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"Nicht den Kopf in den Sand stecken"

ZISCHUP-INTERVIEW mit Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn über bezahlbaren Wohnraum und die digitale Schule.  

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Auf Besuch beim OB: Siri Schleith hat nachgefragt.  | Foto: Stephan Schleith
Auf Besuch beim OB: Siri Schleith hat nachgefragt. Foto: Stephan Schleith

Für ihren Zischup-Artikel hat sich Siri Schleith aus der Klasse 9a des Wentzinger-Gymnasiums in Freiburg mit Martin Horn verabredet, der jetzt seit einem Jahr der Oberbürgermeister von Freiburg ist. Die Schülerin hat den 34-Jährigen zu seinem Arbeitsalltag befragt. Außerdem wollte sie von ihm mehr zur Digitalisierung von Schulen erfahren.

Zischup: Wie und wann fängt denn Ihr Arbeitstag an?
Horn: Das ist immer unterschiedlich. Heute Morgen hatte ich den ersten Termin um acht Uhr. Ich fahre immer noch mit einer Straßenbahn rein. Und mindestens einmal in der Woche versuche ich ins Rathaus rein zu joggen. Ich habe hier auch die Möglichkeit zu duschen, und das ist dann auch immer ganz besonders gut, weil das den Kopf frei macht. Normalerweise bin ich morgens um acht Uhr hier, gehe also gegen 7.30 Uhr aus dem Haus.

Zischup: Wie viele Termine haben Sie denn am Tag und wie viele in der Woche?
Horn: Mein ganzes Team ist voller Freude, weil sie einen extrem engagierten Oberbürgermeister erhalten haben, der wahnsinnig viele Termine macht (lacht). Ich würde sagen, es gibt kaum einen Tag mit weniger als zehn Terminen. Davon sind viele natürlich extern, also wo ich auch mal weg muss. Ich habe einen extrem vielseitigen und spannenden Tagesablauf. Kein Tag ist wie ein anderer.

Zischup: Aber wie schaffen Sie es denn, bei so vielen Terminen Zeit für ihre Familie zu haben? Sind Sie zuhause immer noch am Schreibtisch?
Horn: Prinzipiell versuche ich das komplett zu verhindern. Aber wenn es mal dringende Anlässe oder Schwierigkeiten gibt, muss ich doch Sachen über mein Handy oder meinen Computer regeln. Gleichzeitig gilt: Ich will auf keinen Fall meine Familie durch meine Arbeit verlieren. Und meine beiden Söhne und meine Frau sind das Wichtigste in meinem Leben. Im Wahlkampf sagten Leute zu mir, dass sie mich nicht wählen können, weil sie das meiner Familie nicht antun wollen, und das finde ich traurig, wenn wir so eine Vorstellung von einem Beruf haben, dass man kein soziales Leben mehr führen darf, nur weil man Politiker ist.

Zischup: Ich als Schülerin bin natürlich sehr interessiert am nächsten Thema, denn letztens fand eine Demo zu "Fridays for Future" statt. Wie stehen Sie dazu?
Horn: Als Oberbürgermeister muss ich natürlich sagen, dass es nicht gut ist, wenn Schülerinnen und Schüler die Schule schwänzen, dafür gibt es in unserem Land Schulpflicht. Aber ich bin total stolz und dankbar dafür, dass wir in Deutschland die stärkste Demonstration hatten von Schülerinnen und Schülern, die für eine gute Zukunft auf die Straße gegangen sind. Dass sie sich für Nachhaltigkeit für Umweltschutz einsetzen, das finde ich grandios.

Zischup: Was sind Ihre größten Ziele im Hinblick auf Freiburg? Und wie wollen Sie diese erreichen?
Horn: Ich glaube, die größte Herausforderung ist bezahlbarer Wohnraum, denn das ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, und dementsprechend brauchen wir meiner Meinung nach noch mehr politische Kraft, um bezahlbaren Wohnraum zu sichern und auch zu erhalten und gleichzeitig auch neuen zu schaffen. Auch wichtig – die Digitalisierung. Das ist eine Generationenherausforderung. Deshalb ist auch Digitalisierung an Schulen ein Riesenthema. Da haben wir im vergangenen Haushaltsjahr eine Pauschale von 125 000 Euro drin. Und jetzt haben wir sieben Millionen vorgesehen, haben das also vervielfacht und haben auch noch weitere sieben Millionen Euro an Infrastrukturmaßnahmen vorgesehen.

Zischup: Um genauer auf die Digitalisierung einzugehen: Erst letztens stand ein Artikel in der Badischen Zeitung über die Digitalisierung an Schulen, also dass man Tablets oder auch Smartphones aktiv im Unterricht nutzt. Was halten Sie davon?
Horn: Erstmal glaube ich, dass die Digitalisierung eine Riesenchance ist, aber natürlich auch einige Herausforderungen mit sich bringt. Das bedeutet, Digitalisierung umfasst ja nicht nur schnelles Internet und soziale Medien, sondern natürlich auch Datensicherheit, also wie man sich vor Hackern schützen kann, aber auch den persönlichen Datenschutz. Genauso wichtig ist aber auch Medienpädagogik, das heißt, wenn Leute sagen, Digitalisierung hat mit Schulen nichts zu tun, dann sind sie noch nicht im Jahr 2019 angekommen. Also, ich habe manchmal meine Hausaufgaben vor dem Unterricht noch im Bus abgeschrieben, ganz schnell. Und ihr habt heutzutage eine WhatsApp-Gruppe und schickt euch die Hausaufgaben hin und her. Das kann man gut oder schlecht finden, aber man kann es an der Stelle nicht einfach wegreden. Deswegen glaube ich, dass es gerade wichtig ist für die Zukunft, dass junge Menschen lernen, verantwortungsvoll mit dem Internet und der Digitalisierung umzugehen. Aber gleichzeitig sich dafür fit zu machen.

BZ: Und welche Herausforderungen bringt die Digitalisierung mit sich?
Horn: Ich will in keiner Gesellschaft leben, in der alle nur auf ihr Handy gucken. Das sieht man jetzt schon, wenn man in der Straßenbahn ist, dass alle nur aufs Handy gucken. Aber ich glaube, es ist ein Prozess, in dem man gegenseitig voneinander lernt. Auch wenn Digitalisierung an Schulen etwas ganz Wichtiges ist, heißt das ja nicht, dass alle nur noch mit dem Smartphone dasitzen sollen. Wir haben 66 städtische Schulen – die auch alle individuell an einem eigenen Konzept arbeiten. Und das soll, das darf und das muss sich voneinander unterscheiden. Wie langweilig wäre das, wenn wir ein Digitalisierungskonzept für alle pauschal hätten. Vielleicht machen wir eine Schule, die ist ganz digital, mit iPads, und eine andere Schule ist eher analog unterwegs und da schreibt man wieder mit der Kreide auf die Tafel. Aber die Digitalisierung wird uns voll erwischen. Sie erwischt uns jetzt schon. Wir können nicht den Kopf in den Sand stecken und sagen: "Oh, böses Internet", sondern es geht darum, dass wir auch junge Menschen darauf vorbereiten, diese Chancen zu nutzen, aber gleichzeitig vor den Gefahren zu warnen.

Zischup: Ich glaube, das war es.
Horn: Gut (lacht). Das war jetzt ein ganz schnelles Interview. Danke.

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 03. Mai 2019: PDF-Version herunterladen

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