Nur Schritt für Schritt geht es voran
Erfahrungen von Maria Hakuba, die seit drei Monaten in Sri Lanka ist und den Wiederaufbau nach dem Tsunami miterlebt.
Maria Hakuba & 20 Jahre
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SRI LANKA. Nirgendwo sonst scheinen sich Himmel und Hölle so nahe. Jeder Tag, den ich in Sri Lanka – meiner Heimat für drei Monate – verbringen darf, ist wunderschön und schrecklich zugleich. Täglich habe ich den Indischen Ozean vor der Nase, der unzählige Menschenleben genommen und zerstört hat. Ich bin in Kalutara, südlich von Colombo an der Westküste Sri Lankas, wo ich in einem "Tsunami Relief Camp" täglich mit Kindern Englisch lerne und spiele.
Es geht nicht voran. Spenden über Spenden sind nach Sri Lanka geflossen. Doch das Erscheinungsbild des Küstenstreifens verändert sich nur unmerklich. Spielende Kinder zwischen Trümmerhaufen beherrschen das Bild. In Kalutara wurden vor kurzem 26 Familienhäuser fertig gestellt. Unter der Leitung der belgischen Hilfsorganisation "Marija" wurden Grundstücke auf einem Hügel etwa drei Kilometer entfernt vom Strand gekauft und bebaut. 26 von etwa 200 Familien durften umziehen. Wann die anderen ein Haus bekommen, steht in den Sternen.
Betroffene haben mir erzählt, dass die Regierung Geld unterschlägt und mit Vorschriften den Aufbau behindert. Beispielsweise müssen Auflagen eingehalten werden, die ein schnelles Voranschreiten fast unmöglich machen: Die Häuser müssen in einem Abstand von mindestens zwei Kilometern zur Küste gebaut werden. Das hat zur Folge, dass Bauland erst einmal erschlossen werden muss. Doch das Schlimmste – da sind sich alle Sri Lanker einig – ist der unnötige Tod der 38 916 Menschen, die mit Hilfe eines Warnsystems hätten gerettet werden können. Sicherheit und internationale Unterstützung – das wünschen sich die Einheimischen am meisten.
Ich selbst bin gespalten, denn ich habe Menschen getroffen, die wirklich leiden und alles daran setzen, ihr Leben zurück zu gewinnen. Allerdings gibt es genügend andere, bei denen ich mir nicht sicher bin, ob sie einfach nur versuchen, Vorteile aus dem Dilemma zu ziehen. Mir scheint es fraglich, ob man den Worten jedes Betroffenen Glauben schenken darf.
Anstatt Strände und beschädigte Regionen zu reinigen, sitzen viele herum, lassen sich von ausländischen Freiwilligen versorgen, und verzocken ihr Geld. Sie bekommen nur wenig, etwa 40 Euro pro Monat und Familie. Sie müssen allerdings auch nur wenig ausgeben, da sie mit Nahrung versorgt werden und teilweise Arbeit haben. Ich weiß sie leiden, doch lässt sich ihr Verhalten mit meinem Verständnis nur schwer vereinbaren.
Obwohl sich zu keinem Zeitpunkt vor dem Tsunami so viel Geld in Sri Lanka befand wie derzeit, begegne ich der Armut auf jedem Schritt meines Weges. Gerade weil ich keine Touristin bin, gelang es mir, Freundschaften zu knüpfen und der Kultur näher zu kommen. Doch bin ich verwirrter denn je und kann einen Ansatzpunkt zur Verbesserung der Situation nicht erkennen. Gelassenheit gehört ohne Frage zu den Stärken der Sri Lanker. Oder ist es Machtlosigkeit basierend auf Unwissenheit? Nur selten können die Menschen in den Camps Zeitung lesen oder andere Medien nutzen. Auch deshalb folgten auf die Tsunami-Wahrnung im März dieses Jahres panikartige Fluchtversuchen ins Inland. Die Angst saß und sitzt tief.
Noch schwieriger ist es aber, jetzt nach dem ich all das erfahren durfte, zu begreifen, dass nur langsam, Schritt für Schritt, den Menschen geholfen werden kann. Es gibt so viele Probleme, die auf einander aufbauen. Denn neben dem Verlust von Familienmitgliedern und dem Zuhause, haben viele Menschen auch ihren Arbeitsplatz verloren. Das Ende der Tourismussaison, eingeleitet durch den Monsun tut das seinige dazu. Geld mangelt also nicht nur jetzt, sondern für Jahre. Bleibt zu hoffen, dass zu Saisonbeginn im Herbst wieder viele Touristen in das Land kommen.
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