Leserbrief: "Die anderen zivilen Opfer fehlen"
Harald Noth (Vogtsburg-Oberrotweil)
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Mit der Installation eines Denkmals für die zivilen Opfer des Nationalsozialismus spielt der Heimat- und Geschichtsverein Oberrotweil eine Vorreiterrolle in der ländlichen Region. Das Projekt wird unterstützt vom Vogtsburger Bürgermeister Bohn und von Ortsvorsteher Senn. Ob bei dieser Unternehmung das nötige Fingerspitzengefühl bewiesen wurde, ist eine andere Frage. In den sieben Teilorten Vogtsburgs wurden vom Oberrotweiler Geschichtsverein bisher vierzehn zivile Opfer des Nationalsozialismus ermittelt, sie werden nun repräsentiert von sieben großen "Steinmännchen". Diese Steintürme und eine Metallpyramide sind vor den drei breiten Stelen mit den Namen der Gefallenen der Weltkriege aufgebaut. Damit drängt die Installation für die zivilen Opfer des Nationalsozialismus die Stelen mit den ca. 150 gefallenen Soldaten der Weltkriege optisch und ich finde auch symbolisch in den Hintergrund.
Neben diesem massiven neuen Aufbau gähnt aber eine große Leere. Die anderen zivilen Opfer von Diktatur und Krieg in den sieben Dörfern Vogtsburgs fehlen nämlich. Das sind die Heimatvertriebenen und Flüchtlinge, die die Flucht aus dem sowjetischen Machtbereich überlebt haben und nach Vogtsburg verschlagen wurden, dann die von Marokkanern in französischem Militärdienst vergewaltigten Vogtsburger Frauen, wie in der Ortschronik nachzulesen ist, sowie zivile Opfer von französischen und amerikanischen Bombenangriffen. In Achkarren verbrannten drei Frauen durch das abgeworfene Napalm, in Bischoffingen zwei weitere; auch ein Mann starb. Das hat Heimatkundler Willi Merkle in seinem Buch ‚Die Jagdbomber kreisen‘ festgehalten. In Oberrotweil kam der polnische Landarbeiter Franciszek Plachta bei einem Bombenabwurf in der Lustelgasse im Rebgelände um. Die Installation steht unter dem Motto "Nie wieder!", aber schon wieder werden dem Zeitgeist entsprechend manche hervorgehoben und andere vergessen.
Es ist eine Tafel mit Erklärungen zu dieser Installation geplant. Wenn wenigstens hier sehr deutlich die vergessenen Opfergruppen behandelt und das "Nie wieder!" auch auf sie bezogen würde, wäre die Fehlplanung etwas abgemildert.
Harald Noth, Vogtsburg-Oberrotweil