Mofa-Stunts, Mutter-Songs und Mixgetränke
Drei berichten hier von der (Theater-)Tankstelle der anderen Art: Super Plus ist ein trilateraler Liederabend, der rings um eine Zapfsäule im Dreiländereck rockt.
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Treffen an der Tanke: durchaus angesagt bei jungen und älteren Jugendlichen, dies und das zapfen, zoffen und zusammen abhängen. Rafael Sanchez und Cornelius Borgolte haben aus diesem Mix den zaghaft trilateralen, zaghaft trashigen Liederabend "Super Plus" fürs Freiburger Theater gemacht. Und die JuZ hat drei auf diese Tankstelle geschickt: Judit Hartmann, Robert Echelmeyer und Philipp Gehrke zapften nicht nur Theater mit Musik, sondern auch Party. Hier die O-Töne der "Drei von der Tankstelle".
Das Ganze ist ohne Geschichte, Szene war an Szene gereiht - aber mit viel Tempo und Witz. Dass die Schauspieler auch in dem Zuschauerraum agieren, hilft ungeübten Theatergängern, Distanz zu überwinden. Zum Beispiel mit folgender Ansage: "Wenn jemand ein existenzielles Problem hat, könnte er jetzt rausgehen und wir warten dann so lange."
Die sechs Akteure geben alles, nicht nur wenn sie singen und rocken, sondern erst recht, wenn sie ihre Mofa-Stunts fahren und auch ansonsten etliche kühne Kunststücke zeigen. Langeweile hat hier keine Chance. Dass "Super Plus" eine Geschichte aus dem Dreiländereck ist, kommt am Anfang am klarsten rüber: Da gibt der Eidgenosse Schimpftiraden in schönstem Schwiizerdütsch von sich, während er den coolen Sticheleien des großen, blonden Deutschen ausgesetzt ist, auf der Motobécane umkurvt vom französischen François mit Schirmmütze und ewiger Zigarette im Mundwinkel. Ansonsten rückt der Aspekt der trilateralen Beziehungen - und damit auch die landeskundliche Nachhilfe eher in den Hintergrund.
Wenn nun der trilaterale Liederabend nicht allzu viel von der Dreiländereck-Konstellation zehrt, dann muss er anderweitig überzeugen und verführen. Und das tut er. Schuld daran sind begeisternde, singende Schauspieler, eine gut gelaunte Band im Beatles-Style und jede Menge Musik. Kylie Minogues "Can't get you out of my head" verursacht den ersten Zusammenstoß der mofafahrenden "Easy Riders" und gibt den Ring frei für weitere musikalische Höhepunkte. Wer hat diesen Kylie-Song je zuvor von einer Sängerin in Rock-'n'-Roll-Manier gecovert gehört, die dreimal so viel Schmalz in der Stimme und doppelt soviel Elan (tänzerischen, ihr wisst schon) hat wie das Original?
Mit der erstklassigen Band schaffen es die Schauspieler sogar, aus dem sonst eher schrecklichem Britney Spears-Titel "Lucky" eine gefühlvolle Ballade zu schmieden. Schade, dass Britney diese Coverversion nicht gehört hat, vermutlich hätte sie das Theater mit rotem Kopf verlassen. Fast alle der dargebotenen Lieder handeln von großen Gefühlen, handeln von Liebe, Einsamkeit und Verzweiflung, vorgetragen mit viel Herzblut. Wunderbar komisch ist Thiemo Schwarz, als er ein Loblied auf seine stramm sitzenden Hotpants singt ("Blue Jeans"), dramatisch, als er den Verlust der Mutter beklagt, da nämlich singt er sich bei Rammsteins "Mutter" wahrlich die Seele aus dem Leib.
Der Abend lebt von Überspitzungen und parodistischen, aber immer liebevollen Elementen. So hat der stets behelmte Schweizer Mofafahrer bei "Jacko's Earth Song", die Sympathien des euphorischen Publikums schnell auf seiner Seite. Lenny Kravitz' "Fly away", in psychedelischer Version, verbreitet gekonnt Endzeitstimmung und die Disco Hymne "Eternal Flame" als Finale verwandelt Tankwart Dorst in seinem verspiegelten Monteuranzug in eine Discokugel und das (überwiegend) studentische Publikum in staunende kleine Kinder. Drei Zugaben - unter anderem eine a cappella vorgetragene Version des "Sandmännchen"-Songs - bringen das begeisterte Publikum nicht zur Räson. Erst die explizite Anweisung der Schauspieler, die restliche Energie für die anschließende Party aufzuheben, lässt das Publikum allmählich verstummen.
"Wenn jemand ein existenzielles Problem hat, kann er jetzt rausgehen." Super Plus
Wo diese "Aftershowparty" steigen soll? In der "Jackson Pollock Bar", sagen die trinationalen Tankstellenkunden von der Bühne runter, "und wenn ihr die Jackson Pollock Bar nicht findet, geht einfach ins Foyer des Kleinen Hauses." Also kann man die Super-Plus-Party gar nicht verfehlen, sondern ist schon mitten drin und bestellt sich gleich mal das Super Special des Abends, den Diesel Cocktail. Ein Muss auf einer Tankstellenparty: süßlich, blau, stark. Aber gut. Und durchaus anregend bei der Diskussion über das Stück. Die aber versandet bald und alles kommt in Bewegung. DJ B-Phisto und DJ Supa haben mit breit gefächerten HipHop-Tunes alles im Griff.
Nicht nur das Theaterpublikum findet Gefallen an diesem Sound: Allmählich stoßen immer neue Partygäste dazu und so mischen sich an den "Zapfsäulen" der Bar und auf der Tanzfläche jüngere und ältere Menschen. Unter Undergroundbeats und Partytracks mixen die DJs alte Disco-Klassiker, unter anderem Diana Ross' "Upsidedown". Das findet bei den "älteren Semestern" besonders viel Anklang. Und am Ende einer langen Partynacht hat sich bewahrheitet, was Madonna propagiert - egal ob Break Dancing oder Beat Boxing, deutsche Schlager oder Disco-Klassiker, egal ob Party oder Theater: "Music makes the people come together." Auf eine Fortsetzung!
Super Plus gibt's im Freiburger Theater am 5., 14. und 15. Juni, jeweils um 20 Uhr. Vorverkauf: [TEL] 0761 / 201-2853
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