Gefangenenbefreiung

Mörder als Prozesszeuge - Spielzeugflieger hilft bei Flucht

Trotz Bewachung türmt ein Häftling bei einem Ausgang, bis er fernab von Deutschland gefasst wird. Was fördert die Aufarbeitung vor Gericht zutage?  

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Zu Prozessbeginn hatte der Angeklagte ...wurf zurückgewiesen. (Archivfoto)  | Foto: Wolfgang Jung/dpa
Zu Prozessbeginn hatte der Angeklagte den Vorwurf zurückgewiesen. (Archivfoto) Foto: Wolfgang Jung/dpa

Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Die BZ-Redaktion hat diese Meldung nicht redaktionell bearbeitet.

Landau/Pfalz (dpa) -    Ein Spielzeugflugzeug aus Styropor hat einem verurteilten Mörder bei einem bewachten Ausgang Ende Oktober 2023 zur mehrmonatigen Flucht verholfen. Dies und weitere Details kamen beim Prozess gegen einen mutmaßlichen Fluchthelfer in Landau (Pfalz) zur Sprache. Demnach hatte der damalige Häftling der JVA Bruchsal (Baden-Württemberg) beim Ausgang in der Pfalz mit seinen Kindern gespielt und das Flugzeug fiel hinter einen Hügel. Der Häftling holte das Spielzeug – und nutzte den Moment hinter der Anhöhe zur Flucht. Als zwei Aufseher hinzueilten, war der heute 45-Jährige verschwunden.

Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft soll ein 46-Jähriger dem Mann zur Flucht verholfen haben. Der Angeklagte steht nun unter anderem wegen Vollstreckungsvereitelung vor Gericht. Beide Männer kennen sich aus gemeinsamer Haft. Nun sagte der verurteilte Mörder als Zeuge aus. Er sagte zu Beginn der Beweisaufnahme, der Angeklagte habe ihm nicht geholfen. Die Flucht sei ein "mehr oder weniger spontaner Gedankenblitz" gewesen.

Flucht trotz Fußfessel

Wer ihm geholfen habe, wolle er nicht sagen, betonte der jetzt in der JVA Offenburg einsitzende Zeuge. Er belaste seine Familienangehörigen nicht. Er sei zunächst nach Tschechien geflohen, aber wie er dorthin gekommen sei, "werde ich Ihnen nicht erzählen". Der Angeklagte habe "damit nichts zu tun".

Der Fall hatte die Öffentlichkeit monatelang in Atem gehalten. Trotz einer elektronischen Fußfessel und der Aufsicht war der Häftling am Sollachsee bei Germersheim in ein Waldgebiet geflohen. Die Fußfessel wurde kurz darauf im Stadtgebiet gefunden. Zielfahnder nahmen den Mann nach neun Monaten in der südosteuropäischen Republik Moldau fest. Der Deutsch-Kasache muss eine lebenslange Haftstrafe verbüßen, auch die besondere Schwere der Schuld war 2012 vom Landgericht Karlsruhe festgestellt worden.

Während seiner etwa halbstündigen Aussage trug der verurteilte Mörder Hand- und Fußfesseln und wurde von zwei Justizbeamten bewacht. Sein mutmaßlicher Helfer wurde während der Aussage des Mannes mit Handschellen gesichert und ebenfalls bewacht.

"Da war er schon weg"

Am zweiten Verhandlungstag wurden auch die beiden Wachtmeister gehört, denen der Mann entkommen war. Der Häftling habe beim Ausgang mit seiner Frau und den beiden Kindern gewirkt wie immer, sagte einer von ihnen. Als der von den Kindern mitgebrachte Flieger hinter den Hügel geflogen sei, seien sie etwa 20 Meter von dem Häftling entfernt gewesen. "Wir sind hochgerannt, da war er schon weg." Gegen die Beamten wurden später Geldbußen verhängt.

Vor Gericht sagte auch die Schwester des mutmaßlichen Fluchthelfers aus. Ihr Bruder sei am fraglichen Tag bei ihr in Mannheim gewesen, sagte sie. Der Angeklagte könne die Tat nicht begangen haben, denn "er kann sich ja nicht teilen". Die Ehefrau des Entflohenen sagte, sie habe ihrem Mann bei der Flucht geholfen. Dem Strafgesetzbuch zufolge ist straffrei, wer Strafvereitelung zugunsten eines Angehörigen begeht (Paragraf 258).

Die Richterin ermahnte beide Frauen, sie müssten auch ohne Vereidigung die Wahrheit sagen – sonst könnten sie bestraft werden. Der Prozess wird am 10. Februar fortgesetzt.

© dpa‍-infocom, dpa:250203‍-930‍-363909/2

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