Zoo
Muffelig, verfressen, faul – weshalb Berliner Bären lieben
Runde schwarze Öhrchen und dieser niedliche Blick: Dem Charme von Pandas lässt sich kaum widerstehen. Der Berliner Zoo hat nun wieder ein Paar. Die Stadt ist im Panda-Wahn.
Di, 4. Jul 2017, 0:01 Uhr
Panorama
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Vergangene Woche trafen – nach jahrelangen Verhandlungen – zwei der chinesischen Großbären in Berlin ein, Flug Cargo First Class, Empfang am Flughafen durch den Regierenden Bürgermeister persönlich, verschiedenste Sorten Bambus als Willkommensimbiss inklusive. Jiao Qing und Meng Meng heißen die beiden Neuberliner, Schätzchen und Träumchen zu Deutsch, ein Männchen und ein Weibchen. Und wenn man sich anschaut, wie diese Tiere in der Hauptstadt, ja in Deutschland empfangen werden, dann bekommt die Wortschöpfung Willkommenskultur einen ganz neuen Klang.
Noch kann man die Pandas vom rundohrigen Kopf bis zur spreizfüßigen Tatze nur bambusmalmend in einem Internet-Blog bestaunen. Aber in dieser Woche ist es so weit: Berliner trifft Bär. In echt. Welche Massenhysterie da entstehen kann, weiß man seit der Huldigung fürs Eisbärenkind Knut von dessen erstem Erscheinen bis zum tragischen Ableben.
Pandatechnisch sind die Hauptstädter so begeisterungsfähig wie erfahren: Wer ein Herz hat, der liebte, lebte und litt über viele Jahre mit den beiden Tieren Bao Bao und Yan Yan. Erst kannten sie einander nicht, dann mochten sie einander nicht, dann wurden sie Opfer menschlicher Familienplanung samt künstlicher Befruchtung – nur ein Bärenbaby gab es nicht. Yan Yan starb 2007 an einer Darmverstopfung, welche die Chinesen den Deutschen bis heute nicht vergeben haben, Bao Bao segnete 2012 als dienstältester Zoopanda weltweit das Zeitliche. Seitdem gab es in keinem Tierpark in Deutschland mehr ein Exemplar. Was umgekehrt bedeutet: Das Wettrennen war eröffnet.
Zoos lieben Pandas, sie lassen die Besucherzahlen nach oben schnellen. Aber noch mehr liebt die chinesische Regierung diese Tiere: Die kuschelig-kapriziösen Wesen werden in China verehrt und sind weltweit zum Symbol für Artenschutz geworden. Irgendwann ist aus den Pandas eine diplomatische Verhandlungseinheit geworden. Bao Bao und das Weibchen Tjen Tjen wurden 1980 als erste Pandabären dem deutschen Kanzler Helmut Schmidt geschenkt. Aber mit Geschenken ist es seit 1982 vorbei. China verleiht seine Bären jetzt nur noch, weltweit, nach vielen Bitten, 15 Jahre zu Kosten von etwa einer Million Euro im Jahr. Der Zoo Berlin legt wert auf die Feststellung, dass er selbst für diese Kosten aufkommt und nicht der Staat. Prinzipiell allerdings geht in Sachen Panda nichts ohne hohe Politik. Wenn ein Staat solch einen Bären in einem Zoo präsentieren möchte, dann muss er mit Chinas Regierung verhandeln. Jahrelang.
Am Mittwoch wird im Zoo Berlin nun ein kleiner Staatsakt über die Bühne gehen: Im Beisein von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem chinesischen Staatspräsidenten Xi Jingping werden Jiao Qing und Meng Meng das zehn Millionen Euro teure Gehege "Panda Garden" entern, entworfen von einem international renommierten Pandagehegearchitekturbüro: alles schick mit Rutsche, Klettergerüst, klimatisiertem Innenbereich und strenger Geschlechtertrennung. Pandas nämlich sind nicht nur empfindlich, faul und verfressen, sondern auch ziemlich muffelig – und insofern praktisch natürliche Bewohner Berlins. Sie wollen am liebsten ihre Ruhe. Das geht so weit, dass sie meistens nicht mal Lust auf Sex haben. Deshalb hat Berlin im Pandagehege also wieder eine Mauer gebaut.
Einmal im Jahr ist das Weibchen trotzdem fruchtbar, im Frühling. Für diesen Zeitraum ist extra ein "Liebestunnel" gebuddelt worden, wer weiß, vielleicht krabbelt einer von beiden zum anderen rüber. Sollte das passieren, würde das Pandababy übrigens den Chinesen gehören. Aber bis dahin fließt noch viel Wasser den künstlichen Bach im Panda-Garden runter. Ab Donnerstag können auch die Berliner alldem zusehen. Mit Andrang im Zoo wird gerechnet.
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