Prozess wegen geplanter Entführung von Lauterbach
Seit Mittwoch müssen sich fünf mutmaßliche Reichsbürger vor Gericht verantworten. Sie planten, Gesundheitsminister Karl Lauterbach zu entführen, und wollten die Regierung stürzen. Anführerin soll eine 75-Jährige gewesen sein.
Annalena Dörner (AFP) und dpa
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Dazu sollen laut Anklage Anschläge auf die Strominfrastruktur in Deutschland und eine Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gehört haben. Angeklagt sind sie unter anderem wegen der Gründung einer Terrororganisation und die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat.
Vor allem R. soll treibende Kraft hinter den Planungen gewesen sein. Der ehemals in Mainz unterrichtenden Religionslehrerin war aufgrund ihres "Reichsbürger"-Gedankenguts das Ruhegehalt aberkannt worden, wogegen sie sich vergeblich juristisch zur Wehr setzte. "Die ideologisch politische Ausrichtung wurde maßgeblich von R. geprägt", sagt Oberstaatsanwalt Wolfgang Barrot bei Verlesung der Anklage. Sie habe die anderen Angeklagten, mit denen sie sich spätestens im Januar 2022 zusammenschloss, mit ihrer Ideologie beeinflusst. Barrot bezeichnet sie als "politische Vordenkerin" der Gruppe. Über die Jahre habe sie ein "antisemitisch getragenes Gedankenmodell" entwickelt.
R. habe die Verfassung von 1871 wieder einführen wollen – allerdings mit einigen Anpassungen an die Moderne. So sei ein aktives und passives Frauenwahlrecht enthalten gewesen. Auch sei keine Revision der deutschen Ostgrenzen beabsichtigt gewesen. Die restlichen Gruppenmitglieder hätten sich die Thesen von R. zu eigen gemacht. "Sie sahen die Anwendung von Gewalt als ausdrücklich nötig an", sagte Barrot.
Für die Anerkennung der von ihnen gewollten Regierung habe die Gruppe versucht, den russischen Staatschef Wladimir Putin um Unterstützung zu bitten. Mindestens ein von R. verfasstes Schreiben habe die Gruppe an Putin geschickt. Auch beim polnischen Präsidenten Andrzej Duda habe die Gruppe um Unterstützung werben wollen.
Während der Anklageverlesung sitzt R. die meiste Zeit mit dem Kopf über einen Mülleimer gebeugt. "Ich habe Angst, mich zu übergeben", sagt sie mit zittriger Stimme. Alle anderen Angeklagten verfolgen die Anklageverlesung ohne sichtbare Regung.
Einer der Angeklagten macht aus seinen Überzeugungen beim ersten Prozesstag keinen Hehl. Bei der Feststellung seiner Personalien gibt Sven B. seinen Geburtsort mit "Neuruppin in Preußen" an. Bereits vor Prozessbeginn hält er ein Schild mit kyrillischer Schrift lächelnd in die Kameras der Journalisten. Übersetzt bedeutet der Schriftzug: "Mit unseren Brüdern für Frieden und Freundschaft – Krieg dem Faschismus." Was genau er damit meint, können B.s Verteidiger am Rande des Prozesses nicht erklären. Teilweise habe er die in seinem Fall erhobenen Vorwürfe im Rahmen der Ermittlungen eingeräumt, fügen sie hinzu. Gewalt habe er aber nicht gewollt. Ihr Mandant sehe sich selbst nicht als Reichsbürger.
Einige der Angeklagten kündigen über ihre Verteidiger am Mittwoch an, sich in den kommenden Wochen zu den Vorwürfen äußern zu wollen. Darunter sind auch R. und B., in deren Namen schriftliche Erklärungen verlesen werden sollen.
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