"Mehr Mut zu Komplimenten!"
BZ-INTERVIEW mit Kommunikationstrainerin Elisabeth Bonneau, die dazu rät, sich nicht vor netten Bemerkungen zu fürchten /.
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BZ: Über welches Kompliment haben Sie sich zuletzt gefreut?
Bonneau: Als ich vor wenigen Tagen mit meiner Klavierlehrerin ein anspruchsvolles Stück vierhändig gespielt habe, meinte mein Mann: ’Wow – jetzt könnt ihr euch einen Konzertsaal mieten.’
BZ: Ist das nicht mehr Lob als Kompliment?
Bonneau: Das ist etwas schwer abzugrenzen. Prinzipiell unterscheiden sich Lob und Kompliment im Zweck, der dahinter steht, und im Verhältnis zwischen Sender und Empfänger. Lob würdigt eher eine Leistung. Die Lehrerin lobt die Schülerin, der Vater das Kind, der Chef seinen Assistenten. Andersrum funktioniert das nicht. Lob geht von oben nach unten, deshalb reagieren manche allergisch darauf. Es ist damit oft auch eine pädagogische Forderung verbunden, etwa: Mach’s das nächste Mal wieder so gut. Ein Kompliment hingegen ist ein reiner Akt der Sympathie. Ob etwas eher ein Lob oder ein Kompliment ist, hängt vom Sender ab – anderer Sender, andere Botschaft.
BZ: Können Sie dafür ein Beispiel nennen?
Bonneau: Wenn der Dozent zur Studierenden sagt: ’Du bist eine gute Mathematikerin’, ist das ein Lob. Wenn der Kommilitone es sagt, ist es ein Kompliment.
BZ: Egal ob die netten Worte vom Chef oder dem Kollegen kommen – vielen Menschen fällt es schwer, eine solche Anerkennung anzunehmen.
Bonneau: Tatsächlich ist es in Deutschland riskant, etwas Charmantes zu sagen. Das Misstrauen ist groß. Beispielsweise in den USA ist das anders. Wenn Sie da zu einer Wildfremden auf der Straße sagen: ’Schicke Brille’ – dann antwortet diese mit einem Strahlen. Hierzulande würde sie sich fragen: ’Was will die von mir? Ist das ein plumper Annäherungsversuch?’
BZ: Was wissen Sie über die Reaktionen anderer Nationalitäten?
Bonneau: In China werden Komplimente vehement abgelehnt. Ich erlebe das bei einer chinesischen Freundin, die Komplimente an sie abwiegelt, aber selbst ausgiebig welche macht. Es scheint mir ein Spiel zu sein, in dem es um das Hin und Her geht.
BZ: Wie sehen die Spielregeln in Deutschland aus: Wer darf wem Komplimente machen?
Bonneau: Bei empfindlichen Menschen sollte man zurückhaltend sein. Sie reagieren leicht misstrauisch. Leuten hingegen, die ein ausgeglichenes Selbstwertgefühl haben, können Sie durchaus Komplimente machen. Letztere werden sich darüber freuen und denken: Das weiß ich ja – schön, dass der andere das auch so sieht.
BZ: Wer darf keine Komplimente machen?
Bonneau: Jeder, der es nicht ehrlich meint. Es gibt vergiftete Komplimente, etwa: ’Hübsche Bluse, hätte es die auch in Ihrer Größe gegeben?’ Oder solche, die implizieren: Wie kann die sich so ein teures Teil leisten? Wichtig bei der Frage ’wer darf wem?’ ist außerdem, wie nahe der Inhalt des Kompliments an den Körper geht, besonders zwischen Männern und Frauen. Eine ausgefallene Tasche, ein apartes Accessoire zu erwähnen, ist weniger verfänglich, als die schönen Augen oder das edle Kleid hervorzuheben. Bei Letzterem ist es wiederum unproblematischer, je konkreter das Kompliment ausfällt. Derjenige, der das Kleid schön findet, könnte das Schnittmuster oder den Stoff würdigen, anstatt pauschal das ganze Kleid. Dabei spielt natürlich auch der Tonfall des Komplimentemachers eine Rolle, ob er der Dame ins Gesicht schaut oder auf dem Busen und ob er keck so etwas hinzufügt wie ’junge Frau’.
BZ: Der Unterton ist lüstern, der Blick ruht auf dem Po und die Bemerkung endet mit ’Schätzchen’: Wie sollte man – oder vielmehr Frau – damit umgehen?
Bonneau: Auf unangemessene Komplimente reagieren Sie am besten mit einem schlichten ’Danke’ und gehen nicht weiter darauf ein. Oder Sie schütteln lachend den Kopf: ’Na, junger Mann, Sie sind mir aber einer.’ War das Kompliment nett und ehrlich gemeint, wird der Mann lachen. Hatte er ein böses Spiel im Sinn, ist es damit auch vorbei.
BZ: Wie sollte ich auf ein nettes, ernstgemeintes Kompliment reagieren?
Bonneau: Aufrichtig erfreut. Unangemessen sind in diesem Fall Gegenfragen, ein Gegenlob oder das Herabwürdigen des Kompliments durch (übertriebene) Bescheidenheit. Diese sind genauso peinlich wie ’Fishing for Compliments’, also das gezielte Herauslocken einer positiven Reaktion. Wir sollten Komplimente weniger fürchten und nicht so viel hineininterpretieren. Ein Kompliment ist ein Geschenk – und an einem Geschenk mäkeln wir ja gewöhnlich auch nicht herum. Wer Komplimente macht, ist auf das Wohlwollen seines Gegenübers angewiesen. Das birgt natürlich ein Risiko. Aber Kommunikation ist immer Risiko. Und sollten wir deshalb nicht mehr kommunizieren? Nein. Deshalb: Mehr Mut zu Komplimenten!