Krabbelnde Helden
ANIMATION: "Die Winzlinge" entführen in die Welt der Insekten.
Stefan Stiletto
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Insekten sind die Protagonisten der französischen Computeranimation "Die Winzlinge – Operation Zuckerdose". Allerdings nicht solche, wie man sie aus Filmen wie "Das große Krabbeln" oder "Antz" kennt. Denn wie schon in der zugrundeliegenden Fernsehserie "Minuscule – La vie privée des insectes" verzichtet der Film komplett auf gesprochene Sprache und lebt ganz und gar von der Mimik und Gestik der Figuren, von Slapstick und Situationskomik sowie der originellen visuellen und akustischen Gestaltung. Vor dokumentarischen Aufnahmen aus den Ecrins- und Mercantour-Nationalparks und vor Studiobauten lassen Hélène Giraud und Thomas Szabo die computeranimierten kleinen Helden auftreten, was den Bildern einen schönen Realismus verleiht, ohne die künstlichen Figuren fremd wirken zu lassen. Stimmig passt sich deren Look an die authentischen Bilder an. Und das, obwohl er in Aussehen und Bewegungen cartoonähnlich überzeichnet ist – Jack Hannahs Donald-Duck-Kurzfilm "Tea For Two Hundred" von 1948 lässt hier grüßen.
Ins Zentrum der Handlung rückt eine prall gefüllte Zuckerdose, in der der flugunfähige Marienkäfer Zuflucht findet und für die sich auch ein schwarzes Ameisenvolk interessiert. Die Leitameise hegt Sympathien für den Marienkäfer, der sogleich gute Ideen zur Bergung des süßen Schatzes beisteuert – und sich als mutiger Helfer entpuppt, als ein rotes Ameisenvolk den schwarzen Ameisen ihre Beute streitig machen will. Von Anfang an sind die Sympathien klar verteilt: Der verwaiste Marienkäfer und die schwarze Ameise sind das ungleiche Heldenduo des Insekten-Buddy-Movies, rotäugige Fliegen und rote Ameisen hingegen die gierigen und frechen Gegenspieler, mit denen das Publikum sogar angesichts eines sich rasant nähernden Autos keinerlei Mitgefühl empfindet. Dem Humor des Films schadet dies nicht. Anders verhält es sich mit dem dramaturgischen Aufbau. Gestaltet sich der abenteuerliche Hindernisparcours des Marienkäfers mitsamt der Flucht vor dem roten Ameisenvolk als abwechslungsreich und amüsant, wird dem finalen Miniaturkrieg der Ameisenvölker eindeutig zu viel Raum eingeräumt.
Die fantasievolle Ausgestaltung des Konflikts ist sicherlich immer noch komisch, wenn arglos weggeworfener Zivilisationsmüll wie Insektenspray, Feuerwerkskörper und Zahnstocher als Waffen zum Einsatz kommen oder die virtuelle Kamera während der Belagerung der roten Ameisen entfesselt über das Schlachtfeld fliegt. Die Handlung aber stagniert ab diesem Zeitpunkt. Ruhige Momente, in denen das Verhältnis zwischen der schwarzen Ameise und dem jungen Marienkäfer ausgespielt wird, bleiben hingegen umso mehr im Gedächtnis. Der Film ist der Comiclegende Moebius (Jean Giraud) gewidmet, dem Vater der Co-Regisseurin Hélène Giraud. Bei ihm wären die Insekten wahrscheinlich nicht so brav ausgefallen.
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