Ohne Führerschein ins Irgendwo
Zwei Abenteuerromane schicken Jugendliche auf Reisen quer durch die USA und fast nach Polen.
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Manchmal dreht das Leben so verrückte Kapriolen, das es einen mit Karacho aus der Kurve und mitten in ein großes Abenteuer schleudert. Hier zwei spannende Neuerscheinungen über Mut, Aufbruch und die Suche nach dem Glück.
Die allerdings scheint Gold wert zu sein: Ein Bote bietet den Kindern dafür eine ungeheure Summe – wenig später liegt er tot in den Sümpfen, und die vier paddeln in ihrem Einbaum Richtung New Orleans. Ihr Plan ist kühn: Etwas Besseres als Arbeit und Schläge finden sie überall, also werden sie die Uhr selbst zu Mister Walker nach Chicago bringen und die Belohnung kassieren. Morisinotto schickt seine Helden auf eine aufregende und gefährliche Odyssee quer durch die USA und lässt sie abwechselnd erzählen: Mit dem Schaufelraddampfer reisen sie flussaufwärts und als blinde Passagiere im Güterzug durch die Prärie, sie stranden in riesigen, trubeligen Städten, treffen Schlitzohren und Landstreicher, erleben hautnah Industrialisierung und Rassismus.
Wie durch ein Wunder landen sie wirklich bei Mister Walker vom Versandhaus – und in einem der spektakulärsten Kriminalfälle Chicagos: Wer hat die Firmengründerin Miss Dawn ermordet? Wo sind ihre millionenschweren Inhaberpapiere? Reisereportage und Krimi in einem, dazu üppig bebildert mit alten Landkarten, Plakaten und Katalogseiten: Spannung pur ganz ohne Fernsehen und Internet!
Ebenso skurril wie dramatisch ist auch der gerade mit dem Peter-Härtling-Preis ausgezeichnete Jugendroman "Strom auf der Tapete" des Autorinnen-Teams Andrea Badey und Claudia Kühn. Ihr Held Ron Robert ist nicht eben ein Glückskind: "Himmelhochdrücker" nennt er sich selbstironisch, weil er so groß ist und der Himmel über seiner Hochhaussiedlung am Rande von Frankfurt an der Oder so tief hängt. Dass er gerade Geburtstag hat, erfährt man wie nebenbei. Ist ja auch egal, eine Feier gibt es sowieso keine: Mutter Peggy vergisst alles und Ron selbst hatte mal wieder einen seiner fiesen Wolfsträume. Dann geht alles irrwitzig schnell: Eben hat er für Peggy noch einen Zettel mit "Wer ist mein Vater?" an den Kühlschrank geklebt, da düst er schon ohne Führerschein, aber mit der bärbeißigen Rollstuhl-Clara in einem geklauten weißen Cabriolet ins Irgendwo.
Wie es dazu kommt, bleibt ziemlich fragmentarisch und konstruiert, macht aber nichts, weil das Ganze wie ein schnell geschnittener Film funktioniert und der Spannungsbogen dank Rons eigenwilliger Erzählerstimme hält: Im Spagat zwischen Be- und Entschleunigung jagen die beiden Außenseiter durch ein rasantes Roadmovie bis nach Latschow, einem gottverlassenen Nest an der polnischen Grenze. Ob Ron seinen Vater finden wird? Ist am Ende gar nicht mehr so wichtig, hat er doch seine Wolkendecke schon durchstoßen.
Andrea Badey, Claudia Kühn: Strom auf der Tapete. Roman. Beltz & Gelberg Verlag, Weinheim Basel 2017. 192 Seiten, 12,95 Euro. Ab 14.
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