Krimikomödie

"Nur ein kleiner Gefallen" ist schwarzhumorig und originell

In der Vorstadt geht es drunter und drüber: Paul Fleigs Kinokomödie "Nur in kleiner Gefallen" überzeugt mit einem Film-Noir-Plot, der außer Rand und Band gerät.  

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Die mondäne Freundin ist spurlos verschwunden: Anna Kendrick als Stephanie  | Foto: dpa
Die mondäne Freundin ist spurlos verschwunden: Anna Kendrick als Stephanie Foto: dpa
Stephanie (Anna Kendrick) ist aus ihrer kleinen, sauberen, amerikanischem Vorstadtexistenz nie herausgekommen. Seit dem Unfalltod des Ehemannes lebt sie von der ausgezahlten Lebensversicherungsprämie und kümmert sich allein um die Erziehung des gemeinsamen Sohnes. Sie arbeitet hart daran, die perfekte Mutter zu sein, und wenn es in der Schule um die Verteilung von Freiwilligendiensten geht, trägt sich Stephanie gleich immer für ein halbes Dutzend Aufgaben ein. Damit nicht genug, betreibt sie auch noch einen Videoblog, in dem sie Kuchenrezepte und Erziehungstipps an eine mäßige Anzahl von Followern weitergibt.

Ihr übersichtliches Übermutti-Leben gerät aus den Fugen, als sie Emily (Blake Lively) kennen lernt, mit deren Sohn sich ihr eigener in der Schule angefreundet hat. Die anderen Eltern rümpfen die Nase über die Geschäftsfrau, der echte Rabenmutter-Qualitäten nachgesagt werden. Aber als Emily mit schwarzem Hut und elegantem Business-Anzug im Regen aus dem Auto steigt, ist Stephanie sofort verzaubert von ihrer mondänen Erscheinung. Wie eine Femme Fatale in einer Raymond-Chandler-Verfilmung, so tritt Emily in ihr Leben. Während die Kinder miteinander spielen, lassen es sich die beiden Frauen bei Martinis gut gehen und vertrauen sich schon bald das ein oder andere Geheimnis an.

Emily hat alles, was Stephanie nicht hat: einen schillernden Job als PR-Beraterin in New York City, einen modernistischen Bungalow als Eigenheim, unerschöpfliches Selbstbewusstsein und kiloweise Sexappeal (für das auch Stephanie nicht unempfänglich ist) – und, last not least, einen superhübschen Ehemann namens Sean (Henry Golding), der sogar schon einen veritablen Bestseller geschrieben hat.

Emily weiß um ihre unwiderstehliche Außenwirkung und spannt die neue, willige Freundin immer wieder für die nachmittägliche Kindesbetreuung ein. Aus der bald mehr wird: Nur für ein paar Tage soll Stephanie auf den Sohn aufpassen, weil dringende Geschäfte nach Miami rufen.

Feministisch, anarchisch, augenzwinkernd

Aber Emily verschwindet spurlos. Wochen später wird ihre Leiche aus einem See gezogen – und das ist erst der Anfang der mysteriösen Verwicklungen, in die Stephanie hineingezogen wird. Sie übernimmt die Seelentröstung des Witwers und zieht bei ihm ein. Kriminalistische Untersuchungen werden eingeleitet, schließlich ist auch hier eine hohe Lebensversicherung im Spiel, und schon bald stellt sich die Frage, wie tot Emily wirklich ist.

Mit unübersehbarem Genuss installiert Paul Feig in seiner schwarzen Komödie "Nur in kleiner Gefallen" in der blitzblanken amerikanischen Vorstadtwelt einen Film-Noir-Plot, der schon bald außer Rand und Band gerät. Augenzwinkernd werden hier Elemente des Mystery-Thrillers aus- und wieder eingepackt, erotische Anziehungskräfte auf ungewohnte Bahnen gelenkt und eine kriminalistische Verrätselungsstrategie eingesetzt, aus deren finaler Auflösung man eine ganze Soap-Opera-Staffel ernähren könnte. Mit ein wenig ironischer Distanz entwickelt das narrative Konvolut echtes Trash-Appeal und eine Menge Überraschungspotenzial.

Anna Kendrick und Blake Lively generieren als optimales Gegensatzpaar eine gut funktionierende Leinwandchemie, gerade auch weil ihre Figuren so schön unvorhersehbar über sich hinauswachsen. Mit Filmen wie "Spy", "Bridemades" und "Ghostbuster" hat sich Paul Feig als Regisseur verdient gemacht, der komödiantischen Frauenfiguren einen größeren Spielraum einräumt und sie mit einer guten Portion feministisch-anarchischen Charme herumalbern lässt. Vieles davon findet sich auch in "Nur ein kleiner Gefallen", aber eben leider auch jene dramaturgische Unkonzentriertheit, die gelegentliche Materialermüdungen freisetzt, und eine komödiantische Inkonsequenz, die immer etwas zu früh vor dem vermeintlichen Mainstream-Geschmack einknickt.

"Nur ein kleiner Gefallen" (Regie: Paul Feig) läuft flächendeckend. Ab 12.
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