Migration
Polizei nimmt an der schweizerischen und französischen Grenze mehr Schleuser fest
Die ausgeweiteten Grenzkontrollen in Baden-Württemberg sollen die illegale Migration eindämmen. Wie gut gelingt das? Im Einsatz gegen Schleuser kann die Bundespolizei erste Erfolge vorweisen.
So, 12. Jan 2025, 7:00 Uhr
Südwest
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Nur mit dem Stammpersonal geht es schon lange nicht mehr. Seit Deutschland wieder verstärkt die Grenze zur Schweiz kontrolliert, braucht die Bundespolizei in Südbaden viel Unterstützung. Rund 150 bis 200 Bereitschaftspolizisten sind im Südwesten inzwischen zusätzlich im Einsatz. Jeden Tag. "Wir betreiben die Kontrollen mit sehr viel Aufwand", sagt Andreas Roßkopf, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei für den Bereich Bundespolizei. Die zusätzlichen Kräfte sollen helfen, die unerlaubten Einreisen nach Deutschland einzudämmen.
Seit Herbst 2023 kontrolliert die Bundespolizei wieder sehr sichtbar an der Grenze zur Schweiz, seit Sommer 2024 auch in Richtung Frankreich – an den Übergängen in Kehl oder Breisach zum Beispiel. Dazwischen, sagt Roßkopf, laufe oft verdeckt die sogenannte Schleierfahndung.
Was bringen diese neuen Grenzkontrollen im Südwesten? Lohnt sich der große Aufwand? Die Bundespolizei hat auf Anfrage der Redaktion verschiedene Daten ausgewertet. Einige Effekte lassen sich feststellen.
Mehr als 3000 Zurückweisungen nach Frankreich
Mehr Menschen ohne Einreiseerlaubnis wieder zurückzuschicken – das ist eines der Hauptziele der neuen Kontrollen. Dazu ist die Polizeipräsenz unmittelbar an der Grenze nötig, weil Zurückweisungen ins Nachbarland in der Regel nur direkt an der Grenze möglich sind und auch nur dann, wenn eine Wiedereinreisesperre vorliegt oder derjenige keinen Asylantrag stellen will.
An der deutsch-französischen Grenze sind die Folgen der Kontrollen besonders offensichtlich: Die Zahl der Zurückweisungen liegt dort nun auf einem völlig anderen Niveau. In den Vorjahren wurden jeweils zwischen 150 bis 310 Menschen zurück nach Frankreich geschickt. Von Januar bis November 2024 registrierte die Bundespolizei dort 3075 Zurückweisungen. An der Schweizer Grenze waren es knapp 4700 in 2024 und rund 2700 im Vorjahr.
Für Landesjustizministerin Marion Gentges ist das ein deutlicher Hinweis, dass sich der zuletzt stark ausgeweitete Einsatz lohne. Der signifikante Anstieg zeige, "dass die Kontrollen wirksam sind", sagt die CDU-Ministerin aus der Ortenau. "Gleichzeitig bleibt die Herausforderung bestehen, da die Zahl der unerlaubten Einreisen weiterhin hoch ist", so Gentges.
Weniger unerlaubte Einreisen im Südwesten
Worauf Gentges Bezug nimmt, ist eine andere Statistik: Die Zahl der von der Bundespolizei registrierten unerlaubten Einreisen nach Baden-Württemberg ist im Jahr 2024 leicht zurückgegangen, bleibt aber auf hohem Niveau. Bis einschließlich November vergangenen Jahres hat die Bundespolizei im Land rund 17.550 unerlaubte Grenzübertritte registriert. Im gleichen Zeitraum 2023 waren es etwa 19.500 Menschen, die keine gültigen Einreisepapiere hatten.
Ministerin Gentges plädiert dafür, noch mehr Menschen zurückzuweisen – etwa auch dann, wenn sie einen Asylantrag stellen wollen. Es sei unerlässlich, sagt sie, "dass auch Migranten, die aus einem Nachbarstaat – und damit aus einem sicheren Drittstaat – einreisen und ein Asylgesuch äußern, an der Grenze zurückgewiesen werden." Zuletzt äußerte etwa ein Drittel der von der Bundespolizei an der Grenze aufgegriffenen Menschen einen Asylwunsch. Insgesamt hat die Bundespolizei in Baden-Württemberg von Januar bis November 2024 rund 6000 Neuankömmlinge an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge übergeben. Sie werden zunächst in Landeserstaufnahmen untergebracht.
Auch ein zweiter Effekt der Kontrollen lässt sich aus den Zahlen der Bundespolizei ablesen: Die Zahl der festgenommenen mutmaßlichen Schleuser ist gestiegen. So wurden im vergangenen Jahr von Januar bis Ende November 56 Personen wegen Schleusungen an der französischen Grenze festgenommen – im Vorjahr waren es 27. Wegen mutmaßlicher Taten an der Schweizer Grenze wurden im gleichen Zeitraum 135 mutmaßliche Schleuser festgenommen (Vorjahr: 97).
In den Grenzregionen sieht man auch die Nachteile der Kontrollen
Einige Politiker aus der Grenzregion, wie der grüne Landtagsabgeordnete Niklas Nüssle aus dem Landkreis Waldshut bleiben dennoch skeptisch: Die Zahlen suggerierten zwar "eine gewisse Wirksamkeit", man müsse aber die Verhältnismäßigkeit der Kontrollen "kritisch hinterfragen". Trotz der Rücksichtnahme durch die Polizei litten etwa die Regionen am Hoch- und Oberrhein unter den Einschränkungen durch die Grenzkontrollen. "Statt einer dauerhaften Fortsetzung der Grenzkontrollen sollten wir uns auf europäische Lösungen konzentrieren", sagt er.
Auch Polizeiexperte Andreas Roßkopf sieht die Kontrollen nicht als Allheilmittel, um die Migration zu ordnen. Sie seien nur ein "Mosaikstein". Roßkopf sagt: "Wir werden die unerlaubte Migration dadurch nicht verhindern." Nicht zuletzt seien sie auch für seine Kolleginnen und Kollegen der Bundespolizei eine Belastung. "Wir müssen unsere Bereitschaftspolizei aus den Grenzeinsätzen rausbekommen", sagt Roßkopf. Sie würden eigentlich für andere Einsätze, etwa bei Demonstrationen oder anderen Großereignissen, gebraucht. Der Bund, sagt der Polizeigewerkschafter, müsse die regulären Kräfte der Bundespolizei in Weil am Rhein so stärken, dass sie die Kontrollen ohne Hilfe von außen durchziehen können.
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