Kritik am Schweigekurs

Der Artikel 12.2.1.n hat es in sich. Darin versichert der Motorsport-Weltverband seine politische Neutralität. Lewis Hamilton & Co. wollen aber nicht schweigen. Bei Vergehen drohen ihnen harte Strafen.  

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Lewis Hamilton will auch weiterhin wichtige Botschaften senden.  | Foto: Stephanie Lecocq (dpa)
Lewis Hamilton will auch weiterhin wichtige Botschaften senden. Foto: Stephanie Lecocq (dpa)
Bitte recht still! Das ist zumindest die Wunschvorstellung des Motorsport-Weltverbandes (FIA) an die Formel-1-Piloten. Lewis Hamilton & Co. sollen sich nach dem Willen der Regelhüter künftig bei politischen Meinungsäußerungen zurückhalten. Schließlich könnte so manche Botschaft im Milliardengeschäft der Motorsport-Königsklasse Sponsoren und Veranstalter verärgern und damit das Geschäft schädigen. Ende Dezember hatte der Weltverband seinen Verbotskurs verschärft. Im internationalen Sportreglement stellen seitdem unter Punkt 12.2.1.n "politische, religiöse und persönliche Äußerungen oder Kommentare" einen Regelverstoß dar. Es sei denn, sie werden vorher genehmigt.

In einem dreiseitigen Brief an die Rennställe stellte die FIA kürzlich erneut klar, dass politische oder religiöse Äußerungen an der Rennstrecke künftig als Regelverstoß gewertet werden können, wenn sie nicht vorher erlaubt worden sind. Das treffe auf Aussagen oder Zeichen während der Siegerehrungen, der Fahrerparade oder auch während offizieller Pressekonferenzen zu, sofern die Piloten nicht auf die direkte Frage eines Journalisten antworten. Der Dachverband begründet seine härtere Linie mit dem allgemeinen Grundsatz der Neutralität, dem die FIA als Mitglied der olympischen Familie unterliege.

Hamilton und weitere Formel-1-Piloten kritisierten den Schweigekurs scharf. "Nichts wird mich davon abhalten, mich zu den Dingen zu äußern, die mir am Herzen liegen, und zu den Themen, die es gibt", verkündete der meinungsstarke Rekordweltmeister aus England. "Der Sport hat nach wie vor die Verantwortung, sich zu Wort zu melden und das Bewusstsein für wichtige Themen zu schärfen, vor allem, wenn wir an all diese verschiedenen Orte reisen. Für mich ändert sich nichts."

Hamiltons Mercedes-Teamkollege George Russell, gleichzeitig auch Vorstand der Formel-1-Fahrervereinigung (GPDA), wehrte sich ebenfalls. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie einen von uns in seinen Ansichten einschränken wollen. Das ist Teil der Redefreiheit. Wir haben das Recht, unsere Ansichten über jede beliebige Plattform zu verbreiten, die wir wollen", befand Russell. Er wisse nicht, warum die FIA eine solche Haltung eingenommen habe. "Ich denke, das ist völlig unnötig in diesem Sport und in der Welt, in der wir derzeit leben." McLaren-Fahrer Lando Norris fühlte sich gegängelt. "Wir sind nicht in der Schule", ätzte er: "Wir sind erwachsen genug, um kluge Entscheidungen zu treffen."

Der Strafenkatalog unter Punkt 12.4.1 reicht von einer Verwarnung über eine Geldstrafe, die Verpflichtung zur Sozialarbeit, über Strafrunden bis hin zum Rennausschluss.
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