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Unfallserie

Navi-Ansagen führen zu Unfällen in Franken

Blindes Vertrauen in Navigationssysteme führt zu manchem Unfall. Schuld ist hin und wieder veraltetes Kartenmaterial in den Geräten.  

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  | Foto: dpa
Foto: dpa

FREIBURG. Eine veränderte Verkehrsführung sorgt auf einer Autobahnauffahrt nahe Eberdorf im Landkreis Coburg seit einigen Wochen für viele Unfälle. Nicht, weil die Straße dort so unübersichtlich wäre, sondern weil einige Navigationsgeräte die neue Streckenführung nicht kennen und die Fahrer auf die Gegenfahrbahn leiten. Der ADAC warnt davor, den elektronischen Helfern blind zu vertrauen.

Früher musste man von der Bundesstraße 303 aus links abbiegen, um auf die A73 Richtung Coburg zu gelangen. Ende 2017 wurde die Verkehrsführung jedoch geändert: Wer auf die Autobahn will, muss jetzt rechts abbiegen. Wer dennoch links abbiegt, fährt schlimmstenfalls in die falsche Richtung auf die Autobahn. Es gebe viele Fahrer, die strikt nach Navi fahren, hat Stefan Probst von der Verkehrspolizei Coburg beobachtet. Und viele Navigationsgeräte seien noch nicht auf dem aktuellsten Stand und würden deshalb zum Falschabbiegen auffordern. Zwei Geisterfahrten auf der A73 habe man deshalb schon registriert, außerdem habe es fünf Zusammenstöße gegeben, weil Verkehrsteilnehmer nach ihrem Irrtum die Fahrstreifen wieder wechseln wollten und dabei mit anderen Fahrzeugen zusammengestoßen waren. Um die Gefahr zu minimieren, haben sich Polizei und Bauamt jetzt zu einem ungewöhnlichen Schritt entschieden. Sie haben eine Warntafel aufgebaut mit der Botschaft: "Nicht nach Navi fahren!" Zudem sollen zahlreiche Warnleuchten auf die veränderte Verkehrsführung aufmerksam machen.

Beim ADAC wundert man sich darüber nicht. Um 10 bis 15 Prozent verändere sich das Straßennetz in Deutschland pro Jahr. Da viele Straßenbauämter die Änderungen nicht gleich an die Kartenhersteller weitergeben, würden so Veränderungen nur mit einer größeren Verzögerung in die elektronischen Assistenzsysteme eingespeist. Hinzu komme, dass viele Autofahrer ihr Kartenmaterial nicht regelmäßig updaten. "Mindestens einmal im Jahr sollte man die Karten seines Navis auf den neuesten Stand bringen", sagt ein mit der Thematik betrauter Techniker des ADAC. Gerade bei den neueren Navis sei dies oft sogar kostenlos möglich. Mittlerweile gebe es aber auch auch hochwertige Geräte, die mit einer eigenen Sim-Karte ausgestattet sind und somit eigenhändig und anonymisiert Positionsdaten an die Hersteller übertragen. Der Vorteil: Das Kartenmaterial aktualisiert sich von allein und unabhängig von einem manuellen Update. Bei Audi etwa setzt man auf diese Technik. Alle drei Monate aktualisiert sich dort das Navigationssystem – nur auf Knopfdruck – ganz von alleine.

Doch auch das ist zu wenig, um bei kurzfristigen Streckenänderungen reagieren zu können. Audi-Sprecher Michael Crusius, der im Konzern für die Digitalisierung zuständig ist, sieht die Autowelt der Zukunft da einen deutlichen Schritt weiter. "Das vernetzte Auto kommt", sagt Crusius und spielt auf das Bestreben der Autohersteller an, alle Fahrzeuge auf der Straße miteinander kommunizieren zu lassen. Car-to-x nennt sich der Vorstoß, der gemeinsam mit dem Kartenhersteller Here erarbeitet wird. Durch die Vernetzung könnte sich ein Navigationssystem innerhalb von Sekunden auf eine veränderte Verkehrslage, etwa einen Unfall, einstellen, und den dahinterfolgenden Verkehr warnen. Die Karten würden sich entsprechend der Verkehrslage quasi in Echtzeit aktualisieren. Crusius ist sich sicher, dass diese Technologie in wenigen Jahren zum Alltag auf deutschen Straßen gehört – nicht zuletzt, weil sie auch die Grundlage des automatisierten Fahrens ist. "Die selbstfahrenden Autos brauchen eine bessere Datengrundlage", sagt Crusius. Und diese Daten könnten eben nur durch die Autofahrer selbst erhoben werden.

Bis es soweit ist, müssen die Fahrer aber mit dem Vorhandenen klarkommen. Und das ist in den meisten Fällen gar nicht so schlecht – wenn man bestimmte Regeln im Kopf behält. Neben den regelmäßigen Updates der Karten rät der ADAC auch dazu, sich mit dem Gerät gut vertraut zu machen. Immer wieder passiere es, dass Fahrer in den Wald gelenkt werden, weil sie als Mittel der Fortbewegung ein Fahrrad eingestellt hätten, Lkw-Fahrer werden über kleine Passstraßen oder unter zu tiefe Brücken gelenkt, weil sie die billigeren Pkw-Karten verwenden. Das gelte insbesondere auch für Handy-Apps mit Navigationsfunktion.

Zuallererst, so der ADAC, müsse man aber immer im Kopf behalten, was ein Navigationsgerät eigentlich ist: ein Assistenzsystem. Die Verantwortung für die Fahrt liegt immer noch beim Fahrer. Sprich: Navi hin oder her – der Kopf muss eingeschaltet sein. Und wenn die freundliche Stimmansage einen partout in eine Richtung lenken will, die dem gesunden Menschenverstand zuwider läuft, dann muss man sich eben über das Gerät hinwegsetzen.

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Di, 06. März 2018: PDF-Version herunterladen

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