Formel 1
Neue Autos sind schwerer und schwieriger zu fahren
Die neuen Autos in der Formel 1 sind schwerer und schwieriger zu fahren – das verlangt von den Piloten eine radikale Umstellung in der Vorbereitung. Sie werden an ihr Limit getrieben.
Fr, 24. Mär 2017, 0:00 Uhr
Motorsport
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Bei den ersten Tests und in den Simulatoren bekamen die Top-Piloten einen Eindruck von den Strapazen. "Das wird echt hart", stöhnt Nico Hülkenberg aus Emmerich, "im Vergleich war das früher eine Kaffeefahrt." Scherzhaft hat er die breiten und langen Neuwagen "Lkw" getauft. Rückzugs-Weltmeister Nico Rosberg, spontaner Gast bei den ersten Ausfahrten in Barcelona, bezeichnet die neue Fahrzeuggeneration hingegen als "echte Monster". Bis zu 40 km/h mehr in der Kurven, bis zu fünf Sekunden schneller auf eine ganze Runde – da zerren die Fliehkräfte an einem, egal, wie festgeschnallt man im Sitz ist. Lewis Hamilton, mit seinem Silberpfeil der erste Titelaspirant, vergleicht das Dasein in den veränderten Rennwagen mit Achterbahnfahren. Das alles aggressiver wird, passt perfekt zum Fahrstil des Briten. Davon, dass seine Bauchmuskeln auf Reglementhöhe sind, zeugen zahlreiche Selfies in den sozialen Netzwerken.
"Egal, wie viel wir trainiert haben, ich rechne erst mal mit einem steifen Nacken", ahnt Max Verstappen. Der Niederländer hat wie sein Red-Bull-Kollege Daniel Ricciardo täglich Kraft gebolzt über den Winter. Häufig werden die Übungen im Fitnessstudio mit aufgezogenem Helm durchgeführt, es gilt über einen Zugseil-Mechanismus dann immer höhere Gewichte mit der puren Halsmuskelkraft zu sich hin zu bewegen und zu halten. Der Mensch bekommt einen Eindruck davon, warum Schikanen ihren Namen zu recht tragen. "Durch die höheren Geschwindigkeiten kommen die Kurven schneller auf einen zu. Auch im Zweikampf muss man möglicherweise schneller reagieren", sagt Ricciardo über die veränderten Herausforderungen. "Das ist ein Auto für echte Männer", weiß das Talent Esteban Ocon von Force India. Die Männer in den Cockpits werden an ihr Limit getrieben.
Die Botschaften der Rennfahrer während der vermeintlich ruhigen letzten Monate konzentrierten sich daher meist auf Bilder aus den Folterkammern. Lewis Hamilton im Stütz an den Ringen, Ricciardo scheinbar meditierend, aber mit einer Gewichtsscheibe um den Hals baumelnd. Bei anderen Übungen sind 75 Wiederholungen nicht das Limit, sondern der Standard. Carlos Sainz junior frönte exzessivem Cross-Fit-Training und fuhr Gokart – allerdings mit zwei Kilo schweren Metallplatten auf dem Helm.
Die meisten Fahrer holten sich die Kondition beim Schwimmen, Koordination wird häufig an Kletterwänden geschult, nicht selten müssen sie während der sportlichen Übungen auch Denksportaufgaben lösen, die ihnen die Trainer zurufen – so wird die im Cockpit allgegenwärtige Doppelbelastung von Körper und Kopf simuliert. "Alles, was mit Reaktion und Reflexen zu tun hat, ist von Nutzen", sagt Red-Bull-Pilot Ricciardo. Angesichts der wesentlich breiteren und schwereren Reifen wurden auch den Boxenmannschaften Sonderschichten im Fitnessraum verordnet.
Viele Piloten trainieren nach ähnlichen Prinzipien wie Profiboxer, beispielsweise mit Speed-Bällen, die am Boden und an der Decke festgemacht sind – so werden Rhythmus und Genauigkeit geschult. Fast alle Rennfahrer absolvieren auch mehrstündige Einheiten auf dem Rennrad, mit vorher genau definierten Pulsfrequenzen. Die persönlichen Physiotherapeuten, Lewis Hamilton beschäftigt davon gleich zwei, weichen ihren Schützlingen seit Wochen nicht mehr von der Seite, sie überwachen auch die Ernährungspläne. Die Erfolgsformel fürs Training ist einfach: Wer sich um seine Konstitution keine Sorgen machen muss, kann sich ganz aufs Fahren konzentrieren – und macht trotz höherer Belastung weniger Fehler. Für den Berufsstand Formel-1-Pilot sind die gesteigerten Anforderungen in Summe ein Segen: nie waren die Fahrer so wertvoll wie heute. Ihre Fahrweise und Fitness macht den Unterschied.
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