Löwenkopf ja, Brüste nein
Die Bundesländer gehen unterschiedlich mit Tätowierungen bei Polizisten um / Oft fehlt es aber an klarer Gesetzgebung.
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HANNOVER (dpa). Ein Polizist mit Ohrstecker oder Pferdeschwanz ist heute kein Anlass zur Aufregung mehr. Aber dürfen Beamte in Uniform sichtbare Tätowierungen tragen? Das Thema beschäftigt zunehmend polizeiinterne Kommissionen und Juristen.
"Es ist gesellschaftsfähig geworden, bei den Fußballern fällt es besonders ins Auge", sagt der Autor der Studie, Elmar Brähler. "Früher war es Ausdruck einer Randgruppe: Seefahrer, Zuhälter und Strafgefangene trugen Tätowierungen." Der Medizinpsychologe von der Uni Leipzig sieht aber noch Vorbehalte, gerade bei Älteren. "Eine Bank wird sich schwer damit tun, einen Tätowierten oder Gepiercten an den Schalter zu setzen", sagt er.
Eine andere Perspektive nimmt eine neue Studie der Hochschule der Polizei in Rheinland-Pfalz ein. Deren Fazit lautet: Wenn ein Polizist sichtbar tätowiert oder gepierct ist, sinken Respekt und Vertrauen der Bürger. Zugleich steige damit das Einsatzrisiko des Beamten, weil sich manche Bürger nun eher widersetzen könnten.
Enrico Burtz aus Hannover hat sich sein erstes Tattoo nach seinem 18. Geburtstag stechen lassen. Da dachte er noch nicht daran, sich bei der Polizei zu bewerben. Das Tribal-Motiv am Oberarm wird auch von der Kurzarm-Uniform bedeckt. Weitere Tattoos am Rücken, Fußgelenk sowie auf der Brust folgten. Dass er als Polizist in Niedersachsen keine sichtbaren Tätowierungen tragen darf, stört ihn nicht. "Für mich ist der Körperschmuck Ausdruck meiner Individualität. Die geht bis dahin, wo die Uniform beginnt", sagt der 36-Jährige.
"Es wäre gut, wenn es gesetzlich geregelt wird", sagt Andreas Fengler, der im August 2014 nach mehr als 20 Jahren Dienstzeit den sicheren Job bei der Polizei aufgab, um seiner Leidenschaft nachzugehen und nur noch als Tätowierer zu arbeiten. "Ich bin da aber spießiger als man denkt", betont er. Zwar ließ er sich nach der Verbeamtung auf Lebenszeit die Unterarme tätowieren, jedoch bedeckte er die Tattoos auch im heißesten Sommer stets mit einem langärmligen Hemd, wenn er nicht gerade im Nachtdienst auf der Leitstelle saß. "Monster und Totenköpfe passen nicht zur Uniform", sagt Fengler.
Ein Gesetz statt des bisher in Nordrhein-Westfalen geltenden "Körperschmuck-Erlasses" regte auch kürzlich das Verwaltungsgericht Düsseldorf an. Gleichzeitig gab es einem Kommissaranwärter Recht, dass eine großflächige Löwenkopf-Tätowierung kein Ausschlussgrund für den Polizeidienst sei. Der 25-Jährige hatte bereits im Eilverfahren Recht bekommen und wurde inzwischen ins Beamtenverhältnis übernommen – allerdings nur unter Vorbehalt. Das Land geht in Berufung und will vom Oberverwaltungsgericht klären lassen, ob ein neues Gesetz notwendig ist. Es hatte argumentiert, dass die im Sommer sichtbare Tätowierung die Autorität und die Neutralität von Polizisten beeinträchtigt.
Die sogenannte Körperschmuckkommission der Polizei in NRW prüfte 2017 während des Einstellungsverfahrens 473 Tätowierungen, in 36 Fällen schied der Bewerber aus. Auch nicht sichtbare Motive mit diskriminierendem oder gar verfassungsfeindlichem Inhalt sind verboten. Von polizeiinternen Kommissionen abgelehnte Bewerber versuchen auch andernorts, sich einzuklagen. So bestätigte das Berliner Arbeitsgericht im April die Ablehnung eines Bewerbers für den Objektschutz der Polizei, dessen Unterarm die Göttin Diana mit nackten Brüsten zeigt.
In Niedersachsen sind generell keine im kurzärmligen Diensthemd sichtbaren Tätowierungen erlaubt. Allerdings könne ein Abweichen davon im Einzelfall vom jeweiligen Vorgesetzten entschieden werden, heißt es in der Antwort der rot-schwarzen Landesregierung auf eine FDP-Anfrage im Landtag. Eine Änderung der Ende des Jahres außer Kraft tretenden Verwaltungsvorschrift werde geprüft.
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