Opfer werden immer jünger

Gewalt gegen Kinder in Deutschland nimmt nicht zu / Viele Ermittlungen verlaufen erfolglos.  

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BERLIN (dpa/AFP/BZ). Fast 14 000 Kinder sind vergangenes Jahr in Deutschland Opfer sexueller Gewalt geworden. Das ergab eine Sonderauswertung der polizeilichen Kriminalitätsstatistik. Die Zahl der getöteten Kinder stieg um sieben Prozent auf 143 an. Ein Trend lässt sich aus den Daten nicht ablesen.

Der Staufener Missbrauchsfall hat bundesweit Aufsehen erregt. Über fast zwei Jahre soll dort ein mittlerweile neunjähriger Junge von seiner Mutter und ihrem Lebensgefährten sexuell schwer missbraucht worden sein. Nur weil ein anonymer Hinweisgeber der Polizei meldete, was er im Darknet sah, konnten die Strafverfolgungsbehörden tätig werden. Zwei Urteile wurden bisher gefällt. Doch nicht immer arbeiten die Ermittler so erfolgreich. Viele Täter werden nicht gefunden, ein Großteil der Taten bleibt verborgen.

Bundesweit registrierte die Polizei 13 539 Kinder als Opfer von Vergewaltigungen und anderer sexueller Gewalt. Das sind mehr als 36 pro Tag, wie Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA) am Dienstag in Berlin mitteilte. Dort stellten das BKA, die Deutsche Kinderhilfe und der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung die neueste Kriminalstatistik vor. Demnach gab es 16 317 Fälle, in denen es um Besitz und Verbreitung von kinderpornografischem Material ging. Außerdem wurden 4247 Kinder besonders schwer misshandelt und 143 getötet. Die Zahlen entsprechen laut Münch der Größenordnungen der Vorjahre.

Die meisten Delikte gegen Kinder geschehen jedoch fernab der öffentlichen Wahrnehmung, so Münch. Häufig würden Eltern oder Verwandte die Kinder schlagen. Auch Missbrauch geschehe meist in den Familien. Die Täter würden selten angezeigt. "Deshalb ist jeder gefragt, wachsam zu sein und Hinweise ernst zu nehmen. Wer wegschaut, trägt eine Mitverantwortung", sagte Münch.

Der BKA-Chef schilderte die Probleme der Polizei mit Speicherfristen im Internet. Knapp 35 000 Hinweise auf Kinderpornografie seien im vergangenen Jahr aus den USA gekommen. In mehr als der Hälfte der Fälle sei die Polizei aber aus technischen Gründen nicht weiter gekommen: Entweder mussten die Ermittlungen eingestellt werden, weil die Internet-Provider die IP-Adressen nicht mehr gespeichert hatten. Oder die individuellen Adressen gehörten zu einem allgemeinen Hotspot, bei dem etwa der benutzte Laptop nicht gespeichert wurde.

"Datenschutz darf in Deutschland nicht über dem Kinderschutz stehen", sagte daher Johannes-Wilhelm Rörig, Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs. Die IT-Industrie müsse stärker gegen die Darstellung sexueller Gewalt in ihren Anwendungen vorgehen. "Die Missbrauchsdarstellungen werden immer grausamer und die Kinder immer jünger", so Rörig. Auch würden immer mehr Kriminelle über eine Internet-Webcam live zuschauen, wie Kinder vergewaltigt und sexuell missbraucht werden, sagte Münch. Besonders in Südostasien, wo arme Eltern so zu Geld kommen wollten, entwickele sich dieses Modell.
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