Leipzig
Prozess gegen Gil Ofarim wegen Verleumdung beginnt
Gil Ofarim behauptet, in einem Leipziger Hotel antisemitisch beleidigt worden zu sein. Angeblich sollte er seinen Davidstern-Anhänger einpacken. Die Staatsanwaltschaft glaubt ihm nicht. Nun sitzt Ofarim auf der Anklagebank.
André Jahnke
Di, 7. Nov 2023, 8:52 Uhr
Panorama
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In einem Instagram-Video schildert Ofarim, er sei am 4. Oktober 2021 Opfer eines antisemitischen Vorfalls in einem Leipziger Hotel geworden. Ein Mitarbeiter des Westin Leipzig habe ihn am Empfang aufgefordert, seine Kette mit einem Davidstern-Anhänger einzupacken. Dann dürfe er einchecken. Zuvor seien andere Gäste in der Schlange am Hotelempfang vorgezogen worden.
Ein Sprecher sagt, dass man sehr besorgt über den Bericht sei und die Angelegenheit extrem ernst nehme. Das Unternehmen versuche, Ofarim zu kontaktieren, um herauszufinden, was passiert sei. Wenig später werden zwei Mitarbeiter beurlaubt. Das Hotel stellt eigene Nachforschungen an und befragt Gäste und Zeugen des Vorfalls.
Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, schreibt, dass die Anfeindung erschreckend sei. Es sei zu hoffen, dass das Hotel personelle Konsequenzen ziehe. Hunderte Menschen ziehen tags darauf vor das Hotel, um Solidarität mit Jüdinnen und Juden in Deutschland zu zeigen. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes spricht von einem "unfassbaren Fall von Antisemitismus".
Die Staatsanwaltschaft Leipzig nimmt Ermittlungen auf und stellt sogar das Geschehen vor Ort nach. Der Hotelmitarbeiter erstattet Anzeige wegen Verleumdung. Er schilderte den Vorfall deutlich anders als der Künstler. Erst Tage später erstattet auch Ofarim Anzeige. Es werden mehrere Videos von Überwachungskameras ausgewertet.
Das Leipziger Hotel ergreift nach Abschluss seiner internen Untersuchungen keine Maßnahmen gegen den beschuldigten Mitarbeiter. Aus einem 118 Seiten langen Gutachten gehe hervor, dass keine "objektivierbaren" Anhaltspunkte vorlägen, die straf- oder arbeitsrechtliche Schritte gegen den Mitarbeiter rechtfertigten.
Sechs Monate nach dem Vorfall erhebt die Staatsanwaltschaft Leipzig Anklage wegen falscher Verdächtigung und Verleumdung gegen den Künstler. Bei umfangreichen Ermittlungen sei herausgekommen, dass sich der angebliche Antisemitismus-Vorfall in einem Leipziger Hotel nicht so zugetragen habe, wie Ofarim es in dem Video geschildert hatte. Das Ermittlungsverfahren gegen den Hotelmitarbeiter wird eingestellt. Monate später lässt das Landgericht Leipzig die Anklage zu. Zehn Verhandlungstermine sind bis zum 7. Dezember angesetzt. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gilt die Unschuldsvermutung.