Bayern
Menschen mit Handicap können erfolgreiche Reiter sein
Auch Menschen mit Handicap können auf Pferden sitzen – und Pokale abräumen / In Bayern gibt es einen neuen Trainingsstützpunkt.
Catherine Simon
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ANSBACH. Sie haben keine Beine, nur einen Arm oder sind blind – vom Reiten abhalten kann sie das aber nicht. Begeisterte Hobby-Reiter mit Handicap haben in Bayern einen neuen Trainingsstützpunkt.
Der 15-Jährige spürt seit einer Rückenmarksentzündung vor zwei Jahren seine Beine kaum noch. Von einem Tag auf den anderen war der begeisterte Reiter auf einen Rollstuhl angewiesen. "Nach der Diagnose dachte ich erst, dass ich nie wieder reiten kann", erzählt Toni. Doch er gab nicht auf. Erst bekam er zwei Ponys, dann begann er wieder mit dem Reiten. Einmal die Woche kommt er nach Ansbach.
Kursleiterin dort ist Dressurtrainerin Uta Härlein. Zunächst lässt sie sich die verschiedenen Behinderungen beschreiben – und welche Hilfsmittel die Reiter nutzen. "Ziel des Stützpunktes ist, Nachwuchs für den Para-Sport zu finden", sagt Härlein. Die Wege sind barrierefrei, es gibt eine behindertengerechte Toilette, ebenerdige Boxen wurden gebaut – so können auch Reiter mit Rollstuhl zu den Pferden. Finanziert wurden die Umbauten größtenteils aus Spenden, den Rest hat der Verein bezahlt. Wallach Sebastian habe Toni sofort akzeptiert, erzählt die Trainerin. Für den Behindertensport eignen sich aber nicht alle Pferde. "Sie müssen sensibel sein und auch auf schwache Hilfen reagieren", betont Härlein. "Sie müssen aber auch in sich ruhen und falsche Bewegungen ignorieren." Ein gutes Pferd für Para-Sportler sei "darauf eingestellt, wenn man eine Spastik bekommt, und dreht nicht durch, sondern wartet einfach ab, bis es vorbei ist".
Auch für die Trainer ist es wichtig, sich auf den Reiter einzustellen und die richtigen Hilfsmittel zu finden. Das können spezielle Sättel sein, Steigbügel, die besser am Fuß halten, oder ein Zügel, den man mit nur einer Hand bedienen kann. Viele Hilfsmittel sind Eigenkonstruktionen; kaum etwas gibt es zu kaufen.
Hannah Rüdiger aus München benutzt Zügel und Handschuhe mit Klettband, sie hat an der rechten Hand nur zwei Finger. Auch die Beine der 17-Jährigen sind seit ihrer Geburt unterentwickelt. Vom Reiten ließ sich Hannah aber nie abhalten. "Ich habe keine richtigen Beine und kann nicht rennen. Das Pferd ersetzt das für mich. Beim Reiten bin ich komplett", sagt sie.
Die 17-Jährige hat schon an Dressurturnieren teilgenommen: "Ich bin ein ehrgeiziger Mensch und will weiterkommen." Schon ihr erster Eindruck vom Trainingsstützpunkt sei besser als in den meisten anderen Ställen. Wegen ihrer Behinderung sei sie von Reitlehrern angeschrien und beleidigt worden. Solche Erfahrungen sind keine Seltenheit, wie andere Kursteilnehmer bestätigen. Härlein sagt, die Tiere stärkten das Selbstbewusstsein. "Mit dem Pferd kommt auch ein Rollstuhlfahrer überall hin". Sie träten den Menschen zudem unvoreingenommen gegenüber und "taxieren nicht".
Almut Schlingenkötter, Leistungssport -Koordinatorin beim Deutschen Kuratorium für Therapeutisches Reiten, sagt: "Wir haben einen guten Weg zurückgelegt in Deutschland, es könnte aber noch besser sein." Deutsche Para-Reiter zählten seit Jahren zur Weltspitze, der Sport sei im Vergleich zu anderen Disziplinen aber noch wenig bekannt. "Para-Reiter müssen oft einen weiten Weg zurücklegen, wenn sie gute Trainingsbedingungen haben wollen." Stützpunkte gibt es auch in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern sowie für Berlin und Brandenburg. Wer Turniere reiten will, braucht einen Sportgesundheitspass. Dort wird vermerkt, in welcher der fünf Wettkampfklassen man starten kann, abhängig von der Schwere der Behinderung. In den vier Disziplinen – Dressur, Fahren, Springen und Dressur im Western-Reitstil – gibt es bundesweit rund 170 Aktive.
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