"Perfekt wird es erst nach Jahren"
ZISCH-INTERVIEWmit dem Figurenspieler Gregor Schwank, dessen Karriere bei der berühmten Augsburger Puppenkiste begann.
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Die Hebelschule Liel hatte vor Kurzem den Figurenspieler Gregor Schwank aus Freiburg mit dem Stück "Das Geheimnis unter der Erde" eingeladen. Nach dem heftigen Schlussapplaus stellten Zisch-Reporter aus der Klasse 4b viele Fragen.
Schwank: So etwa 250 Figuren, überwiegend Marionetten. Dazu kommen noch viele Auftragsarbeiten. Unzählige Puppen entstanden unter meiner Anleitung in Workshops.
Zisch: Wie groß sind die Marionetten?
Schwank: Im Durchschnitt sind sie 55 Zentimeter groß, damit auch noch 200 Zuschauer sie gut sehen können. Bei einem Stück sind sie etwas kleiner, damit alle in einen Koffer passen – für den Flug in andere Länder. Die größte Puppe ist ein 1,20 Meter langer Drache, die winzigste ein fünf Zentimeter kleiner Kolibri.
Zisch: Wie viel Zeit benötigen Sie für die Herstellung einer Marionette und wie viel kostet sie?
Schwank: Je nach Art der Figur und dem Aufwand – vor allem beim Kostüm – dauert die Herstellung zwischen 50 und 100 oder sogar mehr Arbeitsstunden. So genannte Marionetten, die man im Laden oder im Internet für einige hundert Euro oder weniger kaufen kann, sind oft schlecht gebaut, funktionieren nicht und taugen nur zum an die Wand hängen. Ich dagegen baue nur voll spielbare Profi-Figuren: Kunstwerke bis ins Detail – und das hat dann seinen Preis.
Zisch: Welche Materialien verwenden Sie für ihre Figuren und für die Fäden?
Schwank: Das hängt von der Figurenart ab: Marionetten schnitze ich überwiegend aus Lindenholz, Klappmaulpuppen sind aus Schaumgummi. Für größere Figuren verwende ich kaschiertes Styropor, für die Kostüme und die Ausstattung verschiedenste Stoffe. Manches muss ich bei speziellen Firmen bestellen, zum Beispiel den schwarzen Marionettenfaden – einen stabilen Zwirn aus Baumwolle und Polyester.
Zisch: Welche Werkzeuge nutzen Sie?
Schwank: Ich arbeite mit Schnitzeisen und Bildhauerklüpfel und vielen anderen Geräten.
Zisch: Wie viel Übung benötigt man, um eine Marionette zu bewegen?
Schwank: Grundlagen kann man, je nach Talent, vor dem Spiegel in wenigen Tagen erlernen. Perfektion und subtiles Spiel kommen aber erst nach vielen Jahren.
Zisch: Wann haben Sie sich für diesen Beruf entschieden?
Schwank: Als ich in eurem Alter war, gab es im Fernsehen nur drei Kanäle und ganz wenig Kinderprogramm. Ein Höhepunkt war die "Augsburger Puppenkiste". Mit elf Jahren besuchte ich dieses Theater, war total begeistert, wollte später dort arbeiten und begann, eigene Marionetten zu schnitzen. Ab 1983 war ich sechs Jahre lang festes Ensemblemitglied in Augsburg, danach machte ich mich mit eigener Bühne selbständig.
Zisch: Schreiben Sie alle Theaterstücke selbst?
Schwank: Ja, doch ab und zu helfen Freunde und Kollegen beim Ideen sammeln und dem Entwurf. Einfacher ist es, wenn es schon Vorlagen gibt, die ich dann bearbeiten kann, wie zum Beispiel das Märchen "Däumelinchen".
Zisch: Verändern Sie manchmal eine Szene während der Aufführung?
Schwank: Der Ablauf der Stücke ist fest eingeprobt und lässt wenig Spielraum, besonders bei Marionetten.
Zisch: Haben Sie vor Ihren Auftritten Lampenfieber?
Schwank: Nur bei Premieren neuer Stücke, sonst sind die Aufführungen nach hunderten von Vorstellungen gut eingespielt. Aufregend wird es, wenn etwas Außergewöhnliches passiert, wenn zum Beispiel ein Faden reißt. Das passiert zum Glück nur ganz selten. Oder wenn Kleinkinder zu nahe an die Bühne und die Scheinwerfer heran krabbeln, weil die Eltern nicht auf sie aufpassen. Die Konzentration stört auch, wenn jemand mit ständigem Klick-klick-klick fotografiert – was eigentlich nicht gestattet ist.
Zisch: Wie viele Vorstellungen spielen Sie in einem Monat?
Schwank: Ganz unterschiedlich – manchmal bis zu 20 Auftritte und dann zweimal täglich. Es gibt aber auch Wochen ohne Vorstellungen, wenn ein neues Stück entsteht, neue Puppen gebaut werden. Ganz viel Zeit muss ich aber mit Büroarbeit am Computer und am Telefon verbringen: Bewerbungen, Verträge und Rechnungen schreiben, Informationen absenden, mir Projekte ausdenken, Sponsoren suchen und so weiter. Langeweile habe ich nie.
pantomimisch –
also ohne zu sprechen"
Schwank: Hinter einer Aufführung, die eine knappe Stunde dauert, kann je nach Entfernung zum Aufführungsort ein Aufwand von sechs bis acht Stunden stecken. Und das geht so: Zuerst müssen Koffer und Gepäckstücke mit Puppen, der Ausstattung, der Technik und den Bühnenteilen ins Auto eingeladen werden, dann muss man hinfahren, alles ausladen und in den Saal tragen. Dann kommen der Bühnenaufbau – das sind zirka zwei Stunden – und dann die Vorstellung. Danach dasselbe rückwärts: Abbauen, Heimfahren, Ausladen. Marionetten benötigen einen besonders aufwändigen Podestaufbau und mehr Vorbereitungszeit.
Zisch: Wo sind Sie mit Ihrem Theater schon aufgetreten?
Schwank: Ich arbeite international und war schon in 26 Ländern in Europa, Afrika, Lateinamerika und Asien mit Tourneen, Theaterprojekten und Vorträgen unterwegs.
Zisch: Ist es schwer, Geschichten in einer anderen Sprache zu erzählen?
Schwank: Wichtig dafür sind Sprachgefühl, Hilfe beim Übersetzen und viel Zeit zum Proben. Ich bin sehr froh, dass ich bereits in der Schule einige Sprachen gelernt hatte und nun mit Englisch, Französisch und Spanisch die halbe Welt bereisen kann. Spezielle Übersetzungen waren allerdings nötig für Auftritte und Workshops auf Baskisch in Spanien, auf Suaheli in Kenia oder auf Rutoro in Uganda – beides in Afrika. Oft spiele ich aber auch pantomimisch – also ohne zu sprechen.
Zisch: Haben Sie unter Ihren Puppen eine Lieblingspuppe?
Schwank: Ja, den Koboldmaki Miquito – er ist eine Trickpuppe mit 25 Fäden, kann die Augen rollen und jeden Finger einzeln bewegen. Wir reisen schon 30 Jahre zusammen, aber er bleibt immer jung und freut sich auf das nächste Gastspiel.
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