Eishockey-Boss: Russen so schnell wie möglich zurückholen

Eine Voraussetzung, dass sich das ändert, wäre zunächst aber ein Ende des russischen Angriffskrieges. Eishockey-Boss Tardif ist dabei auch auf die Rolle des neuen US-Präsidenten Donald Trump gespannt. Schon vor seiner Rückkehr ins Weiße Haus hatte der 78-Jährige angekündigt, den Krieg beenden zu wollen. Sollte das tatsächlich passieren, wären plötzlich ganz andere Voraussetzungen geschaffen, das hätte auch Auswirkungen auf den Sport. Offen ist in vielen Disziplinen, wie stark Russen und Belarussen nach Jahren außerhalb der Weltspitze überhaupt noch sind. Eigene Wettkampfserien gelten teilweise als stark, andere sollen mittlerweile ein eher bescheidenes Niveau haben.

Bob-Präsident Ivo Ferriani sagte, dass sich Athleten dafür ausgesprochen hätten, Russen unter neutraler Flagge antreten zu lassen. Man werde Ende Februar im Weltverband offen darüber beraten. Erst im Juni wäre so ein Prozess bei den Rodlern möglich. Unter dem lettischen Verbandspräsidenten Einars Fogelis wurde auf dem Kongress 2024 beschlossen, die Russen nicht zuzulassen.

Keine Hinweise auf einen anderen Umgang mit Russinnen und Russen gibt es auch im alpinen Skisport, beim Skispringen, im Langlauf und in der Nordischen Kombination, denn beim Weltverband Fis ist eine Zulassung unter neutraler Flagge aktuell kein großes Thema.

Schlagworte: Sturla Holm Laegreid, Dmytro Pidrutschnji, Thomas Bach
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Kommentare

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Matthias Knab

1364 seit 26. Mär 2020

Der Ausschluss russischer Athleten von internationalen Wettkämpfen ist aus mehreren Gründen gerechtfertigt:
1. Sport und Politik lassen sich nicht trennen. Russische Sportler werden vom Staat gefördert & als Aushängeschild für das Regime genutzt. Ihre Erfolge werden für Propagandazwecke instrumentalisiert. Eine Teilnahme würde dem Putin-Regime ermöglichen, sportliche Erfolge für politische Zwecke zu missbrauchen.
2. Viele russische Spitzenathleten sind bei der Armee oder anderen Staatsorganisationen angestellt. Sie sind damit Teil des Systems, das den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die UKR führt. Eine Teilnahme dieser Athleten würde den Sport zur Normalität werden lassen, während der Krieg weitergeht.
3. Es wäre den ukrainischen Sportlern nicht zuzumuten, gegen Vertreter des Landes anzutreten, das ihre Heimat zerstört. Viele ukrainische Athleten können nicht mehr trainieren, weil ihre Sportstätten zerbombt wurden. Andere mussten fliehen, sind tot oder im Kriegseinsatz. Ein fairer Wettbewerb ist unter diesen Bedingungen nicht möglich.
4. RU hat in der Vergangenheit systematisches Staatsdoping betrieben. Das Vertrauen in die Integrität russischer Sportler ist dadurch nachhaltig beschädigt. Solange keine vollständige Aufklärung und Aufarbeitung stattfindet, ist eine Teilnahme schwer vertretbar.
Der Sport hat eine Vorbildfunktion und steht für Fairness, Respekt und friedlichen Wettbewerb. Diese Werte sind mit dem aktuellen russ. Verhalten nicht vereinbar. Ausschluss!

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